Euro am Sonntag

Wandelanleihen: Kunst der Anpassung

17.01.19 15:00 Uhr

Wandelanleihen: Kunst der Anpassung | finanzen.net

2019 bleibt es wohl turbulent an den Aktienmärkten. Clevere Anleger setzen in einem solchen Umfeld auf Wandelanleihen. Denn diese verbinden Aktienchancen mit anleiheähnlicher Sicherheit.

von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag



Bulle oder Bär - wer wird 2019 die Märkte dominieren? Setzt sich der globale Aufschwung trotz aller Widrigkeiten fort und Aktien steigen weiter? Oder ist die Wirtschaft zu schwach und die Kurse gehen in den Keller? Noch weiß das keiner. Nur so viel scheint sicher: Anlegern steht eine holprige Phase an den Märkten bevor, wie Experten meinen. Aktien sind aus ihrer Sicht nach wie vor die favorisierte Anlageklasse - bei allerdings deutlich gestiegenen Risiken.

Sind damit Anleger, die weniger wage­mutig sind, automatisch außen vor? Keineswegs. Denn mithilfe von Wandel­anleihen können sie von den Kurschancen bei Aktien profitieren, genießen in schlechten Zeiten aber eine anleihe­ähnliche Absicherung. Denn die Convertible Bonds, wie die Papiere auch genannt werden, passen sich selbstständig an das jeweilige Marktumfeld an. Als Faustregel gilt, dass sie Aufwärtsbewegungen des Aktienmarkts zu zwei Dritteln mitmachen, Abwärtsbewegungen aber nur zu einem Drittel.


Eigentlich eine clevere Sache. Trotzdem sind Wandelanleihen nur selten in den Depots von Privatanlegern zu finden. Denn die Papiere sind mit ihrem Mix aus Aktien- und Anleihecharakteristika nicht ganz trivial. Grundsätzlich handelt es sich bei ihnen um festver­zinsliche Wertpapiere, die von Unternehmen begeben werden. Und genau wie herkömmliche Unternehmensanleihen bieten Wandler, so die Kurzform, einen festen Kupon und eine bestimmte Laufzeit. An deren Ende werden sie zu 100 Prozent zurückgezahlt. Auch die Risiken, denen diese Papiere unterliegen, sind dieselben: Der Emittent kann in Zahlungsschwierigkeiten geraten oder pleitegehen. Und das allgemeine Zins­niveau kann steigen, was bei Anleihen generell zu Kursverlusten führt.

Wertvolles Wandlungsrecht

Der Unterschied zu Unternehmensanleihen liegt im Wandlungsrecht: Anleger können die Papiere jederzeit gegen eine vorab festgelegte Anzahl von Aktien des betreffenden Unternehmens umtauschen. Das macht Wandler so ­interessant. Denn steigt der Kurs der Aktie, wird ein Umtausch immer attraktiver. Folglich erhöht sich auch der Kurs der Wandelanleihe.



Im umgekehrten Fall - bei einem sinkenden Aktienkurs - gibt auch der Kurs des Wandlers nach, da ein Umtausch unwahrscheinlicher wird. Dies geht aber nur bis zu der sogenannten Wert­untergrenze, auch Bond Floor genannt. Denn der Anleger hat ja die Sicherheit, am Ende der Laufzeit zumindest den Nennwert der Anleihe zu erhalten (sofern der Emittent nicht pleitegeht). Zudem gibt es noch die Kuponzahlungen.

Bei steigenden Aktienmärkten partizipieren, in schwachen Marktphasen aber nicht allzu viel verlieren - langfristig glänzen Wandelanleihen mit einem hervorragenden Rendite-Risiko-Profil. Von Anfang 2002 bis Ende 2018 erzielten globale Wandelanleihen - gemessen am Index Thomson Reuters Global ­Convertible Bond in Euro - eine Wert­entwicklung von im Schnitt 5,05 Prozent pro Jahr. Die Aktienmärkte weltweit brachten es durchschnittlich auf eine Gesamtrendite von 4,57 Prozent per annum - wenn man den MSCI World Index Euro-hedged als Maßstab nimmt. Dabei waren Wandelanleihen nicht mal halb so volatil wie Aktien (durchschnittlich 7,21 Prozent versus 15,14 Prozent per annum).

Die Vorteile der Anlagegattung könnten sich auch 2019 auszahlen. "Wandelanleihen profitieren von steigender Volatilität an den Märkten", erklärt Stefan Schauer, Fondsmanager des Lupus alpha Global Convertibles. "Das in den Papieren eingebettete Optionsrecht wird dann wertvoller." Auch ein steigendes Zinsniveau sei nicht dramatisch.

"Wandelanleihen reagieren darauf wesentlich weniger als klassische Anleihen", so Schauer. Ein Grund ist, dass Wandler über eher kurze Laufzeiten von in der Regel fünf Jahren verfügen und damit die Zinsänderungsrisiken geringer sind. Dazu kommt im Moment, dass die Anlageklasse günstig bewertet ist. Insgesamt sieht Schauer bei Wandelanleihen derzeit eine "gesunde Marktstruktur". Das globale Volumen bei Wandlern - gut 400 Milliarden US-Dollar - sei stabil.

