Rentenfonds

Husarenstück: Warum Hasenstab auf Ukraine-Bonds setzt

24.11.13 15:00 Uhr

Rentenfonds: Die Ukraine steckt tief in der Krise. Ein bekannter Anleihefondsmanager hat trotzdem in großem Stil zugeschlagen. Wie er investiert.

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von Andreas Höß, Euro am Sonntag

Michael Hasenstab scheut sich nicht vor riskanten Investitionen. Zuletzt hatte der Anleihe­spezialist der US-Fondsgesellschaft Franklin Templeton viel Geld in Staatspapiere aus Irland und Ungarn gesteckt, nun hat er erneut eine heiße Wette auf ein angeschlagenes Land laufen: die Ukraine.

Wie das britische Finanzblatt „Financial Times“ meldete, soll Hasenstab rund fünf Milliarden US-Dollar in Staatsanleihen aus der Ukraine ­investiert haben. Bestätigen wollten Hasenstab und Franklin Templeton die Meldung nicht. Man äußere sich nicht zu Einzelpositionen, hieß es auf Anfrage von €uro am Sonntag. Ein Blick in den jüngsten Rechenschaftsbericht der Gesellschaft vom 30.  Juni aber zeigt, dass vor allem der Global Bond Fund (siehe unten) und der Templeton Total Return Fund (ISIN: LU 017 047 558 5) Ukraine-Anleihen in Milliardenhöhe halten. Jeder fünfte Bond, der zuletzt ins Ausland ging, soll in einem Templeton-Fonds gelandet sein.

Mit einem Gesamtvermögen von rund 800 Milliarden US-Dollar ist Franklin Templeton eine der größten Anlagegesellschaften der Welt. Hasenstab verwaltet in verschiedenen Fonds rund ein Viertel des Kapitals. Dass die Fonds große Anteile an Schuldpapieren eines Landes besitzen, ist nicht unüblich. Die Templeton-Fonds gehören auch zu den größten Gläubigern in Polen, Süd­korea, Irland oder Ungarn.

Entsprechend groß ist die Marktmacht des Fondsmanagers. Durch seine Käufe stützt er nicht nur ganze Länder — bis Hasenstabs Milliarden­investment bekannt wurde, war lange spekuliert worden, wer der Ukraine in den vergangenen eineinhalb Jahren Geld geliehen hat. Er bewegt ganze Märkte und beeinflusst die Meinungsbildung der Großinvestoren. Denn mit Wetten auf Krisenstaaten kennt sich Hasenstab aus. Wegen der niedrigen Zinsen sei mit Anleihen aus Industrienationen nicht viel zu gewinnen, glaubt der promovierte Ökonom. Deshalb wendet er sich immer öfter Bonds und Währungen zu, die anderen An­legern zu heiß sind.

Als beispielsweise im Jahr 2011 Investoren panikartig Geld aus der Eurozone abzogen, weil sie mit Staatspleiten rechneten, kaufte Hasenstab fast zehn Prozent der irischen Staatsanleihen, die stark im Kurs gefallen waren. Immer mehr Fondsmanager zogen nach, um sich nicht abhängen zu lassen. Die Wette ging auf, und Hasenstabs Fonds fuhren 2012 hohe Gewinne ein. „Wir lieben Märkte, die jeder hasst“, so der Großinvestor damals. „Und wir lieben Märkte mit guten langfristigen Aussichten.“

Eine zu riskante Strategie?
Doch trifft das auch für die Ukraine zu? Beobachter sind skeptisch. Politisch steckt das Land zwischen Demokratie und Diktatur, finanziell befindet es sich in einer Schieflage. Während der Finanzkrise musste der Internationale Währungsfonds (IWF) mit Hilfskrediten einspringen.

