Das bedeuten die hohen Anleiherenditen wirklich für den Aktienmarkt
Die zehnjährigen US-Staatsanleiherenditen haben die vermeintlich kritische Grenze von drei Prozent überschritten. Dies lässt die Alarmglocken einiger Marktteilnehmer klingeln. Aber ist die Angst vorm bevorstehenden Crash gerechtfertigt?
Zehnjährige US-Anleihen haben die psychologisch wichtige Marke von drei Prozent überschritten. Nun zerbrechen sich nicht nur Analysten darüber den Kopf, was dies wohl für die Zukunft der Kapitalmärkte und damit auch für die Weltwirtschaft bedeuten könnte. Denn die Drei-Prozent-Marke gilt als ein Niveau, das am Markt vielerorts für gefährlich für Investitionen und die Wirtschaft im Gesamten angesehen wird.
Warum ist die 3-Prozent-Schwelle so brisant?
Die Rendite der zehnjährigen US-Staatspapiere gilt als Benchmark. Unter anderem wird sie dazu herangezogen, um die Preise für diverse Schuldinstrumente auf der ganzen Welt festzulegen. Steigen die Renditen, die sich umgekehrt proportional zum Kurs der Anleihe entwickeln, gehen Marktteilnehmer davon aus, dass die Zentralbanken die Zinsen anheben werden. Dies wiederum bedeutet, dass auf Unternehmen höhere Kosten für Kredite zukommen, was sich im Umkehrschluss auf die Geldmenge auswirkt, die Unternehmen für Investitionen aus- und letztendlich auch an ihre Aktionäre weitergeben können. Dies lässt die Attraktivität von Aktien für Anleger abnehmen. Anleger wiederum haben in diesem Szenario im schlimmsten Fall womöglich sogar selbst weniger Kapital zur Verfügung. Denn die zehnjährige Anleihe wird auch für die Festlegung von Hypothekenzinsen verwendet. Der Milliardär und Anleihen-Investor Jeffrey Grundlach sagte gegenüber CNBC am Montag, dass, sobald die Renditen über drei Prozent steigen, Trader darauf wetten würden, dass die Zinsen noch höher klettern. Dies wiederum werde Öl ins Feuer der Sorgen vor einem Crash und einer potenziellen Finanzkrise gießen.
Kein zwangsläufiges Horrorszenario?
Es gibt jedoch auch vereinzelte Stimmen am Markt, die behaupten, die US-Notenbank habe für Zinserhöhungen noch viel Luft nach oben, ohne dass dies unmittelbar belastende Auswirkungen auf die Märkte habe. Einer dieser Optimisten ist Bill Lain, Head of capital markets beim Broker "Mint Partners". In einem Brief an die Anleger schrieb er am Dienstag: "Bedeuten Renditen von drei Prozent das Ende des Aktienmarktes? Werden Renditen von drei Prozent die Rücksetzung des globalen Marktes und das Ende aller Zeiten auslösen? Natürlich nicht." Die Begründung: "Auch wenn die Fed fünf- oder sechsmal [die Zinsen] anhebt, werden die Zinsen immer noch unter dem langfristigen Trend liegen. Aber die Marktakteure haben es sich in den Kopf gesetzt, dass dreiprozentige zehnjährige Renditen ein aufkommender Sturm und eine drohende Krise bedeuten und dass sie sich Sorgen machen müssen." In diesem Zusammenhang wies Lain auch darauf hin, dass die 10-Jahresrendite in den zehn Jahren vor dem letzten Crash bei fünf Prozent lag. Aus dieser Perspektive betrachtet, sehen dreiprozentige Renditen noch nicht nach Katastrophe aus.
Blick auf die kurzfristigeren Papiere
Interessant ist jedoch auch der Blick auf Anleihen mit kürzeren Laufzeiten. Denn auch die Rendite der zweijährigen Schatzanleihe kletterte am Dienstag auf ein Mehrjahreshoch und knackte erstmals seit September 2008 die Marke von 2,5 Prozent. Die Tatsache, dass die Renditen sowohl bei langfristigen als auch bei Papieren mit kürzerer Laufzeit ähnlich hoch sind, zeigt, dass die Investoren aktuell auch Anleihen mit kürzerer Laufzeit für ähnlich riskant halten, wie die zehnjährigen Papiere. Oder anders gesagt: Die Zweifel, ihr eingesetztes Geld nach zwei Jahren zurückzuerhalten, sind ähnlich hoch wie die, es nach zehn Jahren zurückgezahlt zu bekommen. In einer normal funktionierenden Wirtschaft sind die Renditen von Anleihen mit kürzerer Laufzeit geringer. Der Grund hierfür ist, dass Anleger eine kürzere Laufzeit in der Regel für überschaubarer halten und glauben, besser einschätzen zu können, wie sich der Markt innerhalb dieser Frist entwickeln wird. Die Differenz zwischen langfristigen und kurzfristigen Papieren wird in der sogenannten Zinskurve dargestellt. Flacht diese ab, wenn sich die Renditen von Anleihen mit längerer und kürzerer Laufzeit annähern, gilt dies am Markt allgemein als Vorbote eines Wirtschaftscrashs.
Achillesferse: Hohe Verschuldung bei US-Unternehmen
Auch wenn die aktuelle Anleiherendite der zehnjährigen Papiere historisch gesehen noch nicht besorgniserregend hoch sein könnte - der Grad der Verschuldung der US-Unternehmen ist es. Laut FactSet liegt die Verschuldungsrate der US-Unternehmen aktuell bei 95,5 und damit auf dem höchsten Level seit 1999. Steigen die Zinsen, steigen auch die Kosten für Kredite, was einigen Unternehmen gefährlich werden könnte. Im Februar hatte die Ratingagentur S&P bereits vor einem solchen Szenario und drohenden Insolvenzen bei US-Unternehmen gewarnt. Ob die hohen Anleiherenditen tatsächlich Vorbote eines Wirtschaftscrashs sind, wird sich noch zeigen müssen - spätestens dann, wenn die Zinsen weiter steigen.
Redaktion finanzen.net
Weitere News
Bildquellen: Jirsak / Shutterstock.com, BsWei / Shutterstock.com