ETFs mit inflationsgeschützten Anleihen - Gutes Investment oder Renditegrab?
Angesichts fallender Kurse am Aktienmarkt und steigender Zinsen werden Anleihen auch für Privatanleger attraktiver. Können ETFs mit inflationsindexierten Anleihen ihr Versprechen halten?
Werte in diesem Artikel
• Anleihen: Kurzfristige oder langfristige Investition?
• Inflationsindexierte Anleihen: Aktive oder passive Anlagen?
• Langfristige Inflations- und Zinsentwicklung einpreisen
Im Interview mit FOCUS online gibt der Kapitalanlage-Experte Gerd Kommer zu bedenken, dass Privathaushalte vor allem in Bezug auf die Altersvorsorge über die nächsten Jahrzehnte von der hohen Inflation betroffen seien. Angesichts eines im Raum stehenden Finanzcrashs sowie einer vermeintlich andauenden Überbewertung des Aktienmarktes scheuen viele deutsche Privatanleger etwa im Vergleich zu US-amerikanischen Privathaushalten Investitionen in Aktien. Aufgrund der steigenden Zinsen stelle sich die Frage, ob Anleihen, vor allem solche, die inflationsgeschützt sind, eine für Privatpersonen attraktive Alternative zu Aktieninvestments darstellten.
Der Vermögensverwalter, der Privatanlegern in der Regel ETF-Fonds empfiehlt, rät hier eher zum Kauf einzelner inflationsgeschützter Anleihen. Denn: "Das Angebot an ETFs auf inflationsgeschützte Anleihen in Deutschland ist sehr beschränkt. Die meisten dieser ETFs enthalten Anleihen mit zu langen Restlaufzeiten, also zu viel Zinsänderungsrisiko, und viele beinhalten Wechselkursrisiken und bilden kurioserweise die US-Inflation in Dollar oder die britische Inflation in Pfund ab. Das passt auf einen normalen Privatanleger in Deutschland natürlich nicht", sagt Gerd Kommer im Interview. Hinzu kommt, dass der Zugang für Privatanleger zum Anleihenmarkt erschwert ist, da viele Unternehmensanleihen für Privatpersonen nicht investierbar sind. Am deutschlandweit größten Anleihen-Handelsplatz, der Börse Stuttgart, sind laut FAZ beispielsweise 84 Prozent der gelisteten 10.500 Unternehmensanleihen nur für institutionelle Anleger zugelassen.
Was macht inflationsindexierte Anlagen attraktiv?
Inflationsindexierte Anleihen weisen normalerweise deutlich niedrigere Kuponzahlungen aus als andere Anleihen. Der Staat garantiert aber einen Aufschlag auf diese Zinszahlung in Höhe der Inflation, basierend auf den Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) des Euroraums der vorangegangenen sechs Monate. Eine steigende Inflation bedeutet also steigende Aufschläge. Allerdings kommt es in der Regel bei steigenden Zinsen zu Kursverlusten - sowohl bei konventionellen als auch bei inflationsindexierten Anleihen. "Generell kann man sagen, je länger die Restlaufzeit einer Anleihe, desto stärker ist sie dem so genannten Zinsänderungsrisiko ausgesetzt, also Kursverlusten aufgrund steigernder Zinsen", so Gerd Kommer.
Konventionelle Anleihen setzen sich aus den drei Komponenten Kreditausfallrisiko, erwartete Inflation sowie Laufzeit zusammen. Das Zinsänderungsrisiko bewirkt, dass die Renditen sinken, denn bei einer Erhöhung des Leitzins müssen Emittenten den Zins der Anleihen an die zu erwartende Inflation anpassen, um für die Anleger attraktiv zu bleiben. Die Folge ist nun, dass alte Anlagen abgestoßen werden, vor allem von institutionellen Anlegern, um die neuen, attraktiveren zu erwerben. Damit fallen die Kurse der alten Anleihen - auch bei ETFs.
ETFs mit inflationsgeschützten Anleihen: Passives oder aktives Investment?
Inflationsindexierte Anleihen können attraktiv sein, wenn sie über die gesamte Laufzeit gehalten werden und mit einem festen Zinssatz sowie Inflationsausgleich kalkuliert werden können. Eine Investition in einen ETF mit (inflationsindexierten) Anleihen bedeutet hingegen den Erwerb von Anteilen einer Bandbreite an Anleihen. Diese wiederum können deutlichen Kursschwankungen unterliegen, da sie am Sekundärmarkt gehandelt werden und institutionelle Anleger regelmäßig unattraktiv gewordene Anleihen abstoßen. Ein langfristiges Engagement erscheint dann eher weniger sinnvoll. Gewinne könnten zwar erzielt werden, der Zeitpunkt zum Ein- und Ausstieg müsse allerdings genau getimt werden. Die vermeintlich langfristigen, passiven Investments (in ETFs) erfordern somit vielmehr eine genaue Beobachtung der Markt- und Zinsentwicklung und aktivem Eingreifen.
Der weitere Ausblick muss zudem bei der Investitionsentscheidung in langfristige Anlagen berücksichtigt werden: Hoffnungen auf eine Lockerung der Geldpolitik gibt laut FOCUS online die Voraussage der Bundesregierung, die die Inflationsraten 2024 bei 2,4 Prozent sieht.
Redaktion finanzen.net
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