Euro-Kritiker Hankel: Der Kampf um den Euro ist verloren
Wilhelm Hankel ist einer der profiliertesten Eurokritiker. Im Euro-Interview warnt Hankel vor einer Stagflation in der Euro-Zone und plädiert für die Liquidation der Währungsunion.
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Wilhelm Hankel im Interview mit Sabine Gusbeth, €uro
Euro: Herr Hankel, wie beurteilen Sie die Rettungsversuche für den Euro?
Wilhelm Hankel: Wenn Frau Merkel so weitermacht, versinkt Europa in Stagflation. In den Retter-Ländern gibt es mehr Inflation, in den zu rettenden eine verheerende Deflation. Innerhalb einer Währungsunion lässt sich dieses Dilemma nicht lösen. Auch nicht durch den Fiskalpakt. Entweder löst sich im Zuge dessen die Eurozone unkontrolliert auf oder Frau Merkel findet noch die Alternative, die sie bisher ausschloss.
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Euro: Den Austritt Griechenlands?
Hankel: Nein, es gibt noch viele andere Griechenlands, potenziell bis zu zwölf, inklusive Frankreich und Belgien. Die Gefahr eines unkontrollierten Endes der Eurozone bleibt.
Euro: Was schlagen Sie stattdessen vor?
Hankel: Der Kampf um den Euro ist verloren. Die einzig vernünftige Lösung ist seine geordnete Abwicklung, die Liquidation der Währungsunion. Das verursacht die geringsten Kosten und es gibt historische wie aktuelle Modelle dafür.
Auf dem Balkan, in Albanien etwa, hat man nationale Währungen und den Euro als Parallelwährung. Der Markt regelt das Umtauschverhältnis. Auch nach dem Ersten Weltkrieg, nach Auflösung des Habsburger Reiches, wurden nationale Währungen eingeführt und die alte Kronenwährung eine Zeit lang fortgeführt.
Euro: Sie plädieren dafür, D-Mark, Franc und Lira wieder einzuführen?
Hankel: Ja, genauer gesagt für die Rückkehr ins Europäische Währungssystem, das in Wahrheit ein Wechselkurssystem war. Der Euro wäre keine abstrakte Recheneinheit wie der ECU, sondern parallel umlaufendes Geld. Daneben hätte
jedes Land eine eigene Währung mit
flexiblem Wechselkurs zum Euro.
Euro: Was würde das bringen?
Hankel: Verschuldete Länder könnten kräftig abwerten und so ihre Wettbewerbs- und Kreditfähigkeit wieder herstellen. Statt Geld von Staatsfonds bekämen sie wieder Geld vom Markt. Das ist zugleich das beste Rezept gegen künftige Schuldenexzesse. Wenn diese Länder die alte Politik fortsetzen und Abwertungsgefahr besteht, bekommen sie kein Geld aus dem Ausland. Kein Investor
riskiert, durch Abwertung einen Teil
seines Kapitals zu verlieren.
Euro: Die D-Mark würde aber wohl aufwerten. Deutsche Unternehmen fürchten, dass darunter ihre Exporte leiden.
Hankel: Dieses Getöse gab es vor jeder D-Mark-Aufwertung — doch danach war Schweigen. Die deutschen Exporte haben durch keine D-Mark-Aufwertung gelitten, sie sind sogar gestiegen. Die Erklärung ist einfach, damals wie heute: Im deutschen Exportsortiment stecken bis zu 50 Prozent importierte Vorleistungen, Rohstoffe, Energie, vorgefertigte Teile. Diese verbilligen sich bei einer Aufwertung. Deswegen würde eine Aufwertung eher die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft stärken als zu großen Verlusten führen. Der große Gewinner wäre der deutsche Finanzminister: Er könnte seine Euro-Altschulden mit der aufgewerteten neuen D-Mark billig tilgen.