Container-Investment

Größter Anlegerskandal Deutschlands: 51.000 Investoren zittern um 3,5 Milliarden Euro

22.03.18 09:39 Uhr

Größter Anlegerskandal Deutschlands: 51.000 Investoren zittern um 3,5 Milliarden Euro | finanzen.net

Hochglanzprospekte mit vermeintlich sicheren Renditen, welche weit über dem gegenwärtigen Sparzins lagen, bewegten tausende Anleger zu einem Investment in die Schiffs-Container-Branche. Doch nun droht der Totalverlust.

Die Kunden der P&R Gruppe bangen um ihr Geld, nachdem mehrere Tochtergesellschaften des Anbieters von Direktinvestments für Schiffs-Container ihren Insolvenzantrag beim Amtsgericht in München eingereicht haben. Die Insolvenz betrifft derweil über 50.000 Kunden, welche insgesamt eine Summe von rund 3,5 Milliarden Euro in die Metallboxen investierten. Nach aktuellen Angaben des Münchner Amtsgerichts betreuen nun zwei Insolvenzverwalter das Verfahren.

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Mit Tradition am Grauen Kapitalmarkt

Die schon im Jahr 1975 gegründete Investmentgruppe P&R entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einer der größten Anlagefirmen am Grauen Kapitalmarkt. Der Graue Kapitalmarkt beschreibt hierbei einen Teil des Kapitalmarkts, welcher zwar legal ist, jedoch ohne jegliche staatliche Aufsicht funktioniert. In diesem Umfeld etablierte die P&R Gruppe über Jahrzehnte ihr Geschäft mit Containerinvestments und mobilisierte Milliarden an Kundenvermögen. Laut der Firmenwebsite flossen allein in den zurückliegenden zehn Jahren mehr als sieben Milliarden Euro an Investorengeldern in die Schiffs-Container-Beteiligungen. Nach Angaben von Experten sollen zum jetzigen Zeitpunkt immer noch rund 3,5 Milliarden Euro an Kundengeldern in den P&R-Investments stecken.

Rekordverdächtiges Fiasko

Mit einer möglichen Schadenssumme von etwa 3,5 Milliarden Euro dürfte die Pleite der P&R-Gruppe zum größten Anlageskandal der vergangenen Jahre mutieren. Davon geht auch Gerhard Schick, Finanzexperte von Bündnis 90/Die Grünen aus und sagte: "P&R droht zum größten deutschen Anlageskandal der jüngeren Vergangenheit zu werden." Tatsächlich übertrifft die Insolvenz der P&R-Gruppe so manchen Anlageskandal der letzten Jahre, wie zum Beispiel die Prokon-Pleite mit etwa 1,4 Milliarden Euro, der Fall S&K mit einer Schadenssumme von mindestens 240 Millionen Euro oder die Pleite der ebenfalls im Container-Business aktiven Magellan-Gruppe, welche Kundengelder von rund 350 Millionen verbrannte. Dabei zeigte sich nicht zuletzt am Beispiel der Magellan-Gruppe, dass es sich bei den Container-Direktinvestments am Grauen Kapitalmarkt um hochriskante Geschäftsmodelle handelt.

Bescheidenes Geschäftsmodell

Das ziemlich simple Geschäftsmodell der P&R-Gruppe fand bei Investoren schnell Anklang und versprach sichere Renditen. P&R verkaufte den Kunden ihre Schiffs-Container, welche somit direkt zu Eigentümern der Metallboxen wurden. Im nächsten Schritt vermieteten die Kunden die Boxen wieder zurück an das Unternehmen, welches den Vermietern darauf eine im Vorhinein festgelegte Miete auszahlte. Die P&R-Gruppe vermietete die Container ihrerseits wieder an größere Frachtunternehmen und Reedereien. Da sich die Mieter der Boxen gegen jegliche Beschädigungen versichern mussten, traf die Direkt-Investoren selbst im Schadensfall keinerlei Schuld. Nach dem Ende der von P&R vorgegeben Vertragslaufzeit wurden die Container zu einem anfangs ausgehandelten Preis zurückgekauft. Für die Investoren lohnte sich das Geschäft, da die Mieteinnahmen über die Vertragslaufzeit den Wertverlust deutlich überkompensierten.

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Wie gehen betroffene Investoren nun vor?

Betroffene Kunden sollten sich an einen auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Anwalt wenden und nach Möglichkeit mit anderen Geschädigten in Kontakt treten, um somit ihre Interessen zu bündeln. "Aus vergangenen Fällen wissen wir, dass die Auszahlungsquoten nach Abschluss eines Insolvenzverfahrens erfahrungsgemäß sehr gering sind. Anleger sollten deshalb prüfen, ob sich Schadensersatzansprüche etwa gegenüber Banken oder Vermittlern ergeben", so der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Lars Murken-Flato. Schadensersatzansprüche können dann bestehen, wenn die Mitarbeiter der P&R-Gruppe ihre Kunden nicht ausreichend über die Risiken einer Direktinvestition in Schiffs-Container aufgeklärt haben.

Pierre Bonnet / finanzen.net

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