Euro am Sonntag

Fondsexperte Drescher: "The winner takes it all"

22.12.17 15:00 Uhr

Fondsexperte Drescher: "The winner takes it all" | finanzen.net

Petersberger Treffen: Fondsexperte Björn Drescher über Altersvorsorge, Mischfondsboom und Investmentchancen.

von Peter Gewalt, Euro am Sonntag

Auch wenn das 19. Peters­berger Treffen des Finanzinformationsdienstleisters Drescher & Cie dieses Jahr nach Köln ausweichen musste, der Anziehungskraft des Fonds­events hat die neue Lokalität keinen Abbruch getan. Denn ob von BlackRock, M & G, Flossbach von Storch oder Carmignac - die Top-Vermögensverwalter diskutierten über die wichtigsten Branchentrends.



€uro am Sonntag: Herr Drescher, Sie hatten eine illustre Runde zum Thema "Deutschlands Altersvorsorge: Was tut not?" unter anderem mit dem ehemaligen Arbeitsminister Walter Riester. Wie sehr in Not ist denn nun das deutsche Rentensystem und inwiefern kann die Fondsbranche dagegensteuern?
Björn Drescher:
Dürften die Diskutanten den nächsten Koalitionsverhandlungen Impulse mit auf den Weg geben, sprächen sie sich für eine Entschlackung der komplexen und bü­rokratischen gesetzlichen Rahmenbedingungen aus, wünschten sich mehr Flexibilität im Zuge individuell gestaltbarer Garantiekonstruktionen und eine breitere Aufklärung der ­Öffentlichkeit, bis hin zu einem Schulfach Wirtschaft. Die Fonds­branche kommt im Zuge der privaten und betrieblichen Altersvorsorge allein schon von daher immer stärker ins Spiel, als Beimischungen von Sachwerten und hier insbesondere von Aktien, die angesichts des anhaltenden Niedrigzinsumfeldes an Bedeutung gewinnen.

Speziell Mischfonds gehören ja auch zu den Altersvorsorge-­Lieblingen der Deutschen. Und "Mischfonds - Spreu und Weizen" lautete ja auch das Motto des Petersberger Treffens. Wer sind denn nun die großen Gewinner und wer die Verlierer in diesem Sektor?
Schaut man auf die Absatzstatistiken, ist der ganze Sektor gegenüber Aktien-, Renten-, Immobilienfonds und vielem mehr ein Gewinner. Investmentlösungen stellen Portfoliobausteine schon seit einigen Jahren in den Schatten, und es spricht vieles dafür, dass das auch so bleibt: die Unsicherheit vieler privater und professioneller Investoren bezüglich der Entwicklung an den Märkten, die regulatorischen Zwänge und Aufwände aufseiten der Vertriebswege und die Margenstärke der Fondsgattung aus Sicht der Anbieter.


Woher kommt es zu den großen Unterschieden bei den Mittelzuflüssen. Ist es eine reine Performance-Frage?
In einer immer transparenteren Investmentwelt kommt der Höhe und Stabilität der Erträge sicherlich eine große Bedeutung zu. Ein Blick auf die Absatzstatistiken zeigt indes, dass angestammte Vertriebswege und eine bestehende Kundenbasis ebenso großen Einfluss auf stetige Mittelzuflüsse haben. Sagen wir es so: "The winner takes it all - erst recht mit Filialnetz."

Auf dem Petersberger Treffen war das Who’s who der Mischfondsbranche vertreten. Wo ­sehen die Topmanager denn die Chancen, wo die Risiken für das kommende Jahr?
Es gab naturbedingt kein einheitliches Bild für das nächste Jahr, wohl aber einige Gemeinsamkeiten: anhaltendes Niedrigzinsumfeld, noch mehr geopolitische Risiken, niedrige Inflationsraten, Renditetreiber Aktienmarkt, steigende Volatilität et cetera - und "schwarze Schwäne", die wir ohnehin nicht vorher kennen.


Inwiefern ist die langwierige Regierungsfindung in Berlin ein Thema für die Finanzprofis auf dem Petersberger Treffen gewesen?
In den Vorträgen und Diskussionen war sie kein einziges Mal Thema. Das sagt eigentlich alles.

Ist denn die Zeit schon reif für ausgesprochene Stockpicker?
Viele Wege führen zum Rom der Mischfonds, auch Stock­picking, wenn man es kann. Diese Frage ist also eher grundsätzlich zu beantworten als temporär.

Welche attraktiven Gelegen­heiten gibt es momentan für antizyklische Anleger?
Jeder Referent würde diese Frage vermutlich anders für sich beantwortet haben. Der eine mit "short auf Renten", ein anderer mit "long auf Rohstoffe", wieder andere mit "lokale Währungen in den Schwellenländern".

Bildquellen: Drescher&Cie GmbH