Doppelte Krise: Warum Argentinien trotz Pandemie an der Umschuldung arbeitet
Das Land ist schon in der Rezession, nun kommt die Corona-Pandemie hinzu. Das erschwert auch die Verhandlungen über die vom IWF geforderten Zugeständnisse der Gläubiger.
von Thomas Strohm, Euro am Sonntag
Die weitreichenden landesweiten Ausgangsbeschränkungen sind gerade verlängert worden. Zeitweise hat Argentinien sogar die Grenzen für eigene Staatsbürger geschlossen, die zurück in die Heimat wollten. Die seit Dezember amtierende Regierung versucht mit allen Mitteln, die weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Die Pandemie trifft das Land in einer ohnehin schwierigen Lage - schon seit 2018 befindet es sich in einer Rezession. Mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) wird über die Umschuldung der Kredite verhandelt. Aber auch Anleihegläubiger sollen Zugeständnisse machen.
Der IWF sieht die Schuldenlast des Landes von insgesamt mehr als 300 Milliarden Dollar als nicht tragbar. Kristalina Georgieva, seit 2019 geschäftsführende Direktorin des IWF, hat deutlich gemacht, dass ein Schuldenschnitt bei den Anleihen und ein bedeutender Beitrag der privaten Gläubiger nötig sei.
Bis Ende März wollte der argentinische Finanzminister Martín Guzmán einen Vorschlag dazu unterbreiten. Wegen der Corona-Krise ist es kein konkretes Angebot geworden, am Dienstag hat das Ministerium aber zumindest einige Leitlinien veröffentlicht. Bis zu einem Vorschlag dürften mindestens noch zwei Wochen vergehen, offiziell wurde kein neues Datum dafür genannt.
Die Regierung strebt eine Zeit ohne Zahlungen an. Dies sei nötig, damit sich Argentinien von verschiedenen Schocks erholen könne, die seine Wirtschaft erlitten habe. Ziel sei, die Währungsreserven bis 2024 wieder auf 65 Milliarden Dollar zu erhöhen, als Puffer für künftige mögliche externe Schocks. Die Reserven sanken allein in den vergangenen Tagen nach Stützungsmaßnahmen für den argentinischen Peso um eine Milliarde auf 43 Milliarden Dollar.
Insgesamt sei weiter eine Kombination verschiedener Maßnahmen möglich: neben der zahlungsfreien Zeit auch eine Reduzierung der Zinsen, Verlängerung der Laufzeiten und Herabsetzung des Nennwerts der Anleihen. Zugleich wurde klargestellt, dass es um Papiere in Fremdwährungen wie Dollar, Euro, Franken und Yen im Volumen von umgerechnet 83 Milliarden Dollar geht. Zunächst war von 69 Milliarden Dollar die Rede gewesen. Neben den nach ausländischem Recht emittierten Bonds sollen auch die nach argentinischem Recht begebenen Fremdwährungsanleihen einbezogen werden. Die Börsenkurse der Bonds sind längst eingebrochen.
Staatspleite droht, wieder einmal
Deutsche Anleger, die die Staatspleite 2001 mitgemacht und noch die im Rahmen der Umschuldung 2005 und 2010 ausgegebenen Par- oder Discount-Bonds im Depot haben, müssen sich darauf einstellen, dass sie wieder betroffen sein könnten. Etwas Hoffnung machen ihnen Bondexperten, die auf die Anleihebedingungen verweisen. Bei den Umtauschanleihen sind höhere Zustimmungsraten erforderlich als bei anderen argentinischen Staatsanleihen, damit die Bedingungen im Rahmen der Collective Action Clause (CAC) geändert werden können.
Bei den Umtauschanleihen müssten Investoren zustimmen, die 85 Prozent der Gesamtemission besitzen. Die Änderungen würden dann für alle Gläubiger gelten. Bei aller Hoffnung, das Ganze damit abwenden zu können - ohne umfassende Einigung droht die ungeregelte Staatspleite.
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