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Osteuropa-Fonds: Wo im wilden Osten Gewinne winken

15.09.17 15:00 Uhr

Osteuropa-Fonds: Wo im wilden Osten Gewinne winken | finanzen.net

Fragwürdige Regierungen hemmen derzeit die Lust der Anleger auf die Region. Mutige Investoren lassen sich davon jedoch nicht abschrecken.

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von Christoph Platt, Euro am Sonntag

Zu Hause verfügen sie meistens über einen großen Rückhalt. Doch aus deutscher Sicht sind die Regierungen der wichtigsten osteuropäischen Länder momentan nicht gut gelitten. Die Staatslenker - etwa Polens Ministerpräsidentin Beata Szydło, Ungarns Regierungschef Viktor Orbán oder Russlands Präsident Wladimir Putin - sind für viele Menschen Reizfiguren.



Für Investoren bleibt Osteuropa dennoch eine interessante Anlageregion, mit allen Ecken und Kanten. Polen etwa zählt 2017 zu den stärksten Märkten weltweit. Der Leitindex WIG 20 legte seit Jahresbeginn um rund 30 Prozent zu. Am anderen Ende des Spektrums: der RTS. Der russische Leitindex notiert im laufenden Jahr im Minus und ist damit einer der schwächsten Märkte.

Legt man den wichtigsten Aktienindex für die Region, den MSCI Emerging Markets Europe, zugrunde, sind sechs Staaten für Anleger relevant. Dominant ist Russland, das zum Kursbarometer knapp die Hälfte beisteuert. Polnische und türkische Aktien tragen etwa je ein Fünftel bei, die übrigen 13 Prozent entfallen auf griechische, ungarische und tschechische Titel. In den rest­lichen ost- und südosteuro­päischen Ländern sind die Aktienmärkte zu klein, um in dem Leit­index eine Rolle zu spielen.


Fasst man diese Region geografisch enger, gehören als bedeutende Märkte nur Russland sowie Polen, Tschechien und Ungarn zum Anlagesegment Osteuropa. Im angelsächsischen Sprachgebrauch werden die drei Letztgenannten als CE3 bezeichnet - eine Abkürzung für central European three, die diese wichtigsten osteuropäischen Staaten neben Russland zusammenfasst.

Wer in die CE3 investiert, setzt in erster Linie auf das Thema Konvergenz. "Die Länder haben eine enge Beziehung zu Westeuropa; und Wirtschaft und Lebensstandard nähern sich langsam Westeuropa an", sagt Carsten Hesse, Osteuropa-­Spezialist der Berenberg Bank. Dieses Investmentthema lässt sich am ehesten über die Sektoren Verbrauchsgüter und langlebige Konsumgüter spielen. Auch die Finanzbranche ist interessant, da sie sich für gewöhnlich im Gleichlauf mit dem Wirtschaftswachstum entwickelt.

Dynamische Entwicklung

Und das ist in Polen, Tschechien und Ungarn vergleichsweise hoch. Für 2017 rechnet der Internationale Währungsfonds (IWF) in Polen mit einem Plus von 3,4 Prozent. In Tschechien und Ungarn soll das Brutto­inlandsprodukt (BIP) um 2,8 und 2,9 Prozent steigen. Ganz anders ist die Lage in Russland. Das Land befreit sich gerade aus einer mehrjährigen Rezession, die ihre Ursache in den Sanktionen des Westens und dem Verfall des Ölpreises hat. Nach zwei Jahren mit schrumpfender Wirtschaft sieht es für 2017 endlich besser aus: Der IWF prognostiziert ein BIP-Wachstum von 1,4 Prozent.

Nicht nur bei der aktuellen Dynamik unterscheidet sich Russland von Polen, Tschechien und Ungarn. Auch das Standbein ist ein anderes. Russlands wirtschaftliche Stärke hängt im Wesentlichen von den Einnahmen aus dem Ölgeschäft ab - etwa die Hälfte des Staatshaushalts speist sich aus dieser Quelle. Das Land ist daher eine Wette auf den Ölpreis und zu einem kleinen Anteil auf die Preise anderer Rohstoffe wie Erdgas oder Kohle. "Russland ist eine ganz eigene Geschichte - sei es zum Guten oder zum Schlechten", sagt Morten Lund Ligaard, Fondsmanager für Osteuropa- Aktien bei Danske Invest.

