EZB: Weidmann bekräftigt Fundamentalkritik an OMT
EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann hat seine grundsätzliche Kritik an der Bereitschaft der Europäischen Zentralbank bekräftigt, im Notfall gezielt Staatsanleihen von Ländern zu kaufen, deren Renditen sie für überhöht hält.
Interessant ist Weidmanns anhaltende Kritik an den Outright Monetary Transactions (OMT) deshalb, weil er als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge von EZB-Präsident Mario Draghi gilt.
Das aktuell laufende APP-Ankaufprogramm findet der Bundesbank-Präsident weniger problematisch, weil die Zentralbanken des Euroraum die Staatsanleihen ihrer eigenen Länder kaufen. Er ist aber gegen eine substanzielle Ausweitung des APP über das zuletzt beschlossene Volumen hinaus, sollte sich die Konjunkturentwicklung wie erwartet fortsetzen. Die gegenwärtige Euro-Stärke sieht Weidmann ebenso gelassen wie die jüngste Korrektur am Aktienmarkt.
"Einige im Euroraum waren skeptisch bezüglich des Ankaufs von Staatsanleihen, und sie werden gehört haben, dass ich mich zu denen zähle", sagte Weidmann laut vorab verbreitetem Redetext bei einer Konferenz der Bundesbank in Frankfurt. Er bezog sich dabei auf den Beifall, den der OMT-Beschluss und später der Beschluss, Staatsanleihen nach EZB-Kapitalschlüssel zu kaufen, vor allem in angelsächsischen Ökonomenkreisen hervorgerufen hatte.
OMT-Streit Ausdruck ernsthafter Meinungsverschiedenheiten
Weidmann sagte, er kritisiere den Ankauf von Staatsanleihen nicht, weil er einfach ein bisschen anders als die Anderen sein wolle. Vielmehr sei diese Kritik Ausdruck ernsthafter Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Fähigkeit der EZB, Preisstabilität zu erreichen. "Ich würde sagen, sie sind substanziell. Der Ankauf von Staatsanleihen durch Zentralbanken geht mit dem Risiko einher, öffentliche Verbindlichkeiten über die Zentralbankbilanzen zu vergemeinschaften", sagte er.
Die EZB hat ihre OMT-Zusage bisher nie umsetzen müssen. Der Europäische Gerichtshof hat OMT prinzipiell für rechtmäßig erklärt, und das deutscher Verfassungsgericht hat sich dieser Lesart nach einigem Zögern angeschlossen.
Die Fähigkeit der EZB, einzelne Staaten unter bestimmten Voraussetzungen vor den Marktauswirkungen ihrer eigenen Finanzpolitik zu schützen, ist seit 2012 eine Säule des wirtschaftspolitischen Handlungsrahmens der Eurozone. Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder, die über eine EZB-Präsidentschaft Weidmanns zu entscheiden haben, werden Weidmanns Äußerungen zum Ankauf von Staatsanleihen mit Interesse lesen.
Die aktuell im Rahmen des APP laufenden Anleihekäufe sollten laut Weidmann nicht länger als nötig fortgesetzt werden, er scheint aber nichts gegen eine Verlängerung des APP über September 2018 hinaus zu haben.
"Substanzielle" Ausweitung des APP nicht notwendig
"Sollte die Expansion wie gegenwärtig erwartet fortschreiten, scheinen substanzielle Nettoankäufe über das angekündigte Ausmaß hinaus nicht notwendig", sagte er. Viele Beobachter rechnen damit, dass die Anleihekäufe ab Oktober mit einem nochmal verringerten Monatsvolumen fortgeführt werden. Bis dahin beträgt das Nettoankaufvolumen 30 Milliarden Euro.
Zum Anstieg des Euro-Wechselkurses sagte Weidmann, dieser scheine den Aufschwung nicht zu gefährden, er sei zumindest teilweise das Ergebnis dieses Aufschwungs. Die EZB werde natürlich genau beobachten, wie sich der Wechselkurs auf die Inflation auswirke. Zudem mahnte der Bundesbank-Präsident zu Gelassenheit angesichts der jüngsten Verluste an den US-Aktienmärkten. Die US-Aktienkurse seien über eine längere Zeit ohne Korrektur gestiegen, was angesichts ihrer hohen Bewertung ungewöhnlich gewesen sei.
FRANKFURT (Dow Jones)
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