Müssen wir uns vor einer strafferen Fed-Politik fürchten?
Intensive Debatten in der Presse und unter Ökonomen über einen möglichen bevorstehenden Ausstieg der amerikanischen Notenbank aus dem Anleihekaufprogramm (Quantitative Easing) erwecken ...
... den Eindruck, dass die Finanzmärkte vor einem Scheideweg stehen.
von Jörg Franzen, Portfoliomanager bei Franzen Gerber & Westphalen Asset Management GmbH
Aufgrund jüngster Aussagen und dem Herunterspielen der niedrigen Inflationsdaten durch Mitglieder der Notenbank, sowie einer soliden Wirtschaftsentwicklung in den USA wird befürchtet, dass dies das Ende der ultralockeren Geldpolitik einläuten kann. Jedoch wird von der FED - wer genau hinhört - lediglich von einer Verlangsamung der Anleihekäufe gesprochen und nicht von einem abrupten Ende, schon gar nicht von einem Anheben des Leitzinses. Darüber hinaus haben unsere Untersuchungen gezeigt, dass zu Beginn einer strafferen Gelpolitik negative Aktienmarktreaktionen (maximal zehn bis 15 Prozent) oft nur von kurzfristiger Dauer waren. Verluste konnten bereits innerhalb der folgenden Monate wieder aufgeholt werden.
Wie sollen sich Anleger in diesem Umfeld positionieren?
Fakt ist, dass die jüngste Rally an den globalen Finanzmärkten aufgrund dieser expansiven Geldpolitik der Notenbanken getrieben und gestützt wurde. Auf dem Gipfel der Staatsschuldenkrise haben die Zentralbanken rund um den Globus immer weitere Stimuli vereinbart. So hat die Fed Ende 2012 beschlossen, monatlich Staats- und Hypothekenanleihen im Wert von 85 Mrd. US-Dollar zu kaufen.
Fakt ist, dass ein Auslaufen des Programmes von einer erheblichen und nachhaltigen Wirtschaftserholung in den kommenden Monaten abhängt. Die Fed wird einen verfrühten Ausstieg unbedingt vermeiden, denn ansonsten wären die Opfer der Vergangenheit vergebens gewesen. Ben Bernanke hat dies bei seiner letzten Rede deutlich gemacht. Darüber hinaus hat die Fed ihren ursprünglichen Ausstiegsplan bereits modifiziert und erwägt, die erworbenen Anleihen nicht zu veräußern, sondern bis zur Endfälligkeit zu halten. Dies soll auf der einen Seite den Ausstieg mildern, auf der anderen Seite das Risiko vermeiden, Anleihen in einem Umfeld steigender Zinsen zu veräußern.
Unserer Meinung nach setzt die Fed in den kommenden Monaten ihre Geldpolitik unverändert fort, solange neu geschaffene Stellen den Arbeitsmarkt nicht hinreichend und nachhaltig verbessern. Die Arbeitslosenquote liegt aktuell immer noch bei 7,6 Prozent. Deshalb sind die Hinweise der Fed zum jetzigen Zeitpunkt lediglich als vorsichtiges Vortasten zu verstehen und sollen den Markt daran erinnern, dass die Anleihekäufe irgendwann beendet werden. Dieses Vorgehen kann durchaus klug sein. Wir gehen grundsätzlich weiterhin von einem positiven Umfeld für Aktien aus. Da der Markt traditionell auf Fed-Gerüchte hinsichtlich einer strafferen Geldpolitik immer sehr sensibel reagiert, kann jedoch die Volatilität zunehmen.
Mittelfristig – sollte sich die Wirtschaftserholung in den USA verfestigen – kann eine Verlangsamung der geldpolitischen Maßnahmen der Fed die Finanzmärkte beeinflussen. Allein die Gerüchte haben bereits zu einem Zinsanstieg insbesondere von zehnjährigen Staatsanleihen geführt (ca. 60 Basispunkte), da diese Laufzeiten durch die Fed-Politik am meisten beeinflusst wurden. Verzichtet die Fed auf den Verkauf ihrer Anleihen und hält diese bis zur Endfälligkeit, wird sich weiterer Druck jedoch in Grenzen halten. Bei Aktien gehen wir von moderaten Reaktionen aus. Es besteht zwar die Gefahr, dass die Kapitalmärkte die hohen Staatsverschuldungen nun vor dem Hintergrund einer weniger expansiven Geldpolitik neu bewerten.
Fazit: Eine vorzeitige Anhebung des Leitzinses steht zurzeit nicht zur Diskussion (Zielgröße: Arbeitslosenquote von 6,5 Prozent). Die Rhetorik der Fed deutet lediglich auf eine potentielle Verlangsamung der Anleihekäufe hin. Wir raten deshalb, die Aktienquote im Blick zu behalten. Sollte die Aktienquote aufgrund der letzten Rekordstände überschritten sein, sind Gewinnmitnahmen ratsam. Andererseits bieten eventuell kommende Rücksetzer am Aktienmarkt wieder Spielraum für Rückkäufe bzw. neue Engagements.
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