Die Überraschungen des Jahres 2010!
Wer hätte das erwartet?
Das erste Halbjahr 2010 war geprägt von mehreren, überraschenden Entwicklungen. Noch zu Beginn des Jahres fürchteten sich fast alle Anleger – wegen der hohen Verschuldung der Vereinigten Staaten - vor einem schwachen US-Dollar und anziehenden Zinsen im Euroraum. Es kam ganz anders. Zeit für eine Zwischenbilanz.
Die „PIIGS-Krise“ kam völlig überraschend
Die Krise um die südeuropäischen Staaten zuzüglich Irlands (PIIGS) hat die Finanzmärkte regelrecht überrumpelt. Der Euro ist massiv abgestürzt. Parallel zu dieser Entwicklung setzte eine Flucht in Staatsanleihen der so genannten „Hartwährungsländer“ – allen voran Deutschland – ein. Die Renditen der deutschen Bundeswertpapiere sind in der Folge auf neue Rekordtiefs gefallen.
Typisches Muster nach dem Ende eines Bärenmarktes
Wir erleben in dieser wirtschaftlichen Erholung das typische Verhaltensmuster nach dem Ende der letzten Bärenmärkte: Auch 2004 war beispielsweise die Skepsis noch immer extrem hoch. Niemand traute den Aktienmärkten eine weit reichende Erholung zu. Auch damals wurden auf die schlechten Wirtschaftszahlen der letzten Monate, die schwachen Ausblicke der Unternehmen, die steigende Arbeitslosigkeit und die wachsenden Probleme der Unternehmen verwiesen. Die Märkte drehten trotzdem. Fast alle damaligen Prognosen haben sich in der Folge als zu pessimistisch heraus gestellt. Auch damals haben die Notenbanken weltweit gegen die Krise angekämpft und mit einer expansiven Geldpolitik die Märkte stabilisiert. Dies wird auch in den kommenden Monaten der Fall sein. Das alte Sprichwort: „Never fight the FED“ wird erneut – wie auch in 2003 – von fast allen Marktteilnehmern ignoriert. „Diese Krise ist mit nichts vorher Dagewesenem vergleichbar“ ist immer wieder zu hören und lesen. „Nie war es angeblich so schwer Geld anzulegen“ vernimmt man oft. Wir halten das Gegenteil für wahrscheinlich. Wir sollten einen typischen Bärenmarkt, gepaart mit einer Rezession durchlaufen haben. Der im März 2009 gestartete Bullenmarkt wird dabei – wie fast immer – übersehen. Die aktuelle „Mauer der Angst“ ist hoch. Viel Platz für die globalen Aktienmärkte an dieser Mauer empor zu klettern. Derzeit befinden wir uns an der Schnittstelle zwischen der „liquiditätsgetriebenen“ und „fundamentalen“ Phase des Bullenmarktes. Dies sorgt für diese typische Verunsicherung unter den Investoren.
Die Zinsentwicklung ist eine der großen Überraschungen 2010
Niemand hatte das für 2010 erwartet: Die kurzfristigen Zinssätze verharren noch immer weltweit nahezu an der Null-Linie. Die Renditen haben nahezu weltweit neue Rekordtiefs erreicht! Das Dilemma der letzten Monate bleibt dabei natürlich bestehen: Höhere Renditen sind nur in langen Laufzeiten und bei Anlagen mit niedriger Bonität zu finden. Die „Subprime-Zinsen“ der Banken aus dem Herbst 2008 sind nahezu ausgelaufen. Der EONIA schwankt in diesen Tagen gewöhnlich unter 0,50 %. Lediglich kleinere und befristete Ausschläge nach oben sind bisher zu verzeichnen. Viel höher werden Ihre Tages- und Festgelder für größere Beträge kaum noch verzinst.
Die Zinsen liegen auf historisch niedrigem Niveau. Bei Laufzeiten ab zehn Jahren erzielen Sie Renditen um 2,25 % (vor Steuern!). Laufzeiten bis zu fünf Jahren rentieren unter 1,5 %! Wenn Sie sich diese tiefen Zinssätze langfristig „sichern“ und in diese Falle tappen - wird es Ihnen in den nächsten Jahren sicher nicht gelingen, einer sich am Horizont bereits abzeichnenden Inflation zu trotzen! (In der Grafik haben wir die Erwartungshaltung (grün und wohlgemerkt zum Jahresende 2010) mit den bisherigen Ergebnissen (gelb) verglichen).
Man fürchtet sich vor Staatsschulden und investiert genau dort
Die Situation bleibt vordergründig paradox. Während die Staatsschulden weltweit in einem nie dagewesenen Ausmaß ansteigen, werden die neu aufgenommenen Schulden weiter von den Märkten zu rekordtiefen Renditen „absorbiert“. In vielen Gesprächen mit unseren Kunden und Interessenten hören wir diese Tendenzen heraus: Man fürchtet sich vor den ausufernden Staatsschulden und einer hohen Inflation als Folge. Gleichzeitig will man aber in den „sicheren Hafen“ Staatsanleihen investieren. Damit kauft man ironischerweise natürlich genau diese neuen Schulden, vor denen man sich so fürchtet. Das ist in der Tat paradox!
