Baader Bond Markets-Kolumne Klaus Stopp

Die Anleger haben die Qual der Wahl

14.04.11 15:48 Uhr

Die Anleger haben die Qual der Wahl | finanzen.net

In Anbetracht der Tatsache, dass die Emissionsflut an den Kapitalmärkten ungebrochen ist, können ...

... die Investoren aus einer Vielzahl von Produkten wählen. Da gibt es zum einen die Neulinge ohne Rating, die deutlich höhere Zinsen bieten, aber auch die altbekannten Emittenten drängen immer noch auf den Markt, um sich die historisch gesehenen günstigen Konditionen zu sichern. Trotz des starken Rückgangs des Euro-Bund-Future seit Herbst letzten Jahres sind durch die anziehende Inflation viele Unternehmen auf den Plan gerufen worden. Denn die Inflation der nächsten Jahre hilft den Unternehmen bei der Rückzahlung der Schulden. Dies ist sicherlich nicht im Interesse der Anleger, sollte aber nicht unerwähnt bleiben.

In diesem Zusammenhang kommt immer wieder der Hinweis auf die inflationsindexierten Anleihen. Diese Form der Anleihe soll den Investor vor inflationsbedingten Verlusten schützen. Allerdings ist dies nur bedingt möglich, da die von den Behörden berechnete Inflationsrate nichts mit der tatsächlichen Inflation gemein hat.

Vor dem Hintergrund der Euro-Schuldenkrise wurden in der abgelaufenen Handelswoche immer wieder verstärkt Handelsaktivitäten in den Anleihen der PIIGS-Staaten registriert. Hierbei fiel auf, dass sich trotz der Garantieversprechen viele Privatanleger von Anleihen mit geringer Restlaufzeit trennten. Initiiert wurde dies sicherlich nicht zuletzt durch die Diskussion um die Sparverdrossenheit der Griechen und die dadurch aufkommende Forderung nach Umschuldung.

Der Emissionsboom geht weiter

Am Anleihemarkt will der Emissionsboom kein Ende nehmen und die Anleger haben die Qual der Wahl. Einerseits drängen viele Unternehmen an den Primärmarkt, die dort noch nie vertreten waren und bieten interessante Konditionen. Nicht zu vergessen ist hierbei allerdings, dass kein Unternehmen etwas zu verschenken hat und die Refinanzierung am Kapitalmarkt im Vergleich zu den Kreditkosten immer noch günstiger ist. So ist es sicherlich ein Geben und Nehmen zwischen Anleger und Unternehmen.

In dieser Woche platzierte u.a. der Gabelstapler Hersteller Kion Group GmbH erstmals zwei Tranchen (fix und floater) mit einer Laufzeit bis 2018. Das Gesamtvolumen beläuft sich auf 500 Mio. € (325 Mio. € bzw. 175 Mio. €). Die jährliche Verzinsung für die fixe Tranche beträgt 7,875%. Mit B2/B wird das Unternehmen spekulativ benotet.

Aber auch der weltweit größte Anbieter für Personaldienstleistungen Adecco S.A. konnte sich 500 Mio € frisches Kapital beschaffen und dadurch sein Schuldenprofil verlängern. Die Rückzahlung erfolgt ebenfalls in 2018 und das mit einem jährlichen Kupon von 4,75%. Adecco wird mit Baa3/BBB- bewertet.

Eine strukturelle Verlagerung von Bankkrediten zum Kapitalmarkt wagte auch erstmals die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) mit Sitz in Nürnberg. Mit den 200 Mio. € frischen Kapital will das Unternehmen kurzfristige Bankverbindlichkeiten ablösen. Ausgestattet ist die Anleihe mit einem 5,00% Kupon und wird 2016 zurückbezahlt. Die GfK besitzt kein Rating.

Auch der Betreiber für Rechenzentren Global Switch fand Gefallen an der vermeintlich günstigen Mittelaufnahme. Das Unternehmen refinanzierte sich mit 600 Mio. € über den Kapitalmarkt und einer Laufzeit bis 2018. Dafür zahlt das Unternehmen einen jährlichen Kupon von 5,5%.

Griechenland in der Sackgasse

In Griechenland wächst der Unmut der Bevölkerung von Stunde zu Stunde. Tiefe Rezession, steigende Arbeitslosigkeit und das Fehlen von Erfolgsmeldungen nach dem harten Sparkurs lassen die Stimmung bei den griechischen Bürgern kippen. Wie lange kann der Staatsbankrott noch hinausgezögert werden? Kommt es zur Umschuldung oder einer Laufzeitverlängerung? De facto kann es also zum ersten Staatsbankrott in Westeuropa seit 60 Jahren kommen. Die Folgen wären fürchterlich für Banken und Pensionsfonds. Somit versucht man sich mit allen Mitteln dagegen zu stemmen. Fakt ist allerdings, dass neue Sparpakete nicht mehr möglich sind und dadurch nur noch weitere Arbeitsplätze zerstört werden würden. Es ist eine Spirale in Gang gesetzt worden, die immer tiefer in den Abgrund führt. Viele Griechen haben inzwischen resigniert und haben die Einstellung: „Schlimmer kann es nicht mehr werden, lasst es uns zu Ende bringen“ verinnerlicht. Das vehemente Dementieren einer Umschuldung ist für mich kein Beweis, dass diese nicht in Planung ist. Denn auch im Falle Portugals, das stets die Inanspruchnahme des Rettungspakets weit von sich gewiesen hatte, hat sich herausgestellt, dass nur im Hintergrund alles noch vorher unter Dach und Fach gebracht werden musste. Und auch bei einer möglichen Umschuldung könnte dies sehr schnell nach dem gleichen Muster ablaufen. Zeit ist also Geld!