Auch derzeit ist die Neuverschuldung hoch, die an der Wirtschaftsleistung gemessene Schuldenquote steigt rapide, und die Devisenreserven schwinden dahin. Im kommenden Jahr muss die Ukraine zudem ­einen größeren Kredit des IWF ­zurückzahlen. „Auch wenn wir im Moment nicht mit einer Pleite des Landes rechnen, wird die Finanzierung für 2014 sehr schwer“, sagt Ronald Schneider von der Fondsgesellschaft Raiffeisen Capital Management, die traditionell stark auf den Rentenmärkten in Osteuropa vertreten ist. Die Ratingagenturen haben ihren Daumen zumindest bereits ­gesenkt. Sie bewerten die Papiere längst als „Ramsch“ und drohen mit weiteren Herabstufungen.

Gleichzeitig schwächelt die Wirtschaft, der Bauboom im Zuge der Fußball-EM 2012 ist vorbei, die Industrieproduktion bricht ein. Hasenstab wette vor allem auf zwei mögliche Szenarien, spekuliert man deshalb an den Finanzmärkten. Am Ende des Monats könnte die Ukraine ein Freihandelsabkommen mit der EU unterschreiben, das dem Land wirtschaftliche und politische Orientierung bieten würde. Russland, in das ein Viertel der ukrainischen Exporte fließt, ist davon allerdings nicht begeistert. Es übt über Sank­tionen und den Gashandel Druck aus. Selbst wenn die Ukraine das Handelsabkommen unterschreibt, so könnte sie doch weiterhin im Niemandsland zwischen Russland und der EU verharren.

Das zweite Szenario: Der IWF hilft der Ukraine mit frischen Krediten. Großanleger könnten dann wieder Vertrauen fassen, die Bonds, die stark gefallen sind, gefragt sein. Hasenstab, der sich billig eingedeckt hat, wäre Gewinner der Entwicklung. Die Forderungen des IWF für weitere Hilfen sind bekannt. Unter anderem müsste die Regierung in Kiew die Neuverschuldung zurückfahren und die Landeswährung abwerten, die an den Dollar gekoppelt ist.

Für die Ukraine wäre das ein Nachteil: Sie hat neben Anleihen in Landeswährung auch viele Schuldtitel in Dollar herausgegeben. Diese abzuzahlen wäre mit einer schwächeren Währung schmerzhafter. ­ Hasenstab würde die Währungs­abwertung indes nicht weiter stören. Diesmal hat er darauf verzichtet, Anleihen in Landeswährung zu kaufen, wie er es sonst oft tut. Die meisten Ukraine-Bonds in seinen Fonds sind in Dollar denominiert.

Investor-Info

Hasenstabs Rentenriese
Templeton Global Bond Fund


















Mehr als 45 Milliarden US-Dollar stecken in Michael Hasenstabs Templeton Global Bond Fund. Damit gehört das Flaggschiff der US-Fondsgesellschaft Franklin Templeton zu den größten Rentenfonds der Welt. Hasenstab investiert vor allem in Staatsanleihen und staatsnahe Titel. Wie aggressiv er dabei vorgeht, zeigt ein Blick auf das Portfolio: Bundes­anleihen oder US-Treasuries sucht man vergebens. Stattdessen dominieren Länder wie Südkorea, Polen, Malaysia, Irland, Ungarn oder die Ukraine. Letztere macht knapp drei Prozent des Portfolios aus.

Auch Währungswetten geht Hasenstab oft ein, um noch ein Extra an Rendite herauszuquetschen. Größte Positionen nach dem US-Dollar derzeit: ­Südkoreanischer Won (17 Prozent), Malaysischer Ringgit (14) und Polnischer Złoty (13). Dass diese Strategie auch nach hinten losgehen kann, zeigte sich zuletzt im Sommer, als im Zuge der Diskussionen um eine Zinswende der US-Notenbank riskante Anleihen und Währungen abstürzten.

„Es wird immer wieder Schwankungen geben“, räumt auch Hasenstab ein. Seine Strategie werde sich aber auszahlen, ist er überzeugt. Langfristig läuft der Fonds trotz Schwankungen bisher sehr gut. In fünf Jahren legte er in Euro gerechnet um rund 50 Prozent zu, in zehn Jahren um 100 Prozent.