Bund-Rendite verharrt mit Spekulation auf EZB auf Rekordtief - Wetten auf Zinssenkung nehmen zu
Deutsche Bundesanleihen werfen so niedrige Zinsen ab wie nie zuvor.
Für Papiere mit 10 Jahren Laufzeit liegt die Rendite mittlerweile bei minus 0,36 Prozent. Am Montagnachmittag hatten die Kurse - nicht nur der deutschen Festverszinlichen - deutlich angezogen, ausgelöst laut Marktexperte Christoph Rieger von der Commerzbank von der Spekulation auf eine demnächst wieder expansiv agierende Europäische Zentralbank (EZB). Die EZB könne schon bald die Wiederaufnahme ihres Wertpapierkaufprogramms ankündigen, sollte sich die makroökonomische Seite nicht aufhellen.
EZB-Ratsmitglied Klass Knot hatte am Montag unter anderem gesagt, es sei unbestreitbar, dass die Inflation immer noch zu niedrig und die Notenbank entschlossen sei, bei negativen Szenarien zu handeln.
Bei der RBC Bank sieht man derzeit keine Impulse, die für steigende Renditen sorgen könnten. Auch dort spricht man von potenziell zu erwartenden Lockerungsmaßnahmen, wobei die Experten neben dem Ankauf von Wertpapieren niedrigere Zinsen ins Spiel bringen. In den USA werde eine Zinssenkung im Juli durch die US-Notenbank bereits eingepreist. "Für einen nachhaltigen Anstieg der Renditen braucht es vermutlich bessere Wirtschaftsdaten und/oder konstruktive Gespräche im Handelsstreit."
Am Geldmarkt nehmen Wetten auf EZB-Zinssenkung im Juli zu
Am Geldmarkt wird immer stärker auf eine Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) im Juli spekuliert.
Inzwischen wird dort die Wahrscheinlichkeit auf 50 Prozent taxiert, dass die Euro-Wächter dann auf ihrer geldpolitischen Sitzung den Einlagensatz noch tiefer in den negativen Bereich auf minus 0,5 Prozent senken. Aktuell liegt der Satz bei minus 0,4 Prozent. Ein negativer Einlagenzins bedeutet, dass Banken Strafzinsen zahlen müssen, wenn sie bei der Euro-Notenbank überschüssige Gelder parken. Vor einer Woche wurde die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Schritt noch mit 40 Prozent taxiert.
Investoren am Geldmarkt stützen ihre Erwartung auf die Kursentwicklung von Finanzinstrumenten. Im Blick haben sie dabei die Futures auf den Interbanken-Zins Eonia am 25. Juli, dem Tag der EZB-Zinssitzung. Das sind Wetten auf den Stand des Satzes zu diesem Zeitpunkt. Im Eonia-Zins spiegelt sich wider, zu welchem Preis sich Banken untereinander über Nacht Geld ausleihen. Aus der Differenz zwischen dem aktuellen Satz und den Futures leiten Geldmarkt-Experten Wahrscheinlichkeiten für Zinsschritte der Notenbank ab. Eine Zinssenkung bis zur geldpolitischen Sitzung im September wird sogar als sicher eingestuft.
Auf einer Konferenz in Helsinki hatten EZB-Chefvolkswirt Philip Lane und andere Euro-Notenbanker am Montag wegen der aus ihrer Sicht unerwünscht tiefen Inflation ihre Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, nötigenfalls gegenzusteuern. Lane sagte unter anderem, Währungshüter sollten an ihrer absoluten Entschlossenheit keinen Zweifel lassen. Seine Aussagen wurden von Ökonomen als Hinweis auf mögliche Lockerungsschritte interpretiert.
FRANKFURT (Dow Jones) / London/Frankfurt (Reuters)
Weitere News
Bildquellen: einstein / Shutterstock.com, Hitdelight / Shutterstock.com