Argentinien kurz vor der Pleite: Warum Experten trotzdem Argentinien-Bonds kaufen
Argentinien droht die Staatspleite - mal wieder. Unter Investmentprofis scheinen Anleihen aus dem südamerikanischen Land aktuell dennoch recht beliebt zu sein.
• Neue argentinische Regierung kann Staatspleite voraussichtlich nicht abwenden
• Argentinien-Bonds bieten sehr hohe Renditen
• Experten wollen von Bewertungsunterschieden profitieren
Am 10. Dezember kommt es in Argentinien zu einem Regierungswechsel. Der wirtschaftsliberale Präsident Mauricio Macri wird vom Mitte-Links-Politiker Alberto Fernández abgelöst. Die bevorstehende Pleite des südamerikanischen Landes wird jedoch auch der neue Präsident wohl nicht abwenden können. "Die Frage ist erst einmal nicht, ob die nächste Regierung ihre Kredite zurückzahlen will - sie wird es nicht können", so Edwin Gutierrez, Chef für Emerging-Market-Anleihen bei Aberdeen Standard Investments, gegenüber der "Neuen Zürcher Zeitung". Zu hoch seien die Schulden des Landes und zu klein der Handlungsspielraum der neuen Regierung. Argentinien dürfte daher die nächste Staatspleite nach 2001 bevorstehen.
Für den Markt ist das keine Überraschung. Das Land ging bereits in der Vergangenheit mehrfach pleite. Dass ein neuer Staatsbankrott bevorsteht, wird allgemein erwartet. Das lässt sich auch an den argentinischen Staatsanleihen ablesen. Denn sowohl die Bonds mit 100-jähriger Laufzeit als auch Papiere, die im kommenden Jahr fällig werden, notieren bei einem Bruchteil ihres Nennwertes und bieten dadurch astronomisch hohe Renditen - weil niemand damit rechnet, dass die Schulden auch tatsächlich bezahlt werden. Bereits in diesem August hat Argentinien die Fälligkeit von kurz laufenden Staatsanleihen verschoben.
Investmentprofis greifen bei argentinischen Staatsanleihen zu
Den Traumrenditen steht also ein Albtraumrisiko gegenüber - und dennoch greifen Anlageprofis bei den Bonds zu. Zum Beispiel Anleihen-Experte Mohamed El-Erian. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Pimco arbeitet heute als Berater für den Allianz-Konzern und hat laut "Citywire" einen Teil seines privaten Portfolios in Argentinien-Bonds investiert. "Als Argentinien ihre 100-jährigen Anleihe zu 7,25% begeben hat, da habe ich gelacht. Vor ein paar Wochen habe ich aber die Anleihe bei rund 30 [Cent je $1 Nennwert] gekauft", sagte El-Erian laut dem Magazin Anfang November auf einer Investorenkonferenz. Aktuell notiert das Papier, das der Investmentexperte aller Wahrscheinlichkeit nach gemeint hat, bei knapp 39 Prozent. El-Erian hat damit also bereits satte Kursgewinne erzielt - anders als die Investoren, die bei Emission der hochriskanten Anleihe tatsächlich bereit waren, dem argentinischen Staat insgesamt 2,7 Milliarden Dollar zu leihen.
Profis sichern Anleihen-Wette ab
Auch andere Profis greifen bei Argentinien-Anleihen zu. So sagte auch Jochen Felsenheimer, Portfoliomanager und Chef des Derivatespezialisten Xaia, gegenüber der "WirtschaftsWoche", dass Argentinien Chancen biete. Bei der Investition in die Anleihen befolgen die Spezialisten von Xaia laut dem Magazin allerdings einige Regeln. "Regel Nummer eins: Keine Anleihen kaufen, die nach argentinischem Recht aufgelegt wurden", erklärte Felsenheimer gegenüber der "WirtschaftsWoche". Stattdessen würden nur Papiere gekauft, die nach ausländischem Recht aufgelegt sind, was bei den meisten Argentinien-Anleihen in Dollar oder Euro der Fall ist. Hier ist die Chance höher, dass Anleger ihr Geld zurückbekommen, wie das Beispiel Griechenland vor einigen Jahren gezeigt hat. Daneben sichern die Xaia-Experten die Argentinien-Anleihen außerdem mit Kreditausfallversicherungen (CDS) ab und investieren zudem nicht mit dem Ziel, die Bonds zu kaufen und zu halten. Stattdessen versuchen sie, von Bewertungsunterschieden zu profitieren.
Aktuell werden bei Xaia laut "WirtschaftsWoche" Anleihen der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires, die über ein besseres Rating verfügt als das Land selbst, mit Argentinien-CDS abgesichert. Die Buenos-Aires-Bonds haben dabei eine Laufzeit bis 2021 und sollen im Juni 2020 zu 50 Prozent zurückgezahlt werden. "Argentinien braucht länger bis zur Pleite, es fällt nicht vorher aus", so die Einschätzung von Xaia-Chef Felsenheimer. Trifft diese Prognose zu, dürfte es ein lukratives Geschäft für den Derivatespezialisten sein. Sollte es doch anders kommen, droht allerdings auch bei dieser Wette ein Totalverlust.
Privatanleger sollten vorsichtig sein
Während die Profis also darauf setzen, trotz der bevorstehenden Staatspleite Argentiniens mit den Anleihen Gewinne zu erwirtschaften, sollten Privatanleger mit solchen Wetten vorsichtig sein. Zum einen benötigt man sehr viel Wissen, um die wirklich aussichtsreichen Bonds und Strategien zu identifizieren, zum anderen werden bei den Anleihen oft hohe Mindestanlagesummen verlangt, während Produkte wie CDS für Privatanleger nicht zugänglich sind. Bei einer Pleite Argentiniens - die nahezu sicher bevorsteht - würden Privatanleger somit also voll ins Messer laufen.
Redaktion finanzen.net
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