Rentenfonds: Vorsicht, der Zins steigt
Wenn die Notenbanken ihre Geldpolitik ändern, hat das Folgen für die Kurse von Anleihen - auch eine Gefahr für Anleihefonds.
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von Ralf Ferken, Euro am Sonntag
Es gibt Berufe, bei denen es auf jedes Wort ankommt - etwa
bei Notenbankern wie Jerome Powell, der seit Februar 2018 an der Spitze der US-Notenbank Fed steht. Wenn Powell oder Mario Draghi von der Europäischen Zentralbank (EZB) ihre Aussagen zu Inflation und Zinsen um eine Nuance ändern, können die Kurse von Aktien, Anleihen und Währungen massiv zulegen - oder einbrechen.
Die Notenbanken haben die Abkehr von der extrem lockeren Geldpolitik der Finanzkrise eingeleitet. Davon werden sich Powell oder Draghi auch von kurzzeitigen Aufgeregtheiten wie der Türkei-Krise kaum abbringen lassen. Für den Anleihemarkt ist dies ein schwieriges Umfeld und für Rentenfonds eine große Herausforderung.
Steigende Renditen, sinkende Kurse
Die Fed kauft seit 2014 keine Anleihen mehr und erhöht seit Ende 2015 den Leitzins, das Kaufprogramm der EZB soll Ende 2018 auslaufen. Das spricht für ein steigendes Zinsniveau am Anleihemarkt. "Das Renditetief liegt hinter uns", meint Alexander Schubert, Manager des UniEuroRenta. "Auch wenn eine Leitzinserhöhung der EZB frühestens im zweiten Halbjahr 2019 realistisch erscheint, gehen wir von moderat steigenden Anleiherenditen aus", sagt er.
"Für steigende Renditen spricht aktuell nicht sehr viel", sagt hingegen Uwe Maderer, der den RenditDeka managt. "Zumindest gilt das für den Kern der Eurozone wie Deutschland oder die Niederlande." Maderer verweist auf die vergleichsweise niedrige Inflation und das Wirtschaftswachstum, das allmählich wieder nachlässt.
Oliver Eichmann, Manager des DWS Euroland Strategie Renten, sieht dies ähnlich, warnt aber: "Die USA zeigen, dass gute Wachstumsdaten, leicht steigende Inflationsraten und steigende Zentralbankzinsen die Renditen von Staatsanleihen stark steigen lassen können." So haben sich die Renditen zweijähriger US-Staatsanleihen in den vergangenen zwölf Monaten auf derzeit 2,6 Prozent in etwa verdoppelt.
Kennziffer zur Risikoeinschätzung
Für Rentenfonds müssten steigende Zinsen gut sein, könnte man meinen. Das Gegenteil ist der Fall. Angenommen, eine neue einjährige Anleihe bietet einen Zinskupon von einem Prozent pro Jahr, eine ältere vergleichbare Anleihe nur 0,5 Prozent. Um an der Börse trotzdem einen Käufer für die alte Anleihe zu finden, sinkt der Kurs, bis mit ihr eine Rendite von einem Prozent möglich ist. Bei einem Jahr Restlaufzeit fällt der Nachteil nicht so ins Gewicht, bei zehn Jahren schon. Die Kurse von Anleihen mit längeren Restlaufzeiten sinken darum stärker, wenn das Zinsniveau steigt. Das gilt auch umgekehrt: Sinkt das Zinsniveau, steigen die Kurse. Das hat seit den 80er-Jahren für einen Bullenmarkt bei Anleihen gesorgt.
Anleger können das mit der Restlaufzeit verbundene Risiko anhand der Duration einschätzen, einer Kennziffer zur Dauer der Kapitalbindung. Je länger die Restlaufzeit, desto höher die Duration. Die aktuelle Kennzahl eines Fonds ist im Factsheet des Anbieters zu finden. Beim RenditDeka beträgt die Duration derzeit 4,5 Jahre. Vereinfacht gesagt bedeutet dies: Steigt das Renditeniveau am Anleihemarkt um einen Prozentpunkt, drohen die Kurse der im Fonds enthaltenen Anleihen um 4,5 Prozent zu sinken. Mit der Kennzahl können Anleger die Zinsempfindlichkeit von Fonds vergleichen, die auf ähnliche Segmente des Rentenmarkts setzen, etwa Staats-, Unternehmens- oder High-Yield-Anleihen.
Für Manager von Rentenfonds ist die Duration eine wichtige Stellschraube, ebenso wichtig wie die Bonität der Anleiheemittenten oder die aktuelle Rendite einzelner Papiere. Wer mit steigenden Zinsen rechnet, kann die Duration des Portfolios verkürzen, um so mögliche Kursverluste zu begrenzen.
