John Bennett: Noch nicht die Reißleine ziehen
Fondsmanager des Jahres: Am liebsten kauft John Bennett dann ein, wenn alle anderen verkaufen. Für Anleger zahlt sich seine Strategie aus.
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von Peter Gewalt, Euro am Sonntag
Vom Aus- zum Preisträger - so lässt sich die Karriere von John Bennett in einem Satz zusammenfassen. Als 16-jähriger Schüler besserte er sein Taschengeld als Zeitungsbote in seiner Heimatstadt Glasgow auf. Rund 34 Jahre später erhält Bennett von €uro am Sonntag und dem Finanzen Verlag in München als Fondsmanager des Jahres 2014 den Goldenen Bullen, der seit 1993 jährlich vergeben wird.
Belohnt wird mit dem Preis die Wertentwicklung des von Bennett gemanagten Fonds Henderson Gartmore Continental European (ISIN: LU 020 107 189 0). Das Portfolio mit Fokus auf europäische Schwergewichte zählte 2013 zu den besten zehn Prozent aller in Deutschland vertriebenen europäischen Aktienfonds. Über fünf Jahre hat der Fonds mit der Note 1, in dem auch der vierfache Familienvater Bennett seine Ersparnisse anlegt, ein Plus von über 100 Prozent eingefahren.
Belohnt wird mit dem Bullen aber vor allem Bennetts konsequentes Festhalten an seiner Investmentstrategie. Denn während viele Investoren ihren Anlagestil in Zeiten von europäischer Schuldenkrise, Wirtschaftsflaute und Börsencrash über Bord geworfen haben, blieb der Fondsmanager und Europa-Aktienchef der britischen Fondsgesellschaft Henderson Global Investors in dieser turbulenten Zeit seinem Ansatz treu. Bennett ordnet sich selbst als Contrarian ein, als Investor also, der sich gegen die herrschende Stimmungslage an den Finanzmärkten stemmt. "Ich werde nervös, wenn alle anderen Anleger glücklich sind", beschreibt er seine Einstellung. "Und ich bin glücklich, wenn alle anderen sorgenvoll sind."
Bennett wettet gegen den Index
Ohnehin schießt der Glasgow-Rangers-Fan gern gegen seine Zunft. "Vergessen Sie die These von den effizienten Märkten", greift Bennett einen Glaubensgrundsatz vieler Finanzexperten an. "Über- und Untertreibungen an den Börsen sind die Regel, nicht die Ausnahme." Und das sei auch nicht verwunderlich. "Alles im Leben ist Zyklen unterworfen, auch die Wirtschafts- und Finanzmärkte."
Diese Erkenntnis ist einer der zentralen Bausteine für den Erfolg des Henderson Gartmore Continental European Fund, den Bennett seit 2010 betreut. "An der Börse schwingt das Pendel zwischen Panik und Gier." Wer dies bei seinen Investments berücksichtige, habe gute Chancen auf außerordentliche Gewinne und geringere Verluste.
Bestes Beispiel hierfür sind die Pharmahersteller, die "wir vor vier Jahren gekauft haben, als sie von der Mehrheit der Investoren noch links liegen gelassen wurden". Dies macht sich heute bezahlt, Pharmatitel zählen seither zu den großen Gewinnern. Unternehmen wie Roche stehen inmitten einer Phase des Wachstums, die durch neue Medikamente und die demografische Entwicklung getrieben werde, sagt Bennett, der mit 26 seinen ersten Europa-Fonds gemanagt hat. Doch Bennett filtert auch Branchen heraus, die er nicht mag. Telekomunternehmen und Versorger stehen aktuell nicht auf seiner Kaufliste, da diese stark von politischen Entscheidungen abhängig sind. "Man muss gegen den Index wetten, um den breiten Markt zu schlagen", meint er.
Europäische Unternehmen zählen trotz der Kursgewinne der vergangenen Jahre weiter zu seinen Favoriten. Zwar ist eine solche Einschätzung vom Manager eines Europa-Aktienfonds nicht ungewöhnlich, doch Bennett ist nicht der Typ, der seinen Investmentschwerpunkt zu allen Zeiten blind anpreist.
1999 etwa riet der Schotte wegen der viel zu hohen Aktienbewertungen zum Verkauf eines von ihm verwalteten Europa-Aktienfonds. Eine ähnliche Empfehlung würde er, falls nötig, wieder aussprechen. "Sollte das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis bei europäischen Aktien über den Wert von 18 steigen, würde ich meine Anleger wieder warnen." Derzeit liegt die Kennziffer zur Preisbewertung von Aktien bei rund 12 - noch lange kein Grund für den Ausgezeichneten, jetzt schon die Reißleine zu ziehen.
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