Euro am Sonntag

Afrika: Wo heißes Potenzial schlummert

19.09.15 07:00 Uhr

Afrika: Wo heißes Potenzial schlummert | finanzen.net

Chancen und Risiken liegen auf dem afrikanischen Kontinent nah beieinander. Langfristig könnten mutige Anleger belohnt werden.

von Astrid Zehbe, Euro am Sonntag

Die Nachrichten, die in den vergangenen Monaten aus Afrika nach Europa schwappten, zeichnen das Bild eines angeschlagenen Kontinents: Im Süden bangen Rohstofflieferanten um ihre Zukunft. Das Ebola-Virus tötete in Westafrika Tausende Menschen und warf die Wirtschaft um Jahre zurück. Nigeria wird von der Terrorgruppe Boko Haram in Angst und Schrecken versetzt. In Ostafrika bleiben Hotels leer, weil Touristen nicht wissen, dass die Krisenherde Tausende Kilometer weit entfernt sind. Und von der nordafrikanischen Küste machen sich jeden Tag Tausende Menschen auf, um dem Elend ihrer Heimat zu entgehen.

Ein ganz anderes Bild entstand vergangene Woche auf dem German-African Business Summit in Berlin. Dort kamen Vertreter afrikanischer Staaten, Unternehmer, Entwicklungshelfer und Politiker zusammen, um über das wirtschaftliche Potenzial Afrikas zu diskutieren. Von einem Kontinent im Aufbruch war da die Rede, von glänzenden Wachstumsaussichten und Investmentchancen, die es in dieser Art auf der Erde kein zweites Mal gebe.

Eine Einschätzung, die durchaus gerechtfertigt ist: Für Investoren mit Pioniergeist ist der Schwarze Kontinent das derzeit wohl lukrativste Pflaster. Doch den Chancen stehen Risiken gegenüber, deren Ausmaß sich kaum überschauen lässt.

Afrikas größte Schätze waren lange Zeit seine Rohstoffe. Edel- und Industriemetalle lagern in rauen Mengen in den Böden des südlichen und westlichen Afrikas, von Öl- und Gasvorkommen profitieren Länder wie Ghana, Nigeria oder die Mittelmeeranrainerstaaten. Zudem ist Afrika reich an fruchtbaren Böden, was die Landwirtschaft zu einem wichtigen Wirtschaftszweig gemacht hat.

Doch der Segen ist auch ein Fluch. Zwar haben viele Länder in den Boomzeiten von der Rohstoffrally profitiert und ihren Wohlstand gesteigert. Doch seit die Notierungen sinken, wird ein Problem zutage gefördert, das noch viel größer ist als sinkende Preise, welche zuletzt auch die Aktienmärkte unter Druck gesetzt haben: die Abhängigkeit vieler Staaten von ihrem Rohstoffschatz.

Staaten suchen Alternativen

Viele Länder beginnen deshalb ihre Wirtschaft zu diversifizieren. Sie setzen auf Tourismus, gestalten ihre Landwirtschaft effizienter oder fördern neu entstehende Industriezweige - beispielsweise den IT-Sektor. Digitale Technologien boomen in vielen afrikanischen Ländern und "Leapfrogging", also das Überspringen technologischer Entwicklungsphasen, ist ein häufig benutzter Begriff in diesem Zusammenhang. Festnetztelefone, Modems, Bankkonten oder Kreditkarten haben kaum eine Rolle gespielt. Mobiltelefone, WLAN und das Bezahlen mit dem Handy sind hingegen vielerorts stark verbreitet.

Mehr als 100 Millionen Afrikaner werden im kommenden Jahr ihre Geldtransaktionen mobil erledigen. Schon jetzt umfasst das Volumen von Onlineumsätzen rund elf Milliarden Euro pro Jahr. In den nächsten zehn Jahren erwarten Experten den Anstieg auf knapp 200 Milliarden Euro.

Überall auf dem Kontinent gründen sich Start-ups rund um diese Technologien. Zudem fördert das mobile Bezahlen auch die Entwicklung ländlicher Regionen: Geld kann nun einfacher und sicherer verschickt werden. Davon profitieren Händler und Konsumenten in den Dörfern.

Mobilfunknetze sind so gut ausgebaut, dass die Menschen in vielen ländlichen Gegenden Europas davon nur träumen können. In Berlin schwärmt Ghanas Präsident John Dramani Mahama davon, dass es in seinem Land doppelt so viele Handys wie Einwohner gebe und dass man selbst an abgelegenen Orten guten Empfang habe.