Zu den Treibern zählten voriges Jahr vor allem technologielastige US-Unternehmen mit vielen Neuemissionen. "Das hängt mit dem höheren Zinsniveau in den USA zusammen", sagt der Fondsmanager. Gerade für Wachstumsunternehmen sind Convertible Bonds ein gutes Instrument zur Finanzierung. Sie zahlen geringere Zinskupons als mit klassischen Unternehmensanleihen. Das ist der Ausgleich für das Recht, die Anleihe in Aktien umtauschen zu dürfen.

Zugang für Anleger über Fonds

So interessant Wandelanleihen sind, so schwierig ist der Markt für Privat­anleger zugänglich. Zum einen sind die Papiere höchst unterschiedlich ausgestaltet und kommen mit dicken Pro­spekten und einer Vielzahl an Klauseln daher. Zum anderen beträgt die Mindeststückelung bei Wandlern in der Regel 100.000 Euro und mehr. Wer sich ein diversifiziertes Portfolio aufbauen möchte, kommt schnell in den Millionenbereich. Und schließlich erfolgt der Handel mit Wandelanleihen in der Regel "over the counter", also außerbörslich und direkt zwischen zwei Parteien.

Faktisch ist die Anlageklasse für Privatinvestoren nur über Fonds zugänglich. Rund 100 Wandelanleiheportfolios sind hierzulande erhältlich. Sie unterscheiden sich etwa in der regionalen Ausrichtung oder in ihrem Risikoprofil.

Die Fondsmanager haben die Wahl, Wandler zu kaufen, die sich eher wie Aktien verhalten oder eher Anleihen ähneln. Eine möglichst breite Aufstellung und ein ausgewogenes Rendite-Risiko-­Profil strebt das Portfolio von Lupus ­alpha an. Die Fondsmanager Marc-­Alexander Knieß und Stefan Schauer suchen weltweit nach attraktiven Papieren. Und sie stellen sicher, dass die Wandler in ihrem Portfolio stets eine hohe Konvexität aufweisen. Das heißt, die Anlagen besitzen höhere Chancen nach oben als Risiken nach unten. Das ist im ausgewogenen Bereich der Fall, wenn die Aktiensensitivität der Papiere - Fachleute sprechen vom Delta - zwischen 0,3 und 0,7 liegt. Ein Delta von 0,5 bedeutet, dass der Kurs des Wandlers um ein Prozent steigt, wenn die Aktie um zwei Prozent zulegt.

Anleger können mittlerweile aber auch mithilfe eines kostengünstigen ETFs in den weltweiten Wandelanleihemarkt investieren (siehe unten). Der Indexfonds, der in US-Dollar notiert, zeigt bisher recht gute Ergebnisse und profitierte im vergangenen Jahr von der Stärke des Greenback. "Der Einfluss von Währungen ist signifikant bei Wandelanleihefonds, die nicht in Euro abgesichert sind", meint Stefan Schauer. Er und Knieß haben das Portfolio gehedgt. "Denn offene Währungen würden das konvexe Profil des Fonds verzerren. Wir hätten dadurch spürbar mehr Schwankungen, und das wollen wir nicht."

Investor-Info

Lupus Alpha Gl. Convertibles
Weltweit und ausgewogen

Seit knapp einem Jahr können Privatanleger in die Wandelanleihestrategie von Lupus ­alpha investieren. Die beiden Fondsmanager Marc-Alexander Knieß und Stefan Schauer (ehemals DWS) bringen viel Erfahrung mit. Sie investieren weltweit in Wandelanleihen mit einem Fokus auf Wachstumsunternehmen. Mit dem Fonds streben sie ein ausge­wogenes Rendite-Risiko-Profil an. Währungsrisiken sichern sie ab, was zuweilen Rendite kostet, aber für geringere Volatilität sorgt.

Franklin Gl. Convert. Sec.
Mit Währungskomponente

Das Portfolio von Franklin Templeton, das 2019 neu in unser Fonds-Musterdepot (siehe Seite 54) gekommen ist, sichert die Währungen seiner Anlagen im Gegensatz zum Lupus-­alpha-Fonds nicht ab. So profitieren Anleger im Idealfall von einem starken Dollar. In dieser Währung notiert ein Großteil der Wandel­anleihen auf dem Markt. Auch im Franklin-­Fonds finden sich aktuell zu rund 60 Prozent US-Papiere. Bei den Branchen dominiert die Informationstechnologie, gefolgt von ­Gesundheit und zyklischen Konsumgütern.

SPDR TR Global Convert. Bond
Passive Alternative

Die State-Street-Tochter SPDR bietet bisher den einzigen ETF, mit dem Anleger auf globale Wandelanleihen setzen können. Seit Auflegung 2014 hat das Produkt schon mehr als 700 Millionen Dollar eingesammelt. Der ETF investiert direkt in knapp 300 Wandelanleihen, am höchsten gewichtet sind Papiere aus den USA. Bisher lieferte der Indexfonds eine überzeugende Wertentwicklung. Von dem Produkt ist seit 2018 auch eine in Euro gehedgte Variante erhältlich (IE 00B DT6 FP9 1).


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