Devisen-Trader-Kolumne Detlef Rettinger

Wer spricht eigentlich noch von der Schuldenkrise in den USA?

28.11.11 09:10 Uhr

Wer spricht eigentlich noch von der Schuldenkrise in den USA? | finanzen.net

Regierung und Notenbank in den USA haben die Finanzkrise 2008 erfolgreich bekämpft, aber dies war nur möglich ...

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... um den Preis eines enormen Anstiegs der Staatsschulden. Nicht nur in Washington hofften die Politiker darauf, dass die 2008 angestoßenen Konjunkturprogramme das Wachstum stark genug ankurbeln würden, um die Rückzahlung der Kredite zu erleichtern. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Das Defizit im Bundeshaushalt wird auch 2011 noch knapp zehn Prozent betragen und der Schuldenstand dürfte schon 2012 über 100 Prozent des BIPs steigen. Zum Vergleich: Der Schuldenstand in der Eurozone wird 2012 voraussichtlich nur geringfügig auf 90 Prozent zulegen.

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Strukturprobleme bremsen das Wachstum

Was sind die Gründe für die anhaltende Haushaltsschieflage? Die US-Wirtschaft ist in weiten Teilen immer noch erstarrt, besonders der für die Binnenkonjunktur so wichtige Immobilienmarkt liegt weiterhin am Boden. Die hohe Arbeitslosenquote von mehr als neun Prozent entpuppt sich zum großen Teil als strukturell, und keineswegs nur als konjunkturell bedingt. Die prekäre Lage am Arbeitsmarkt und der Schock des Vermögensverlustes bei den Immobilien dämpft die sprichwörtliche Konsumfreude der Amerikaner. Aber es gibt natürlich auch Positives: Die US-Wirtschaft ist seit 2009 wieder deutlich gewachsen und gerade die großen US-Konzerne machen gute Geschäfte und stehen finanziell solide da. Nicht wenige erzielten sogar neue Rekordumsätze. Trotzdem droht der US-Wirtschaft eine lang anhaltende Phase der Stagnation, denn es braucht einfach Zeit, um die strukturellen Probleme zu überwinden. So wird der Abbau des Staatsdefizits die Konjunktur dauerhaft bremsen. Dabei wäre es ohne weiteres möglich, durch Steuererhöhungen den Spielraum des Staats zu erhöhen. Das Thema Schuldenabbau wird jedenfalls auch das Wahljahr 2012 dominieren. Dennoch wird die US-Wirtschaft nicht erneut in die Rezession abrutschen. Für diese These spricht nicht zuletzt die Konjunkturentwicklung der letzten Monate.

Fazit

Was bedeutet dies für den Wechselkurs EUR/USD? Sicher ist derzeit nur eines: Es wird weiterhin ungewöhnlich starke kurzfristige Kursschwankungen geben. Ein Auseinanderbrechen der Währungsunion ist allerdings trotz aller Risiken sehr unwahrscheinlich und daher ist auch nicht mit einem jähen Absturz des Euros gegenüber dem US-Dollar zu rechnen. Im Gegenteil: Der zähe Prozess zur Lösung der Schuldenkrise wird EUR/USD mittelfristig wieder Auftrieb geben. Doch das wird noch dauern.

Dr. Detlef Rettinger ist Chef-Redakteur von Deutschlands einzigem reinen Devisen-Börsenbrief mit Musterdepot, dem Devisen-Trader. Der promovierte Volkswirt besitzt langjährige Erfahrung in der Analyse des Devisenmarktes und im Handel mit Derivaten. Weitere Infos: www.devisen-trader.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.