Doch auch sein Land hat zu spüren bekommen, was es heißt, von Rohstoffexporten - in diesem Fall vor allem Öl - abhängig zu sein. Die sinkenden Preise und die gleichzeitig anziehenden Ausgaben der öffentlichen Hand führten zu einem Anstieg der Staatsverschuldung, einer erheblichen Abwertung der Landeswährung Cedi und schließlich einem Hilfegesuch beim Internationalen Währungsfonds.

Zukunft im Energiesektor

Ghana hat daraus gelernt. Das Land will weiterhin auf den Energiesektor setzen - allerdings anders als bisher: "Unser Ziel ist es, die erneuerbaren Energien auszubauen", sagt Mahama in Berlin und fügt lachend hinzu: "Bei zwölf Monaten Sonnenschein könnten wir schnell reich werden."

Es ist eine Vision, die viele Länder in Afrika haben. Neben Verkehrsinfrastrukturprojekten gehören Bauvorhaben im Bereich erneuerbare Energien zu den derzeit größten. Projekte wie der Grand-Inga-Staudamm im Kongo, der Grand-Renaissance-Staudamm in Äthiopien oder das Jasper Solar Project in Südafrika könnten nach Fertigstellung Millionen von Menschen preiswerte Energie liefern und die Wirtschaft ankurbeln.

Hinzu kommt das wichtigste Plus des Kontinents: die rasant wachsende Bevölkerung. Bis 2050 wird sich die Zahl von heute rund einer Milliarde Afrikaner auf zwei Milliarden verdoppelt haben. Fast die Hälfte der Menschen in Afrika ist jünger als 25 Jahre. Auf diesen Markt mit seiner wachsenden Mittelschicht haben es viele westliche Unternehmen abgesehen - nicht nur als Absatzmarkt, sondern auch, um vor Ort zu investieren. Hoch im Kurs steht beispielsweise der Gesundheitssektor.

Doch für Investments braucht es Mut: Rechtssicherheit ist nicht überall gegeben, das Risiko politischer Unruhen ist höher als anderswo, trotz Investitionen in die Infrastruktur ist die Strom- und Wasserversorgung noch immer ein Problem.

Obwohl das Bildungsniveau steigt, fehlen nach wie vor Fachkräfte. Darum ist es für Privatinvestoren wichtig, vorsichtig zu agieren. Wer vom Potenzial des Schwarzen Kontinents profitieren will, sollte langfristig orientiert sein, starke Schwankungen aushalten können und sich nicht von Rohstoffen abhängig machen.

Investor-Info

BB African Opportunities
Fokus auf die Kleinen

Anders als beim Robeco Afrika Fonds, der etwa die Hälfte des Vermögens in Südafrika investiert, spielt das Land beim Bellevue BB African Opportunities mit zwölf Prozent der Papiere nur eine untergeordnete Rolle. Neben einer starken Konzentration auf ägyptische und marokkanische Titel setzt das Fondsmanagement auch auf kleinere Staaten wie Sambia, Ghana und Ruanda, um von deren Wachstum zu profitieren. Den größten Anteil am Portfolio haben Finanztitel.

Robeco Afrika Fonds
Erst Land, dann Unternehmen

Weil Einzelinvestments in Afrika schwierig und risikoreich sind, empfiehlt sich der Kauf von Fonds. Der Robeco Afrika Fonds investiert in Unternehmen, die in den großen Volkswirtschaften Afrikas, aber auch in kleineren, stark wachsenden Ländern aktiv sind. Fondsmanager Cornelis Vlooswijk wählt hierfür zunächst die Staaten nach wirtschaftlichen und politischen Kriterien aus. Im zweiten Schritt findet die Fundamentalanalyse zur Auswahl attraktiver Aktien statt.

JPM Africa Equity
Auf Konsum setzen

Ein günstiges Einstiegsniveau für risikofreudige Anleger bietet sich auch beim JPM Africa Equity. Der Rohstoffanteil des Fonds ist mit rund vier Prozent noch mal deutlich geringer als bei den beiden anderen Fonds (rund zehn Prozent). Die Hälfte des Portfolios machen dafür zyklische und nicht zyklische Konsumgüter sowie Gesundheitstitel aus - Branchen, die von der wachsenden Mittelschicht profitieren. Rund zwei Drittel der Unternehmen sind in Südafrika beheimatet. zeaFavorit der Redaktion: Findet die Redaktion mehrere attraktive Fonds für eine Branche, wird der aussichtsreichste gesondert hervorgehoben

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