Mixed-Use-Immobilien: Unter einem Dach mit dem Supermarkt
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In Städten und Ballungsgebieten mangelt es häufig an Bauland und bezahlbarem Wohnraum. Grundstücke in bester Citylage mit eingeschossigen Lebensmittelmärkten und Parkplätzen zu bebauen, kommt kaum mehr in Frage. Neue Filialkonzepte für innerstädtische Lagen sind gefragt.
In Metropolen wie Berlin gelten Mixed-Use-Immobilien mit Discountern bereits als Erfolgsrezept: Im Erdgeschoss befinden sich die Verkaufsflächen von ALDI, LIDL, NORMA und Co., darüber mehrere Geschosse an Wohnungen - oder andere Nutzungsklassen und Einrichtungen, wie Kindertagesstätten. Das Potenzial für neuen Wohnraum über Supermärkten und Discountern ist enorm: Im Rahmen einer Deutschlandstudie zu Wohnraumpotenzialen in urbanen Lagen kamen Forscher der TU Darmstadt und des Pestel-Instituts 2019 zu dem Ergebnis, dass durch Nachverdichtung rund 400.000 Wohneinheiten auf den Flächen von eingeschossigen Einzelhändlern und Discountern realisiert werden könnten. Betrachtet wurden die Filialen der 20 größten Lebensmittel- und Discounterketten in Deutschland.
Was in der Theorie vielversprechend klingt, ist in der Praxis jedoch nicht ganz einfach umzusetzen: Um das Potenzial zu heben, müssten Parkplätze und Lagerflächen in den Untergrund verlegt und über der Ladenfläche aufgestockt werden. Letzteres erlaubt die Statik der Supermärkte meistens nicht. Auch Abriss und Neubau sollte sowohl aus ökonomischen wie ökologischen Gründen wohlüberlegt sein.
Positive Effekte für das gesamte Quartier
Ob Aufstockung oder Neubau - eines steht fest: Überbaut man eingeschossige Supermärkte mit Wohnungen, kann man vermeintliche Lücken in den dicht bebauten Innenstädten schließen. Das Konzept birgt für mehrere Parteien Vorteile: Die Innenstädte werden verdichtet, Arbeitsplätze geschaffen und zusätzlicher Wohnraum entsteht. Auch für die anderen Läden im Viertel kann der Lebensmitteleinzelhandel zum Frequenzbringer werden und das Geschäft ankurbeln.
Die Anwohner profitieren von kurzen, schnellen Wegen. Dieser Aspekt gewinnt vor dem Hintergrund einer immer älteren Gesellschaft und einer gestiegenen Distanzsensibilität der jüngeren Generationen zunehmend an Bedeutung: Durch den Online-Handel mit Same Day- oder sogar Same Hour Delivery-Angeboten sind immer mehr Waren und Dienstleistungen bequem und beinahe sofort verfügbar. Die Bereitschaft, für Einkäufe Zeit zu investieren und Distanzen zurückzulegen, sinkt. Der stationäre Einkaufsort bleibt dann attraktiv, wenn er mit verschiedenen Mobilitätsangeboten gut erreichbar ist und sich ohne großen Mehraufwand in die täglichen Laufwege einfügt. Von der treuen Kundschaft im selben Haus und der näheren Umgebung profitieren natürlich auch die Supermärkte selbst. Zudem ist das Immobiliengeschäft für die Unternehmen eine Möglichkeit für Zusatzeinnahmen - trotz der höheren Baukosten aufgrund von Größe, Komplexität und Bauzeit des Vorhabens.
Mixed-Use als einzige Chance für Discounter
Auch wenn sich der Genehmigungsprozess einer gemischten Immobilie bei den Städten in die Länge ziehen kann - oft ist die Kombination verschiedener Nutzungsklassen die einzige Chance für Supermärkte und Discounter auf weitere Filialen. Denn gerade die Randlagen von Städten sind sowohl interessante Gegenden für den Lebensmitteleinzelhandel wie auch für den so dringend benötigten Wohnungsbau. Bei einer Verkaufsfläche von mehr als 800 Quadratmetern bedarf es in den meisten Bebauungsgebieten einer Ausnahmegenehmigung - und viele Kommunen sind dazu übergegangen, diese Genehmigung an den Bau von Wohnungen zu koppeln.
Offensichtlich wird der Trend zu gemischten Immobilien in großen Quartiersentwicklungen an verschiedenen Standorten in Deutschland, aber auch im Ausland, wo sich zukünftig Einheiten mit unterschiedlicher Nutzung, wie Wohnungen, Büros und Coworking Spaces, Einzelhandel und Gewerbe, Gastronomie, Arztpraxen oder Kindertagesstätten vereinen. Insbesondere Kitas bringen neben dem Imagegewinn oft noch einen handfesten monetären Vorteil, da die Bezuschussung durch die Kommunen in diesem Bereich häufig sehr großzügig ist.
Über den Autor:
Jens Schmid studierte an der Universität in Stuttgart Immobilientechnik und Immobilienwirtschaft. Im Jahr 2008 beendete er sein Studium erfolgreich mit dem Abschluss zum Diplom-Wirtschaftsingenieur. Seit Oktober 2015 ist er als Teamleiter für Projekte im Bereich Wohnen am Standort Stuttgart zuständig.
Quellen:
1: Tichelmann_Deutschlandstudie_2019.pdf (tu-darmstadt.de)
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Bildquellen: Drees&Sommer