Euro am Sonntag-Spezial

Wandelanleihen: Der Dreh für mehr Rendite

01.09.16 09:30 Uhr

Wandelanleihen: Der Dreh für mehr Rendite | finanzen.net

Die Hybridpapiere aus Aktie und Anleihe spielen gerade in turbulenten Zeiten ihre Vorteile aus. Was Anleger über die Convertible Bonds wissen sollten - und wie sie in diese mithilfe von Fonds investieren können

von Fredy Gilgen und Peter Schweizer, Euro am Sonntag

Was ein Hybrid ist, dürfte den meisten seit dem Aufkommen von Autos mit verschiedenen Antriebssystemen bekannt sein. Dass es Hybride auch im Anlagebereich gibt, ist vielen dagegen weit weniger geläufig. Der Klassiker in diesem Bereich ist die Wandelanleihe, auf Englisch: Convertible Bond.



Dabei handelt es sich um eine festver­zinsliche Anleihe, die sich in eine Aktie (ver-)wandeln kann - zu im Emissionsprospekt exakt festgelegten Konditionen: Dort wird bestimmt, wie viele Aktien ein Investor beim Tausch der Wandelanleihe erhält, wann eine Wandlung möglich ist und zu welchem Preis.

Diese Option ermöglicht Anlegern eine asymmetrische Teilhabe an der Aktienmarktentwicklung. Positive Kursbewegungen am Aktienmarkt wirken sich auf den Preis der Wandelanleihe stärker aus als negative. Als Faust­regel gilt: Aufwärtsbewegungen machen Wandler zu zwei Dritteln mit, Abwärtsbewegungen am Aktienmarkt nur zu einem Drittel. Denn beim Kursrückgang begrenzt der Anleiheteil die Kursverluste - der Bond wird ja am Laufzeitende zu 100 Prozent zurückgezahlt, sofern der Emittent nicht pleite ist.


Beide Elemente zusammen, Kapitalschutz und Teilhabe an Aktienkursgewinnen, ergeben das überdurchschnittlich gute Rendite-Risiko-Verhältnis von Wandelanleihen. Ein Blick auf die vergangenen 20 Jahre zeigt: Seit 1996 haben sich Wandler sowohl besser entwickelt als der Bond- wie auch der Aktienmarkt. Gegenüber Aktien hatten sie zudem auch ein geringeres Risiko.

"Gegenwärtig ist es vor allem die Risikoabsicherung, die für Wandelanleihen spricht", sagt Beat Thoma, Chef­anlagestratege beim Schweizer Vermögensverwalter Fisch Asset Management. Neben dem Brexit sei es insbesondere die ultralockere Geldpolitik der Notenbanken, die zu kaum prognostizier­baren Risiken führe. "Trotzdem sind Wandler gegenwärtig nicht teuer, solche aus dem asiatischen Raum sogar vergleichsweise günstig", sagt Thoma.

Große Dynamik

Der Umtausch einer Wandelanleihe in die Aktie ist nur sinnvoll, wenn der Aktienkurs über dem sogenannten Wandlungspreis notiert. Lohnt sich der Tausch nicht, weil der Kurs niedriger ist als der Wandlungspreis, erhält der Anleger die jährliche Verzinsung und am Ende der Laufzeit den Nennwert der Anleihe zurück. Der Wermuts­tropfen: Die Verzinsung von Wandlern ist in aller Regel deutlich niedriger als die von klassischen Anleihen vergleichbarer Laufzeit und vergleichbarer Emittentenbonität. "Im Normalfall ist sie nur halb so hoch wie bei klassischen Bonds, häufig erreicht sie auch nur rund ein Drittel dieser Verzinsung", sagt Thoma. Die niedrigere Verzinsung sei eben der Preis für das Wandlungsrecht.


Das globale Universum der Wandelanleihen ist im Vergleich mit den Aktien- oder gar den Anleihemärkten verhältnismäßig klein. Der größte Markt für die hybriden Titel sind die Vereinigten Staaten, gefolgt von Europa. Dafür stuft Thoma das Convertible-Universum als dynamischer ein als das der ­Aktien. "Es enthält überdurchschnittlich viele Firmen, die vor einem Wachstumsschub stehen oder die einen Turn­around anvisieren", erläutert der Fisch-­Anlagestratege. Die Erfahrung bestätigt diese Dynamik: In der Vergangenheit trug die Aktienkomponente etwa 80 Prozent zur gesamten Wertentwicklung der Wandler bei.

Laufende Beobachtung

Das Risikoprofil einer Wandelanleihe ändert sich in Abhängigkeit von der Volatilität der zugrunde liegenden Aktie, dem Zinsniveau und der Bonität des Schuldners ständig. Der Kursanstieg der Aktie, auf der eine Wandelanleihe basiert, führt zu einem Kursanstieg der Wandelanleihe. Ist dieser Kursanstieg sehr stark, nimmt das Rendite-Risiko-­Profil der Wandelanleihe den Charakter einer Aktie an. Wegen der ständigen Änderungen ist die laufende Überwachung wichtig. "Es ist notwendig, die Wandler regelmäßig neu zu analysieren und zu bewerten - was viel Handarbeit erfordert", sagt Thoma.

Hohe Mindeststückelung

Wandelanleihen eignen sich speziell für mittel- bis langfristige Investitionen; als typischen Anlagehorizont nennen Experten drei bis fünf Jahre. Der Direktkauf kommt für Privatanleger wegen der hohen Mindeststückelung vieler Papiere kaum infrage. Diese Hürde und die permanent notwendige Beobachtung machen es für Privatanleger ratsam, sich in Wandelanleihen über Fonds zu engagieren (siehe Tabelle). So können sie am Aktienmarkt aktiv sein, ohne dessen volles Risiko in Kauf nehmen zu müssen, und auf eine aktien­ähnliche Wertentwicklung bei geringeren Kursschwankungen setzen.

Im Überblick: Ausgewählte Fonds für Wandelanleihen (PDF)

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