Staatsanleihen: Zittern in Argentinien
Mit einem neuen Umschuldungsangebot will sich das Land einem Gerichtsurteil entziehen, demzufolge es alle Gläubiger auszahlen muss.
von Astrid Zehbe, Euro am Sonntag
Gläubigern argentinischer Staatsanleihen stehen ungemütliche Zeiten bevor. Das Land ist unter Druck geraten, nachdem ein Gericht in New York entschieden hat, es müsse seine Gläubiger vollständig auszahlen. Dabei geht es um Bonds, die nach der Staatspleite 2001 nicht mehr bedient werden konnten. 2005 und 2010 bot Buenos Aires seinen Gläubigern an, die Papiere gegen neue Anleihen umzutauschen — unter Verzicht auf einen Großteil ihrer Forderungen. 93 Prozent nahmen das Angebot an und erhielten nach dem Schuldenschnitt lediglich 25 Prozent des ursprünglichen Nennwerts.
Die verbleibenden sieben Prozent der Anleger, darunter vor allem Hedgefonds, welche die Papiere nach der Staatspleite billig gekauft haben, klagen auf eine hundertprozentige Entschädigung. Insgesamt geht es um 1,3 Milliarden Dollar. Ein Gericht in New York, das zuständig ist, weil die Anleihen seinerzeit unter amerikanischem Recht und in Dollar emittiert wurden, hat den Gläubigern nun recht gegeben. Argentinien dürfe keine Zinszahlungen an Besitzer neuerer Anleihen leisten, solange die Altschulden nicht beglichen seien, so das Urteil.
Zwar muss der Oberste Gerichtshof in den USA die Entscheidung noch bestätigen, dennoch wird es für Argentinien eng: Gläubiger, die dem Schuldenschnitt von 2005 zugestimmt hatten, könnten ebenfalls höhere Forderungen anmelden.
Wandel in argentinisches Recht
Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner hat nun erneut angeboten, die noch nicht getauschten Anleihen unter den Bedingungen des Schuldenschnitts von 2010 umzuwandeln. Gleichzeitig will das Land die ausstehenden Anleihen, die amerikanischem Recht unterliegen, in Papiere unter argentinischem Recht tauschen. Auf diese Weise würde sich Argentinien von dem Urteil aus New York befreien. Für die Gläubiger ist dies ein Dilemma. Lehnen sie ab, besteht die Gefahr, gar keine Zahlungen mehr zu erhalten, zumal Cristina Kirchner bereits angekündigt hat, an den von ihr als „Aasgeier“ bezeichneten Hedgefonds keinen Cent auszahlen zu wollen. Stimmen sie der Umwandlung zu, haben sie zwar die Chance auf weitere Zahlungen, allerdings schwindet die Rechtssicherheit.
Der Markt hat die Entwicklungen und die Sorge vor einer erneuten Staatspleite entsprechend quittiert: Die Kosten für Kreditausfallversicherungen für argentinische Bonds sind um 13 Prozent gestiegen — weltweiter Rekord. Anleger sollten derzeit die Hände von Argentinien-Investments lassen. Für Gläubiger, die vor der Entscheidung stehen, einem erneuten Tausch der Bonds zuzustimmen, ist eine anlegerrechtliche Beratung empfehlenswert.