Euro am Sonntag-Analyse

Großbritannien: Kursfantasien dringend gesucht!

26.08.16 15:00 Uhr

Großbritannien: Kursfantasien dringend gesucht! | finanzen.net

Wegtreten ins Minus: Der ­Brexit ist noch lange nicht vollzogen. Die ökonomischen Perspektiven trüben sich aber schon dramatisch ein.

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von Jörg Billina, Euro am Sonntag

Theresa May hat es den Briten versprochen: "Brexit means Brexit." Den Bürgerentscheid, die europäische Staatengemeinschaft zu verlassen, will sie konsequent umsetzen. Unter Hochdruck, versichert die derzeit in der Schweizer ­Alpenwelt mit Ehemann Philip wandernde Premierministerin, arbeite ihre Regierung daran, die schwierigen Konsultationen mit der EU-Kommission und den verbleibenden 27 Mitgliedsstaaten vorzubereiten.



In Wirklichkeit haben die zuständigen Ministerien noch gar nicht angefangen, Verhandlungsziele zu formulieren, geschweige denn Strategien festgelegt, wie diese erreicht werden können. Die mit dem EU-Austritt befassten Ministerien suchen erst noch händeringend nach Personal. Handelsminister Liam Fox fordert 1.000 neue Mitarbeiter. Bislang hat er nicht einmal 100 rekrutieren können, die von der komplexen Rechtsmaterie etwas verstehen.

Auch Brexit-­Staatssekretär David Davies hat noch lange nicht das notwendige Expertenteam zusammen, um den drohenden Schaden für die Wirtschaft des noch Vereinigten Königreichs so gering wie möglich zu halten. Einen konkreten Termin, wann sie den Austrittsantrag nach Artikel 50 des Lissabon-Vertrags stellen wird, hat May daher noch nicht genannt. Britische Medien glauben mittlerweile, dass die Vorbereitungen dazu erst im Herbst nächsten Jahres abgeschlossen werden können. Die EU-Mitgliedschaft Großbritanniens würde dann 2019 ihr - aller Voraussicht nach - unrühmliches Ende finden.


Denn schon jetzt - gerade mal zwei Monate nach dem Votum der Briten - sind die Konsequenzen spürbar. Der Brexit und seine Umsetzung, das zeigen die jüngsten Zahlen, kann die Insel in eine tiefere Krise stürzen, als bislang ­befürchtet wurde. Der durch die Schwäche des Pfund und die geldpolitischen Lockerungen der Bank of England zunächst ausgelösten Kurserholung droht die Puste auszugehen.

Anleger ziehen bereits Geld aus britischen Aktien ab und schichten in An­leihen um. Innerhalb nur einer Woche flossen Fonds, die in britische Unternehmensbonds investieren, umgerechnet 403 Millionen Euro zu. Für Investoren aus Europa ist das wegen des Risikos von Währungsverlusten nicht die beste Option. Wenn sie schon vom Brexit profitieren wollen, setzen sie besser auf fallende Kurse. Dazu motivieren die jüngsten Zahlen.


So ist der viel beachtete Einkaufsmanagerindex UK Services PMI im Juli auf den niedrigsten Stand seit April 2009 gefallen. Der Konjunkturindikator misst die Stimmung der Einkaufsmanager im Dienstleistungssektor, der für zwei Drittel des britischen Bruttoinlandsprodukts verantwortlich ist. Nach unten zeigen auch die Einkaufsmanagerindizes im Industriebereich und im Bau­gewerbe. "Der wirtschaftliche Ausblick hat sich dramatisch verschlechtert", fasst Chefökonom Chris Williamson von Markit Economics die Ergebnisse der Umfragen zusammen. Er rechnet mit einem Rückgang des Wachstums im dritten Quartal um 0,4 Prozent.

Carney kauft Bonds

Weitere Daten zeigen den Ernst der Lage und widerlegen optimistische ­Prognosen von Brexit-Befürwortern wie Boris Johnson, dem aktuellen Außenminister. Dieser hatte vor der Abstimmung den Menschen eine Belebung des Handels versprochen, obwohl 50 Prozent der Exporte Großbritanniens von den EU-Staaten abgenommen werden. Nach dem Brexit aber fallen die derzeit noch geltenden Handelsprivilegien weg, auf britische Waren und Dienstleistungen werden aller Voraussicht nach Zölle erhoben. Den Bürgern scheint allmählich die Tragweite der historischen Entscheidung bewusst zu werden.

Das Konsumentenvertrauen ist zuletzt um elf Prozentpunkte gefallen, es ist der stärkste Rückgang seit 1990. Geschürt werden die Sorgen durch Prognosen, bis zu 550.000 Arbeitsplätze könnten im Zuge des Brexit verloren ­gehen. Sollten in den kommenden Wochen auch noch Immobilien weiter an Wert verlieren, dann dürfte die Binnennachfrage ernsthaft leiden. Seit Juli sind in London die Hauspreise jedenfalls schon um 2,6 Prozent gefallen.

Mark Carney, der Chef der britischen Notenbank, versucht mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln den Schaden nicht allzu groß werden zu lassen. Erstmals seit 2009 senkte er den Leitzins - auf das Rekordtief von 0,25 Prozent. Doch der Zinsschritt, dem in diesem Jahr noch weitere folgen dürften, ist nicht unproblematisch. Zwar verringern sich die Hypothekenzahlungen, andererseits werden die Erträge auf Sparguthaben weniger.