ETFs bilden einen Index ab - es gibt keinen Manager, der die Duration anpasst. Anleger müssen sich beim Kauf eines Renten-ETFs für eine Duration entscheiden. Dafür gibt es ETFs, die Anleihen mit verschiedenen Restlaufzeiten bündeln, etwa von ein bis drei Jahren oder von sieben bis zehn Jahren. Wer mit steigenden Zinsen rechnet, setzt auf kurze Laufzeiten: Beim Deka EuroGov Germany 1-3 ETF, der Bundesanleihen hält, würden dann kaum Verluste anfallen. Wer mit fallenden Zinsen rechnet, setzt auf Langläufer: Mit dem iShares Euro Government Bond 15-30yr für Staatsanleihen der Eurozone würden dann besonders hohe Kursgewinne winken. Für Anleger ohne feste Zinsmeinung sind ETFs mit mittleren Laufzeiten von drei bis fünf oder fünf bis sieben Jahren ein Mittelweg, Verlustrisiken bleiben überschaubar und man verbaut sich nicht die Chance auf Kursgewinne.
Unternehmensanleihen haben im Schnitt eine kürzere Restlaufzeit als Staatsanleihen. Die Duration hat für Fonds, die auf solche Papiere setzen, keine so große Bedeutung. Deren Manager müssen vielmehr einschätzen, ob Anleger fürs höhere Ausfallrisiko angemessen entschädigt werden. Weil Unternehmensanleihen risikoreicher als sichere Staatsanleihen sind, bieten sie Anlegern höhere Gesamterträge.
Gedämpfte Erwartungen
Das zeigt sich beim Zantke Euro Corporate Bonds und beim Zantke Euro High Yield. Mit den beiden Fonds konnten Anleger in der Vergangenheit höhere Zuwächse erzielen als mit Rentenfonds, die eine vergleichbare Duration hatten, jedoch eher auf Staatsanleihen setzten. Manager Dietmar Zantke agiert dennoch vorsichtig. "Wir kaufen keine Banken und keine Titel aus der Peripherie", sagt er.
Unternehmensbonds hält er angesichts teurer Bundesanleihen und teils hoch bewerteter Aktien weiter für attraktiv, auch wenn man damit nicht mehr so viel verdienen könne wie in den vergangenen zehn Jahren.
Auch Manager, die stärker auf Staatsanleihen setzen, bleiben relativ optimistisch. "Mit Eurozonen-Anleihen lässt sich weiter Geld verdienen", sagt Union- Investment-Manager Schubert. DWS-Kollege Eichmann meint: "Auch bei diesem Renditeniveau gehören Anleihen zu einem gut gestreuten Portfolio."
Ein Trost bleibt Anlegern ohnehin: Wenn das Zinsniveau steigt, kommen in die Fonds und ETFs nach und nach automatisch wieder mehr Titel, die höhere Renditen versprechen. Egal, was Mario Draghi oder Jerome Powell sagen.
Glossar:
Kurs Bei Anleihen wird der Kurs in Prozent des Nennwerts angegeben. Wer zu 90 Prozent eine Anleihe mit Nennwert von 1.000 Euro kauft, zahlt 900 Euro. Am Laufzeitende gibt es 1.000 Euro, also 100 Prozent des Nennwerts, zurück.
Rendite Verteilt man diese Kursänderung auf die Jahre von Kauf bis Fälligkeit und zählt den Zins hinzu, erhält man die jährliche Rendite. Je niedriger der Kaufkurs, desto höher ist die Rendite. Je höher der Kaufkurs, desto niedriger die Rendite. Aktueller Kurs und aktuelle Rendite entwickeln sich spiegelbildlich.
Investor-Info
RenditDeka CF
Das Kapital erhalten
Fondsmanager Uwe Maderer investiert in Staats- und Unternehmensanleihen der Eurozone. Sein Motto: "Kapitalerhalt hat dieses Jahr oberste Priorität." Die Duration, also die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer, liegt derzeit bei 4,5 Jahren. Der Kupon des Portfolios mit circa 200 Anleihen beträgt im Durchschnitt 2,2 Prozent, die Papiere versprechen im Schnitt eine Rendite von 1,6 Prozent per annum. Anleihen aus Frankreich sind mit 18 Prozent gewichtet, Papiere aus Italien mit 13 und aus Deutschland mit zwölf Prozent.
Zantke Euro High Yield AMI
Auf höhere Erträge zielen
Fondsmanager Dietmar Zantke investiert in Hochzinsanleihen, die von Unternehmen mit Rating im Non-Investment-Grade emittiert wurden. Banken meidet er. Währungsrisiken geht er keine ein. Das Rating der rund 70 Anleihen im Portfolio liegt im Schnitt bei "BB", die Papiere versprechen eine Rendite von 3,5 Prozent per annum, die Duration beträgt vier Jahre. 20 Prozent der Emittenten stammen aus den USA, 14 Prozent aus Deutschland, 13 Prozent haben ihren Sitz in Luxemburg.
Arbor Spezialrenten P
In Nischen gewinnen
Fondsmanager Tobias Spies investiert vor allem in Nachranganleihen. Unabhängig von Zinsentwicklung, Währungseinflüssen oder Bonitätsänderungen will er so eine überdurchschnittliche Wertentwicklung erreichen. Die Rendite des Portfolios mit rund 50 Anleihen liegt im Schnitt bei 5,1 Prozent per annum, die Duration bei 3,6 Jahren. Die Finanzbranche hat mit 65 Prozent das größte Gewicht. Regional entfallen auf Deutschland 33, auf die Niederlande 13 und auf die USA neun Prozent.
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