Interview

Carmignac-Fondsexperte: „Indien ist mein Favorit“

22.11.10 15:35 Uhr

Fondsmanager Simon Pickard sucht für den Carmignac Emerging Discovery kleine Werte und neue Anlageziele. Dabei steht Indien auf seiner Kaufliste ganz oben.

Werte in diesem Artikel

von Peter Gewalt

Schwellenländeraktienfonds gibt es inzwischen hunderte. Portfolios, die sich auf kleine bis mittelgroße Unternehmen in den Emerging Markets konzentrieren sind dagegen eher selten. Der Carmignac Emerging Discovery ist einer davon, der zudem mit seiner Wertentwicklung (Siehe Fonds im Fokus links) überzeugen kann. €uro am Sonntag sprach mit Fondsmanager Simon Pickard über seinen Investmentansatz.

Herr Pickard, Sie suchen für den Carmignac Emerging Discovery in den Schwellenländern nach kleinen bis mittelgroßen Unternehmen. Was bieten diese Werte gegenüber Large Caps?

Pickard: Kleinere Werte haben gleich mehrere Vorteile. Erstens bieten sie in Aufschwungphasen in der Regel eine höhere Wertentwicklung als groß kapitalisierten Unternehmen. Zweitens sind Small- und Midcaps in den Schwellenländern längst noch nicht so im Fokus der Analysten und Investoren wie die bekannteren Namen, die zudem schon recht teuer geworden sind. Und drittens sind sie in der Regel stärker auf den Binnenkonsum des jeweiligen Landes fokussiert. Weltwirtschaftliche Verwerfungen spielen hier nicht die entscheidende Rolle.

Dem stehen doch auch Nachteile gegenüber.

Pickard: Ja, die Werte sind deutlich volatiler und weniger liquide. Daher ist das Risikomanagement in unserem Fonds von entscheidender Bedeutung. So darf kein Wert mehr als 2,5 Prozent des Portfolios ausmachen. Und nur 30 Prozent des Fondskapitals wird in sogenannten Frontier Märkten angelegt. Damit haben wir erreicht, dass unserer Fonds deutlich weniger volatil ist als der Vergleichsindex MSCI Emerging Markets.

Nach welchen Kriterien suchen Sie Aktien in den Schwellenländern?

Pickard: Erst analysieren wir die makroökonomischen Rahmenbedingungen in der Region. Erst dann filtern wir Unternehmen mit kleinerer und mittlerer Größe heraus. Im dritten Schritt werden die Unternehmen anhand einer Finanzanalyse, sowie Vor-Ort-Besuchen und Gesprächen mit dem Management ausgewählt.

Wie ist Ihre Meinung zu Investments in den Bric-Staaten? Pickard: Mein Favorit unter den Bric-Ländern für die kommenden zehn Jahre ist Indien. Es herrscht dort ein unheimlicher Unternehmergeist, der sich umso stärker entwickelt, nachdem sich der indische Staat seit den 90er Jahren immer weiter aus dem Wirtschaftsleben zurückzieht. Zudem macht die indische Zentralbank, die unabhängig ist, einen hervorragenden Job.

Indien hat aber auch mit großen Problemen wie einer maroden Infrastruktur zu kämpfen.

Sicherlich, das ist ein großes Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Da dieses Problem jetzt aber angegangen wird, sehen wir hier aber gleichzeitig auch ein hohes Aufholpotenzial für die indische Volkswirtschaft, die sich in den Aktienkursen niederschlagen wird.

Beim Bau von Straßen, Häfen und Flughäfen ist China aber schon ein ganzes Stück weiter.

Das stimmt, China hat seine Infrastruktur fit gemacht für das Wachstum in den kommenden Jahren. Nun muss die Regierung allerdings einen schwierigen Schritt wagen. Weg von einer Wirtschaft, die vor allem dank des Infrastrukturbooms kräftig wächst. Der Weg soll stärker hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft gehen. Zudem müssen Finanzmarktreformen durchgeführt und die sozialen Sicherungssysteme ausgebaut werden. Was uns ebenfalls Sorge macht, ist der große Staatseinfluss in China, speziell im Unternehmenssektor. Daher suchen wir vor allem nach unabhängigen Privatunternehmen, die vom wachsenden Binnenmarkt profitieren.

Wie ist Ihre Meinung zu Brasilien?