Die wichtigste Frage der kommenden Jahre wird sein, ob man weiterhin Banken und Staaten sein Geld zu Minizinsen leihen will oder ob eine verstärkte Investition in erstklassige, global aufgestellte und wachstumsstarke Unternehmen nicht die bessere Alternative darstellt.
Im Jahresverlauf 2010 hat die Verschuldungskrise um Griechenland und Spanien einen weiteren Höhepunkt erreicht. Viel Geld ist dabei in den „sicheren Hafen“ deutscher Staatsanleihen geflossen und hat die Renditen weiter abstürzen lassen. Die Umlaufrendite hat mit 1,97 0.000000e+00in neues - noch zu Jahresbeginn kaum für möglich gehaltenes - Rekordtief erreicht. Nie war dieses Verhältnis für Neuanlagen unattraktiver! Die andere Seite der Medaille: Deutschland kann seine Verschuldung damit wesentlich günstiger refinanzieren. Dies geschieht in einer Größenordnung, die unser geplantes „Sparpaket“ deutlich übersteigt. Die Entwicklung an den Aktienmärkten nimmt dies - wie immer - bereits vorweg!
Der Euro am Ende?
Das aktuelle Kursniveau kommt für viele Marktteilnehmer und Analysten völlig überraschend. Kaum jemand ging zu Jahresbeginn von einer deutlichen Euro-Schwäche aus. Angst vor einem fallenden Dollar war dagegen weit verbreitet. Deshalb ist auch die Aufregung so groß. Viele Investoren wollten sich Anfang des Jahres noch gegen die vermeintlichen Risiken des US-Dollars absichern. Heute hat sich diese Situation schlagartig verändert. Die so genannte Euro-Krise – die Angst um unser Geld - stellt alle anderen Wirtschaftsnachrichten in den Schatten. Niemand hatte den Absturz des Euros antizipiert. Auch bei den Zinsen ging die Mehrheit der Marktteilnehmer von einem Anstieg aus. Der Absturz der Renditen kam dabei völlig überraschend.
Erwartungen vom Jahresanfang und heute
Die tatsächliche Entwicklung sieht ganz anders als erwartet aus. Wir haben zu verschiedenen Basiswerten eine Umfrage - zu Jahresbeginn und vor wenigen Tagen erneut - unter Investoren durchgeführt. Während man zu Jahresbeginn bei den Aktien eine moderat positive Erwartungshaltung hatte, wurde der Goldanstieg unterschätzt. In der Grafik haben wir die Erwartungshaltung (grün und wohlgemerkt zum Jahresende 2010) mit den bisherigen Ergebnissen (gelb) verglichen:
In den nachfolgenden Grafiken haben wir die Ergebnisse unserer aktuellen Juli-Umfrage (gelb) mit den älteren Ergebnissen der Umfrage vom Jahresanfang (grüne Balken) verglichen.
Es fällt auf, dass die überraschenden Entwicklungen folgerichtig Spuren in der neuen Erwartungshaltung hinterlassen haben. Beim Euro und den Zinsen erwartet man nun deutlich geringere Werte als am Jahresanfang. Beim Gold hat sich die Erwartungshaltung trotz des deutlichen Anstiegs eher abgeschwächt. Eine Preisblase wird anscheinend – heute mehr als zu Jahresbeginn - befürchtet.
Bei den Aktienmärkten hat man lediglich die Erwartungshaltung um die Ergebnisse des ersten Halbjahres „verschoben“. Vor allem beim im ersten Halbjahr sehr schwachen Euro-Stoxx-50 wird dies deutlich.
Fazit
Die Angst geht wieder einmal um. Viele Analysten malen Horrorszenarien an die Wand. Ein erneutes Abgleiten in die Rezession (Double Dip) wird befürchtet. Positive Faktoren werden ignoriert. Gute Wirtschaftsdaten werden angezweifelt. Wir sehen viel Angst und parallel viel Liquidität. Täglich sprechen wir mit Interessenten und Kunden bei denen diese Situation auch anzutreffen ist: Viele Zweifel - Skepsis, Angst und hohe liquide Mittel auf Tages- und Festgeldkonten bzw. in kurz laufenden Anleihen. Das ist der Stoff aus dem Bullenträume sind. Die hektische Seitwärtsbewegung des ersten Halbjahres 2010 kommt für uns nicht überraschend. Der von uns in der Jahresprognose skizzierte Vergleich zu 2004 passt weiter hervorragend.
Ich kann Ihnen an dieser Stelle nur einmal mehr empfehlen, Zeitungen oder Nachrichten aus dem Sommer 2004 zu sichten. Sie werden staunen, wie sehr sich die damaligen Prognosen und Einschätzungen mit den heutigen Befürchtungen decken. Erstaunlich - und alles andere als negativ zu bewerten! Wir bleiben für den weiteren Jahresverlauf 2010 und auch etwas darüber hinaus sehr optimistisch. Die in unserer Jahresprognose 2010 aufgestellten Vorhersagen sind bisher erstaunlich genau nach Plan verlaufen.
Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen/Disclaimer unter www.gruener-fisher.de.
Thomas Grüner ist Firmengründer und Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments GmbH. Seine oft dem allgemeinen Marktkonsens entgegen stehenden Prognosen sorgten schon mehrfach für großes Aufsehen. Weitere Informationen unter http://www.gruener-fisher.de.
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