Liquidität als systematischer Einflussfaktor mittelständischer Anleihen
Zum Zeitpunkt des Downgrades...
... der US-amerikanischen Kreditwürdigkeit zeigten sich die Kurse mittelständischer Unternehmensanleihen noch vergleichsweise resistent gegen makroökonomische Einflüsse. In den letzten Tagen wurden die systematischen Risikofaktoren dieses Marktsegmentes jedoch augenscheinlich. Die geringen Emissionsvolumina und äußerst kleinteiligen Losgrößen in den Portfolios privater Anleger wirken vergleichsweise negativ auf die Liquidität im täglichen Börsenhandel der Anleihen. Viele Kurse mittelständischer Bonds fielen zuletzt deutlich unter den Emissions- und Nominalwert von 100%. Die rückläufigen Kurse wurden durch sehr geringe Umsätze begleitet. Anleger, welche die Risiken ihrer Portfolios verringern wollen und sich von ihren Papieren trennten, waren mit gestaffelten Kauforders konfrontiert, die deutlich unter den vorherigen Anleihekursen lagen. Bei unlimitierten Verkäufen wurden die Orders zu Kursen ausgeführt, welche dementsprechend unter den Handelskursen der Vortage lagen.
Die Liquidität eines Wertpapiers stellt sich erneut als eine der entscheidenden Einflussgrößen auf einen effizienten Handel heraus, welche von Investoren jedoch häufig nicht ausreichend beachtet wird.
Ähnlichen Symptomen unterlag der Markt für hybride Finanzierungsvehikel im Rahmen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise. Insbesondere im Jahr 2008 setzten ausgewählte Banken den Handel mit eigenen Nachranganleihen zeitweise gänzlich aus und entzogen dem Handelsgeschehen somit die Liquidität. Im Gegensatz zum kleinteiligen Markt für mittelständische Unternehmensanleihen, welcher durch Privatanleger beeinflusst wird, verfügt der Hybridmarkt durch die Interaktion von Banken mit sonstigen institutionellen Investoren und Emissionsvolumina im Umfang mehrerer Milliarden Euro eigentlich über ausreichend Liquidität. Damals lag die Begründung der rückläufigen Handelsaktivitäten vielmehr in der Angst der Banken, das ohnehin dezimierte Eigenkapital nicht weiter zu belasten. Folglich waren Kurse nachrangiger Bankschuldverschreibungen unter 50% des Nominalwertes keine Seltenheit.
Investoren sollten sich bewusst sein, dass die Handelsliquidität eines Wertpapiers durch unterschiedlichste systematische und unsystematische Einflussgrößen determiniert wird und der ehemals liquide Handel von Assets teilweise sehr kurzfristig „austrocknen“ kann.
Das dips Deutsches Institut für Portfolio-Strategien ist die finanzwirtschaftliche Forschungseinrichtung der FOM Hochschule für Oekonomie & Management in Essen. Im Fokus der wissenschaftlichen Arbeit stehen praxisrelevante Problemstellungen des Portfolio-Managements sowie optimierte Index-Konzepte.
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