Auch die weiteren von Carney angekündigten geldpolitischen Maßnahmen stoßen an Grenzen. Die Bank of England will in den nächsten 18 Monaten britische Staatsanleihen und Unternehmenspapiere, die von den Ratingagenturen mit Investment-Grade beurteilt sind, im Umfang von 70 Milliarden Pfund erwerben. Doch Pensionskassen und Versicherungen, die langfristige Verpflichtungen erfüllen müssen, sind nur bedingt bereit, sich von lang laufenden Papieren zu trennen. Und Carney muss darauf achten, dass die Inflation nicht an Fahrt gewinnt. Der mit Zins­senkungen einhergehende Rutsch des Pfund dürfte ausländische Unternehmen motivieren, die Preise zu erhöhen.

Heikle Punkte

Auf Notenbankchef Carney allein kann sich Premierministerin May also nicht verlassen. Zurück in den Niederungen der Politik muss sie mit Staaten außerhalb der EU die Handelsbeziehungen intensivieren beziehungsweise die­se um verstärkte Investitionen bitten. Doch ausgerechnet die Regierung in Peking hat May schon mal verstimmt.

Unmittelbar nach ihrem Amtsantritt stoppte sie das Atomkraftwerksprojekt Hinkley Point an der Südwestküste Englands und kündigte eine Überprüfung an. Hinkley Point wird vom französischen staatlichen Energiekonzern Electricité de France und dessen Partner China General Nuclear gebaut und sollte nach Errichtung von beiden Unternehmen auch betrieben werden. Chinas Botschafter in London warnte May bereits: Die beiderseitigen Beziehungen drohten ernsthaft Schaden zu nehmen, sollten die Arbeiten nicht bald fortgesetzt werden.

Als Alternative zu China könnte sich die neue Bewohnerin von Number 10 Downing Street intensiv bemühen, Freihandelsabkommen mit Australien, Kanada, den USA und anderen Staaten abzuschließen. Doch auch da gibt es Hürden und Haken. London darf solche Abkommen erst nach dem erfolgten EU-Austritt vereinbaren. Und auch diese Verhandlungen dürften dauern und zusätzliche Mitarbeiter erfordern. So schnell wird es Großbritannien nicht gelingen, den EU-Ausfall zu kompensieren. Doch "Brexit means Brexit".

Investor-Info

JOHCM UK Opportunities
Schwerer Stand

John Wood ist einer der Starmanager Großbritanniens. Der von ihm gesteuerte JOHCM UK Opportunities schaffte auf Sicht von zehn Jahren 94 Prozent. Die Konkurrenz schnitt wesentlich schlechter ab. Woods Anspruch ist es, unabhängig vom ökonomischen Umfeld jedes Jahr mit einem Plus abzuschließen. Bis auf das Crashjahr 2008 ist ihm dies bislang gelungen. Trotz seiner Investmenterfahrung dürfte es Wood dennoch schwer fallen, dem Brexit-Votum und der zunehmenden Verunsicherung der Marktteilnehmer Paroli zu bieten.

db x-trackers FTSE 100 Short
Taktische Variante

Im britischen Leitindex FTSE 100 sind mit ­Vodafone oder British American Tobacco zahlreiche Unternehmen gelistet, die ihr Geld weltweit verdienen und von einer nachlassenden Binnennachfrage in UK nur wenig betroffen sind. Gegen einen drohenden kräftigen Abwärtstrend in London sind die Titel dennoch nicht gefeit. Mit dem Short-ETF verdienen Anleger, wenn die Kurse fallen. Das Papier sollten Investoren jedoch nicht langfristig halten, sondern nur taktisch einsetzen.

Henderson G. UK Abs. Return
Bewährte Inselinvestoren

Anleger haben Ben Wallace und Luke Newman mehr als vier Milliarden Euro anvertraut. Die Mittel können sie sowohl auf fallende als auch auf steigende Kurse britischer Aktien setzen. Ende Juli betrug die Anzahl der Long-Positionen 80, die der Short-Positionen 56. Die währungsgesicherte Euro-Tranche ­erzielte seit Auflage im Juni 2010 mehr als 38 Prozent. Die bisherigen Erfolge lassen ­vermuten, dass die Manager auch künftig in schwierigen Phasen Geld verdienen.

Bildquellen: GrAl / Shutterstock.com, Samot / Shutterstock.com

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26.03.2020EDF (Electricité de France) HoldHSBC
24.02.2020EDF (Electricité de France) buyGoldman Sachs Group Inc.
06.04.2018EDF (Electricité de France) buyGoldman Sachs Group Inc.
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19.07.2022EDF (Electricité de France) BuyJefferies & Company Inc.
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24.02.2020EDF (Electricité de France) buyGoldman Sachs Group Inc.
06.04.2018EDF (Electricité de France) buyGoldman Sachs Group Inc.
24.02.2015Electricité de France (EDF) buyGoldman Sachs Group Inc.
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07.08.2013Electricité de France (EDF) verkaufenDeutsche Bank AG
12.06.2013Electricité de France (EDF) verkaufenBarclays Capital
16.05.2013Electricité de France (EDF) verkaufenMerrill Lynch & Co., Inc.
01.05.2013Electricité de France (EDF) verkaufenDeutsche Bank AG
18.02.2013Electricité de France (EDF) verkaufenBarclays Capital

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