Die Risiken für Osteuropa-­Investments liegen momentan eher in der Politik. Sowohl Polens Ministerpräsidentin Szydło als auch Ungarns Viktor Orbán werden im Ausland kritisch beäugt. Beide Länder machen durch den Abbau demokratischer Strukturen negativ von sich reden. Die Meinungs- und Pressefreiheit wird eingeschränkt, die Gewaltenteilung unterminiert. Zudem gibt es fortwährend Streitigkeiten mit der EU - nicht zuletzt bei Fragen zur Verteilung von Flüchtlingen.

Politisches Durcheinander

In Tschechien sorgt ein politisches Wirrwarr für Unsicherheit. In sechs Wochen wird ein neues Parlament gewählt, dessen Zusammensetzung sich deutlich von der bisherigen unterscheiden dürfte. Gute Chancen auf einen Wahlsieg hat die ANO, die Partei des wirtschaftsfreundlichen, aber umstrittenen Milliardärs Andrej Babiš. "Für die Börse wäre das die beste ­Variante", sagt Berenberg-Spezialist Hesse. Doch das Abgeordnetenhaus hob am Mittwoch ­Babiš’ Immunität auf, da er Unternehmen um EU-Fördermittel betrogen haben soll. Aus Anlegersicht weniger gut wäre ein Sieg der bisher stärksten Kraft, der ČSSD. Die Sozialisten wollen höhere Banken- und Unternehmenssteuern einführen.

In Russland sitzt Wladimir Putin fest im Sattel. Auch dort wird gewählt, aber erst 2018. Dass Putin dann nicht erneut Präsident wird, ist unwahrscheinlich. "Bis dahin wird er viel Geld verteilen, damit er gut dasteht", sagt Hesse. Auch die Fußball-WM, die im kommenden Jahr in Russland stattfindet, dürfte zunächst für Stabilität sorgen. "Bis Sommer 2018 wird sich Russland relativ gut benehmen, doch was danach kommt, ist ungewiss."

Anleger, die risikobereit sind und sich breit aufstellen wollen, sollten trotz der politischen Unsicherheiten in Osteuropa investieren. Die Länder dort gelten zwar noch als Emerging Markets, haben sich Industriestaaten aber bereits angenähert. "Die weit entwickelten Staaten Osteuropas nehmen eine Position zwischen Schwellen- und Industrieland ein", sagt Fondsmanager Ligaard.

Im Gegensatz zu anderen Schwellenländern haben die CE3 den Vorteil, dass sie von EU-Strukturfonds unterstützt werden. Das entlastet die Staaten: "Sie können Investitionen tätigen, ohne sich über Gebühr zu verschulden, wie dies etwa asiatische Schwellenländer tun müssen", sagt Hesse. Die EU-Hilfen bilden so eine beständige Stütze des Wachstums.

Aus Sicht europäischer Investoren sind die geografische und die kulturelle Nähe von Vorteil. Deutsch und Englisch sind als Sprachen gängig, was den Kontakt erleichtert.

"Mit ihrer zentralen Lage in Europa sind sie für Exportunternehmen gut geeignet", ergänzt Ligaard. Als weiteren Standortvorteil verweist der Fondsmanager auf die niedrigen Löhne bei gleichzeitig relativ hohem Bildungsniveau.

Hinzu kommt, dass osteuropäische Aktien zurzeit eher günstig bewertet sind. "Das Kurs-Gewinn-Verhältnis im Index MSCI Emerging Markets ­Europe liegt auf dem Zehnjahresdurchschnitt", sagt Hesse. Global betrachtet notieren Schwellenländeraktien hingegen mit einem Aufschlag von zwölf Prozent. Das macht osteuropäische Werte im weltweiten Vergleich attraktiv.

Investor-Info

Danske East. Europe ex Russia
Osteuropa ohne Russland

Die dänische Gesellschaft Danske hat mehrere gute Osteuropa-Fonds im Angebot. Mit dem Danske Eastern Europe ex Russia setzen Anleger auf den Aufschwung der Region, ohne sich an der Ölpreiswette in Form des russischen Markts zu beteiligen. Momentan ist der Fonds stark im Finanzsektor engagiert, der 44 Prozent des Portfolios ausmacht.

SEB Eastern Europe Small Cap
Kleine Werte aus dem Osten

Der SEB Eastern Europe Small Cap ist auf Sicht von drei und fünf Jahren der beste Fonds für osteuropäische Aktien. Er investiert überwiegend in Nebenwerte - die Rendite­chancen sind entsprechend hoch, das Risiko aber auch. Drei Viertel der Aktien stammen aus der Region selbst, das restliche Viertel von Unternehmen, die einen Großteil ihrer Umsätze in Osteuropa erwirtschaften.

Bildquellen: Marcin Krzyzak / Shutterstock.com, Shchipkova Elena / Shutterstock.com