Wandelanleihen: Die große Unbekannte mit Charme
Investoren stehen vor einem Dilemma. Am Anleihemarkt gibt es immer noch keine realistischen Zinsen und die Aktienmärkte sind bereits weit gelaufen.
Viele Investoren wollen oder können sich - zum Beispiel auf Grund ihrer Anlagerichtlinien - nicht stärker in Aktien engagieren. Neben der Zinsarmut bieten klassische Anleihen im Falle eines möglichen Zinsanstiegs keinen Puffer für Kursverluste.
Bei der Suche nach Alternativen entdecken Investoren vermehrt die Wandelanleihe, auch Convertible Bond genannt, welche gewissermaßen die Welt der Aktien mit der der Anleihen in sich vereint. Dies bei vielen unbekannte, wenngleich auch nicht ganz unkomplizierte Finanzinstrument gibt es bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Eisenbahnunternehmen in den USA sammelten damals auf diese Weise Gelder bei Investoren ein.
Bei der klassischen Wandelanleihe handelt es sich um eine Unternehmensanleihe mit fester Laufzeit und festem Zinskupon, in die zusätzlich ein Wandlungsrecht integriert ist. Dieses Wandlungsrecht gibt dem Investor die Möglichkeit, die Wandelanleihe in einem vorher definierten Verhältnis in Aktien des emittierenden Unternehmens umzutauschen. Bis zur optionalen Wandlung erhält der Anleger, wie bei der klassischen Unternehmensanleihe, eine regelmäßige Zinszahlung. Wird die Wandlung nicht vollzogen erfolgt am Ende der Laufzeit die Rückzahlung zum Nennwert. Entsprechende Bonität des Emittenten vorausgesetzt.
Wandelanleihen können aber noch mehr. Da sie ein asymmetrisches Ertragsprofil aufweisen, können sie zur Verbesserung der Portfolio-Rendite beitragen. Da Wandelanleihen sowohl Anleihe- als auch Aktienelemente vereinen, partizipieren sie typischerweise stärker an steigenden Aktienmärkten als sie bei fallenden Kursen verlieren. Als Faustregel gilt, dass ein Portfolio aus Wandelanleihen zwei Drittel der Aufwärtsbewegung bei steigenden Kursen am Aktienmarkt mitmacht, aber nur ein Drittel der Abwärtsbewegung bei sinkenden Kursen.
Dies macht den besonderen Charme der Wandelanleihe aus: Steigt der Aktienkurs, steigt der Wert des Rechts und damit der der Wandelanleihe - und zwar unbegrenzt. Fällt der Aktienkurs aber unter den Konversionspreis, kommt der sogenannte Bond Floor zum tragen. Das heißt: In diesem Fall hält der Investor noch eine Unternehmensanleihe mit einem Kuponeinkommen und Rückzahlungsanspruch am Ende der Laufzeit. Der Bond Floor limitiert also die Abwärtsbewegung.
Historisch gesehen haben sich Wandelanleihen in Perioden steigender Zinsen sehr positiv entwickelt. In einer viel beachteten Langzeitstudie des unabhängigen Analyseunternehmens Ibbotson Associates wurde herausgearbeitet, dass Wandelanleihen auf dem US-amerikanischen Markt von 1973 bis 1998 annähernd so hohe Renditen wie Aktien erzielen konnten, während die Volatilität deutlich geringer war. Dies wird auch in jüngeren Studien belegt.
Der globale Gesamtmarkt für Wandelanleihen ist mit rund 400 Mrd. US-Dollar eher klein. Hinzu kommt, dass die Papiere oft nur in großen Stückelungen ab 100.000 Euro erworben werden können und zum Teil außerbörslich gehandelt werden.
Fazit: Wandelanleihen eignen sich für Anleger, die grundsätzlich positiv für den Aktienmarkt eingestellt sind, aber nicht direkt in diesen investieren wollen. Denn letztlich zahlt sich der Verzicht auf einen geringeren Zinskupon nur aus, wenn die der Anleihe zu Grunde liegende Aktie steigt und das Recht zur Wandlung ausgeübt werden kann. Auf Grund der Komplexität, des eher geringen Marktvolumens, sowie der recht großen Stückelung, sollte für diese Anlageklasse ein professioneller Manager gewählt werden, der über eine entsprechende Erfahrung, Kompetenz und den Marktzugang verfügt.
von Ralph Rickassel, PMP Vermögensmanagement in Düsseldorf, eine Niederlassung der Donner & Reuschel Lux S.A.
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