Brasiliens Entwicklung ist ohne Frage eine Erfolgsgeschichte. Was uns allerdings nicht gefällt, ist das hohe Zinsniveau des Landes. Bei einer Inflation von rund fünf Prozent liegen die Leitzinsen bei rund elf Prozent. Dies verursacht die hohen ausländischen Kapitalzuflüssen, die wiederum für die Überbewertung des Real verantwortlich sind. Sollten die Zinsen aber gesenkt werden, dürfte dies zu einem Schub beim Binnenkonsum führen.

Weshalb senkt die brasilianische Zentralbank dann nicht die Zinsen?

Brasilien hat bis Mitte der neunziger Jahre ein Vierteljahrhundert Hyperinflation hinter sich. Daher herrscht in Brasilien eine fast panische Angst vor einem Ausbruch der Teuerung. Daher agiert die brasilianische Zentralbank so scharf. Hier gibt es Parallelen zur deutschen Bundesbank

In Ihrem Fonds ist Russland untergewichtet. Weshalb?

Zwei Gründe sind ausschlaggebend. Erstens ist die russische Wirtschaft und Börse zu rohstofflastig, daher mit Gedeih und Verderb von der Entwicklung der Rohstoffmärkte abhängig. Zweitens kann man als privater Investor niemals sicher sein, ob der Staat die Spielregeln nicht plötzlich ändert. Daher werden russische Aktien auch mit einem Discount gegenüber Aktien aus anderen Schwellenländern gehandelt.

Sie sind stark in den kleinen Schwellenländern engagiert. Was versprechen Sie sich davon?

In vielen Frontier Markets gibt es derzeit eine Reihe bemerkenswerter politischer und ökonomischer Veränderungen, die Wachstums treibend sind. Unter den Frontier Markets sind zudem einige gefallene Engel, die durch Missmanagement oder Krieg in Verruf geraten sind. Hier sich frühzeitig vor einer Trendwende zu positionieren, kann sich auzahlen. Zudem gibt es in den kleineren Schwellenländermärkten eine ganze Reihe von Werten, die noch nicht im Blickfeld ausländischer Investoren geraten sind und daher hohes Wertsteigerungspotenzial haben.

Können Sie Beispiele nennen?

Wir sind etwa in das Tourismus-Unternehmen John Keels in Sri Lanka eingestiegen, nachdem der über 20 Jahre dauernde Bürgerkrieg im Land beendet war. Denn wir gehen davon aus, dass die Tourismuszahlen in Sri Lanka, das wirklich sehr reizvoll ist, in den kommenden Jahren sehr stark zunehmen werden.

Sie sind auch in der Mongolei engagiert.

Ja, denn die Mongolei wird in Zukunft von ihrem immensen Rohstoffreichtum und ihrer sehr guten geographischen Lage zwischen Russland und China profitieren. Derzeit wird eine Eisenbahnlinie nach China geplant, über die die Kohlevorräte des Landes exportiert werden können.

Sie haben auch Positionen in Argentinien aufgebaut, obwohl das Land derzeit keinen guten Ruf unter Investoren genießt.

Im Falle Argentiniens glauben wir daran, dass die wenig erfreuliche Ära der Familie Kirchner spätestens nach den Wahlen im kommenden Jahr zu Ende ist. Danach könnten sich positive wirtschaftspolitische Veränderungen ergeben. Zudem wird Argentinien als Agrarstaat vom Boom bei den Soft Commodities ganz besonders profitieren. Daher haben wir uns Aktien der Banco Galicia ins das Portfolio gelegt, die für einen möglichen Aufschwung sehr gut aufgestellt ist.

Zur Person:

Simon Pickard (40) hat einen Master of Arts-Abschluss des Trinity College der UniversitätCambridge und ist zertifizierter Analyst (CFA). Er begann seine Karriere bei dem in Hongkong ansässigen Industriekonzern John Swire & Sons und hatte dort verschiedene Positionen in Australien, Papua-Neuguinea, Singapur und Dubai inne. Zwischen 1996 und 2000 war er als Fondsmanager bei Jupiter Asset Management in London tätig, wo er mehrere Aktienfonds mit Schwerpunkt Osteuropa verantwortete. 2000 kam Simon Pickard zu Carmignac Gestion, wo er mit außerordentlichem Erfolg den Bereich europäische Aktien bis 2005 leitete, bevor er im Anschluss zu Argos Investment Managers nach Genf wechselte, wo er als Fondsmanager für Aktien aus dem erweiterten Europa tätig war. Seit 2008 ist Pickard wieder für Carmignac Gestion tätig. Derzeit managt Pickard den Carmignac Emergents (ISIN: FR0010149302) und den Carmignac Emerging Discoveries (ISIN: LU0336083810).

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