Der Patient lebt noch

Es hat nicht mehr viel gefehlt und es wäre vielen staatlichen Stellen das Geld ausgegangen. Staatsangestellte wären in Zwangsurlaub geschickt worden und Amerikas Außenwirkung hätte massiven Schaden genommen. Mit insgesamt sechs befristeten Nothaushalten wurde die Finanzierung gesichert und auch in diesem Falle hat man nochmals die Kurve bekommen. Dieser Machtkampf zwischen Republikanern und Demokraten war aber nur der Vorgeschmack auf die anstehende Präsidentschaftswahl 2012. Der erste Infarkt wurde zwar in letzter Minute abgewendet, aber bei der anstehenden Anhebung der Defizitgrenze ist man dadurch keinen Schritt weiter. Diese Aufgabe stellt eine echte Herausforderung für den Präsidenten dar. Denn sollte es nicht zu dieser notwendigen Anhebung kommen, versinken die Weltfinanzmärkte im Chaos. Welche Zugeständnisse Barack Obama machen muss, um sich das Wohlwollen der Opposition zu erkaufen, muss abgewartet werden. Es ist ein Ritt auf des Messers Schneide und daher darf bezweifelt werden, dass der amerikanische Präsident in diesen Verhandlungen -im Sinne der Demokraten- ohne Zugeständnisse punkten kann. Somit ist vorbestimmt, dass aus dem einstigen Hoffnungsträger ein wankender US-Präsident wurde, der ohne die Hilfe der Republikaner nicht mehr handlungsfähig ist. Dies ist sicherlich kein gutes Omen.

Iberischer Flächenbrand?

Mit dem formellen Antrag der portugiesischen Übergangsregierung ist die Finanzkrise nicht beseitigt, sondern die Arbeit beginnt jetzt erst richtig. Schätzungsweise werden bis zu 80 Milliarden € zur Stützung Portugals benötigt und die entsprechenden Verträge sollen bis Mitte Mai abgeschlossen sein. Verhandlungen sollen mit allen Parteien geführt werden, damit nicht ein zweites Irland entsteht. In Irland hat zwar die damals amtierende Regierung verhandelt, ist aber anschließend aus dem Amt gewählt worden und die neue Regierung hatte die Idee nachzuverhandeln. Damit das nicht nochmals passiert, hat man beschlossen, mit der Übergangsregierung und der sich den Sparplänen verweigernden Opposition eine gemeinsame Strategie zu entwickeln. Nur so kann das Ergebnis auf soliden Füßen stehen. Die Lage der Dinge ist aber nicht einfach, denn erst am 5. Juni wird gewählt und trotz der Bekundung, dass die im April und Mai fälligen Anleihen bereits refinanziert sind, kommt es bereits am 15. Juni zum Schwur der Investoren.

Wie aber steht es um Spanien? Weiterhin ist der offizielle Tenor, dass es keinerlei Hinweise auf ein spanisches Hilfeersuchen gibt. Rettung naht aus China, denn die Chinesen wollen sich wieder als Retter Europas in Szene setzen. Auch beim Umbau der spanischen Banken will der „Devisenreserven-Kaiser“ helfen. Dem geneigten wirtschaftsaffinen Leser wird allerdings schon aufgefallen sein, dass die mit Häfen ausgestatteten Schuldenstaaten sich stets auf China verlassen können. Ohne Hintergedanken macht das der Chinese nicht. Dieser Wesenszug ist uns Deutschen nicht unbekannt, denn auch wir nehmen vielerlei Anstrengungen in Kauf, um den Euro zu retten. Die Chinesen bauen ihre Brückenköpfe in Europa aus und erzielen nebenbei noch eine Risikostreuung bei der Anlage ihrer riesigen Devisenreserven. Ob dadurch Spanien dem Dominoeffekt entkommen wird, kann heute noch nicht beantwortet werden. Ein Fall Spaniens wäre sicherlich ein Finanz-Gau und dadurch würde die Schuldenkrise eskalieren. Vorerst kann das Urlaubsland Spanien von den Unruhen in Nordafrika profitieren und erhält somit eine Finanzspritze der besonderen Art. Man darf gespannt sein, wann die nächste Welle losgetreten wird.

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Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de

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