Regierungskrise sorgt für Ausverkauf bei Portugals Staatsanleihen
An den europäischen Anleihemärkten ist die Euro-Schuldenkrise mit Wucht zurückgekehrt.
Die Kurse portugiesischer Staatsanleihen gerieten am Mittwoch infolge der schweren Regierungskrise in Lissabon massiv unter Druck. Im Gegenzug stieg der Zinssatz für richtungsweisende zehnjährige Anleihen erstmals im laufenden Jahr wieder über die Marke von sieben Prozent. Portugal steht derzeit unter dem Euro-Rettungsschirm und ist deswegen nicht auf die Kreditaufnahme am Anleihemarkt angewiesen. Allerdings will sich das Land im Laufe des nächsten Jahres wieder selbständig refinanzieren. Die hohe Nervosität der Anleger zeigt, wie stark das Vorhaben von der politischen Stabilität abhängt.
Im Vormittagshandel sprang die Rendite zehnjährigen Papiere Portugals in der Spitze um deutlich mehr als einen Prozentpunkt auf bis zu 7,77 Prozent. Das ist der höchste Wert seit Mitte November vergangenen Jahres. Allein seit Ende Mai hat sich die Rendite um mehr als zweieinhalb Prozentpunkte erhöht. Allerdings geht die Entwicklung auch auf allgemein höhere Marktzinsen infolge der geldpolitischen Wende in den USA zurück. Dennoch sind die Renditen portugiesischer Anleihen seither so stark gestiegen wie zuletzt Anfang 2012. PORTUGALS REGIERUNG VOR DEM AUS
Auslöser für den aktuellen massiven Renditeanstieg sind Rücktritte wichtiger Minister in der Regierung von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho. Die Mitte-Rechts-Regierungskoalition steht nach gut zwei Jahren vor dem Aus: Nur einen Tag nach dem Rücktritt von Finanzminister Vítor Gaspar stellte am Dienstag Außenminister Paulo Portas sein Amt zur Verfügung. Anleihe-Experten der Commerzbank sprachen von "Chaos", das einen "äußerst negativen Nachgeschmack hinterlassen dürfte".
Nach Einschätzung der Commerzbank-Experten zeigt der rasante Anstieg der Zinssätze die größte Schwäche des Anleihekaufprogramms der Europäischen Zentralbank (EZB). Seit Mitte 2012 hatte die EZB mit dem sogenannten OMT-Programm die Panik an den Anleihemärkten eindämmen können. Es folgte ein starker Rückgang der Renditen. "Damit der OMT-Ball aber weiter fliegt, müssen die Regierungen mitspielen", heißt es bei der Commerzbank. Grund: Die EZB knüpft die Aktivierung des OMT an Reformen und Ausgabendisziplin - und damit letztlich an stabile politische Verhältnisse.
GRIECHENLAND VERSTÄRKT NERVOSITÄT
Neben Portugal sorgt die Lage im Krisenland Griechenland für zusätzliche Nervosität bei den Anlegern. Hier machen die öffentlichen Geldgeber Druck, weil es bei der Umsetzung vereinbarter Reformen hapert. Zudem kommt die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) angestoßene Debatte um eine abermalige Schuldenerleichterung für Athen nicht aus den Schlagzeilen.
Neben portugiesischen Anleihen gerieten auch Schuldpapiere der Euro-Krisenländer Spanien und Italien unter Druck. Die Rendite für zehnjährige Papiere aus Spanien stieg um 0,13 Prozentpunkte auf 4,74 Prozent, die Rendite italienischer Titel erhöhte sich um 0,12 Prozentpunkte auf 4,55 Prozent. Dagegen profitierten die als besonders sicher geltenden deutschen Bundesanleihen von der angespannten Lage. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe sank deutlich um 0,07 Prozentpunkte auf 1,63 Prozent./jkr/bgf
LISSABON/FRANKFURT (dpa-AFX)