Verhaftung

Gründer von Pleite-Kryptobörse FTX: Sam Bankman-Fried auf Bahamas festgenommen - wegen Betrugsvorwürfen angeklagt

13.12.22 21:05 Uhr

Gründer von Pleite-Kryptobörse FTX: Sam Bankman-Fried auf Bahamas festgenommen - wegen Betrugsvorwürfen angeklagt | finanzen.net

Er wurde als Goldjunge der Kryptobranche gefeiert - nun drohen ihm Jahre im Gefängnis.

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"Wir beschuldigen Sam Bankman-Fried, ein Kartenhaus auf Schwindeleien aufgebaut zu haben", verkündete der Chef der US-Börsenaufsicht SEC, Gary Gensler, am Dienstag in Washington. Am Vorabend war der erst 30 Jahre alte Bankman-Fried auf Betreiben der US-Justizbehörden auf den Bahamas verhaftet worden, wo seine insolvente Kryptobörse FTX ihren Hauptsitz hatte. Der Handelsplatz für Digitalwährungen wie Bitcoin und Ether war im November innerhalb weniger Tage in akuter Geldnot kollabiert und riss dabei den gesamten Kryptomarkt mit nach unten. Jetzt geht es Bankman-Fried - in der Szene nur SBF genannt - selbst an den Kragen.

Dabei dürfte das Verfahren der SEC für den Jungunternehmer mit dem markanten Wuschelkopf, dessen Markenzeichen Schlabber-Shirts, kurze Hosen und Badeschlappen sind, noch das kleinere Problem sein. Auch die US-Staatsanwaltschaft in New York hat Anklage gegen Bankman-Fried erhoben. Hier geht es um schwerwiegende strafrechtliche Verstöße wie Verschwörung zu Wertpapierbetrug und Geldwäsche, die den FTX-Gründer für viele Jahre hinter Gitter bringen könnten. Dass die Behörden auf den Bahamas so schnell im Auftrag der US-Kollegen zugriffen, deutet laut Experten darauf hin, dass sich die Strafverfolger ihrer Sache sehr sicher sind. Die Auslieferung dürfte nur eine Formsache sein.

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Es ist einer der spektakulärsten Abstürze der US-Finanzgeschichte. Vor wenigen Monaten galt Bankman-Fried noch als Krypto-Wunderkind und zierte Titelseiten von US-Wirtschaftsblättern wie "Fortune". Sein FTX-Konzern wurde von Investoren zeitweise mit 32 Milliarden Dollar bewertet, sein eigenes Vermögen in den Superreichen-Charts von "Forbes" und "Bloomberg Billionaires" auf über 26 Milliarden Dollar taxiert. FTX konnte sich im Kryptoboom vor Investorengeld kaum retten und entwickelte sich zu einem Powerhaus der florierenden Branche. Der Konzern gab Unsummen für Werbekampagnen aus, überzog Stadien mit seinem Logo, verpflichtete Promis wie Football-Star Tom Brady und Top-Model Gisele Bündchen als schillernde Markenbotschafter.

Auch in der Politik übte Bankman-Fried dank des vielen Geldes, das FTX zufloss, eine Zeit lang erheblichen Einfluss aus. Als Großspender der Demokratischen Partei versuchte er sich in Washington zum zentralen Sprachrohr der Kryptobranche aufzuschwingen und die Debatte um die von vielen Experten als überfällig angesehene Regulierung des Marktes mit viel Lobbyaufwand mitzugestalten. Selbst als der Kryptoboom endete und der Kursverfall Anfang des Jahres etliche Unternehmen in Not brachte, kratzte dies zunächst nicht am Image von SBF. Im Gegenteil: Sein FTX-Konzern avancierte in der Krise zunächst zum weißen Ritter, der strauchelnde Firmen rettete. Bankman-Frieds Imperium galt zeitweise gar als eine Art Zentralbank der Kryptowelt.

Inzwischen wird immer klarer, dass es sich bei dieser vermeintlichen Erfolgsstory um einen handfesten Skandal handelt. Bankman-Fried wies Täuschungsvorwürfe zwar bis zuletzt zurück. "Ich habe nie versucht, Betrug an jemandem zu begehen", sagte er Anfang Dezember bei einer Konferenz in New York, zu der er aus den Bahamas zugeschaltet war. Doch die SEC ist davon überzeugt, dass es bei FTX von Anfang nicht mit rechten Dingen zuging und Anlegergelder gezielt veruntreut und für andere Firmen im Umfeld abgezweigt wurden. Auch der neue Konzernchef John Ray, der die Leitung von FTX im Konkursverfahren übernahm, zeigte sich schockiert: "Noch nie in meiner Karriere habe ich solch ein komplettes Versagen an Unternehmenskontrolle und so einen Mangel an vertrauenswürdigen Finanzinformationen erlebt".

Was die Ex-Führungsriege um FTX-Gründer Bankman-Fried veranstaltet habe, sei schlicht "inakzeptabel". Ray hat 40 Jahre Erfahrung mit der Sanierung von Firmen, er war unter anderem nach der historischen Pleite des US-Konzerns Enron mit dessen Abwicklung betraut gewesen. Bei FTX habe die "Kontrolle in den Händen einer sehr kleinen Gruppe von unerfahrenen, naiven und womöglich kompromittierten Personen" gelegen, führte Ray in seinem ersten Lagebericht an das Insolvenzgericht aus. Die Situation sei "beispiellos", klagte der Sanierungsexperte. Bankman-Fried bezeichnete die Insolvenz derweil als seinen größten Fehler und beschuldigte Ray, den Konzern "niederbrennen" zu wollen.

Außerdem droht sich ein Konflikt zwischen dem Insolvenzverwalter und Behörden auf den Bahamas zuzuspitzen, der eine geregelte Abwicklung und Sanierung von FTX erschweren könnte. So beschuldigte die Wertpapieraufsicht des Karibikstaats Ray am Dienstag erneut, falsche Angaben zur vorgefundenen Situation zu machen. Der neue FTX-Chef scheine sich nicht um die Fakten zu kümmern, es gehe ihm darum, "Schlagzeilen zu machen und fragwürdige Agendas voranzutreiben". Im Kern geht es bei dem Streit um angebliche Absprachen zwischen SBF und der Aufsicht auf den Bahamas zu Mitteln aus der Insolvenzmasse. Noch bevor FTX Gläubigerschutz in den USA beantragte, hatten die Behörden auf den Bahamas Firmenvermögen von FTX eingefroren und einen eigenen Konkursverwalter zu Abwicklung des Unternehmens bestellt.

Der neue FTX-Chef Ray machte Bankman-Fried und der Aufsicht auf den Bahamas bei einer US-Kongressanhörung am Dienstag abermals schwere Vorwürfe. Auf Nachfrage eines US-Abgeordneten bestätigte er, dass es nach dem Insolvenzantrag in den USA unauthorisierte Transaktionen gegeben habe und Gelder damit wohl dem US-Konkursverfahren entzogen wurden. Ein Teil dieser Mittel sei gehackt, ein Teil mit Hilfe von ehemaligen FTX-Mitarbeitern an Behörden auf den Bahamas transferiert worden. Ray erklärte außerdem, dass Kunden auf der Insel noch mehr als 100 Millionen Dollar von der Handelsplattform abziehen konnten, während Konten in den USA und anderswo auf der Welt gesperrt waren.

WASHINGTON/NASSAU (dpa-AFX)

Bildquellen: T. Schneider / Shutterstock.com