Bewegte Zeiten für den Dollar (Teil 1)
Alles redet über die Dollar-Schwäche. Doch stimmt das überhaupt? Wie die Wertentwicklung des Greenbacks gegenüber verschiedenen "Major-Währungen" zeigt, ist das auch eine Frage der Perspektive. Im Fokus des ersten Teils: der Euro.
Keine Währung fasziniert Anleger mehr als der US-Dollar. Mit einem durchschnittlichen täglichen Handelsvolumen von 4,4 Billionen US-Dollar ist er die unumstrittene Weltleitwährung. Seit geraumer Zeit neigt der Greenback allerdings zur Schwäche. Das zeigt ein Blick auf den Dollar-Index USDX, der die Wertentwicklung des US-Dollars gegenüber einem Korb aus sechs unterschiedlich gewichteten Major-Währungen (EUR, JPY, GPB, CHF, CAD und SEK) wiedergibt. Rund acht Prozent hat der Dollar seit Anfang Januar gegenüber diesem Korb verloren. Interessant dabei: Gegenüber einigen Währungen waren die Einbußen besonders groß, gegenüber anderen Devisen wiederum konnte der Dollar sogar hinzugewinnen. Was sind die Ursachen für diese Diskrepanz? Und wie sehen die weiteren Perspektiven für die US-Währung aus?
Bemerkenswerte EUR/USD-Entwicklung
Auffällig ist, dass der US-Dollar insbesondere gegenüber dem Euro stark an Wert verloren hat - mehr als zehn Prozent seit Jahresanfang. Das hat mehrere Gründe: Einer davon heißt Donald Trump. Beziehungsweise dessen gescheiterten oder aufgeschobenen Projekte. Dabei war die Euphorie an den Märkten kurz nach seinem Wahlsieg groß. Die Aussicht auf eine groß angelegte Steuerreform sowie die Ankündigung von milliardenschweren Infrastrukturprogrammen weckten unter Investoren die Hoffnung auf einen Trump-Boom. Tatsächlich legten sowohl US-Aktien als auch der Dollar in den ersten Wochen nach der Präsidentschaftswahl vehement zu. Die Enttäuschung ließ nicht lange auf sich warten. Als Präsident werde er die US-Wirtschaft ankurbeln, versprach Trump im Wahlkampf. Stattdessen präsentierte sich die Konjunktur in den ersten Monaten nach seinen Amtsantritt in einem unerwartet schwachen Zustand. Lediglich um 0,7 Prozent wuchs das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2017 - es war das geringste Plus seit drei Jahren. Damit ging auch ein Stück Vertrauen in den Dollar verloren.
EZB wagt Kurswechsel
Dass der Euro im September zwischenzeitlich auf bis zu 1,20 US-Dollar gestiegen ist, hat aber noch einen anderen Grund. Und der liegt in der Erwartung, dass die EZB früher oder später die geldpolitische Wende einläuten wird. Und tatsächlich: Auf ihrer jüngsten Sitzung am 26. Oktober 2017 beschloss die Zentralbank, die monatlichen Wertpapierankäufe ab Januar 2018 von bislang 60 auf 30 Milliarden Euro zu halbieren. Auslaufen wird das Programm im September 2018, allerdings nur, wenn sich das Marktumfeld günstig entwickelt. In diesem Fall könnten weitere Schritte folgen, möglicherweise sogar in Form einer Leitzinserhöhung. Einige Volkswirte halten es daher durchaus für möglich, dass der Euro im Laufe des kommenden Jahres auf bis zu 1,25 US-Dollar zulegen wird. Eine mutige Prognose, denn mittlerweile hat sich die US-Konjunktur stabilisiert und die Trump’sche Steuerreform, sollte sie es durch den US-Kongress schaffen, könnte die Wirtschaft jenseits des Atlantiks zusätzlich stimulieren. Bis es soweit ist, dürfte sich der EUR/USD-Wechselkurs nach Meinung vieler Analysten in einer Spanne zwischen 1,16 und 1,20 Dollar bewegen.
Im zweiten Teil beleuchten wird die Wertentwicklung des Dollars gegenüber dem japanischen Yen, dem britischen Pfund und dem kanadischen Dollar.
Dirk Heß, Finanzexperte der Citigroup, schreibt zu aktuellen Markt- und Derivate-Themen. Als Co-Head EMEA Warrant Sales & Distribution bei der Citi besitzt er langjährige Expertise in allen Fragen rund um Börse und Investments. In seinem regelmäßigen Kommentar gibt Dirk Heß fundiertes Fachwissen weiter. Die Citigroup ist seit dem Jahr 1989 als Emittent von strukturierten Produkten permanent am deutschen Markt vertreten und feierte 2014 ihr 25-jähriges Jubiläum.
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