Polen: Rechter Kursrutsch
26.01.16 09:30 Uhr
Die Politik der polnischen Regierung verunsichert Investoren. S & P senkt die Note und warnt vor weiteren Schritten. Der Druck auf den Zloty bleibt groß.
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von Thomas Strohm, Euro am Sonntag
Anleihen, Währung, Aktien - polnische Kurse sind auf Talfahrt. Viele hatten vor der Parlamentswahl im Oktober schon Schlimmes befürchtet, sollte die nationalkonservative PiS die Macht übernehmen. Wie schnell die Partei von Jarosław Kaczyński den Rechtsruck vollzogen hat, überraschte dennoch.
Besonders skeptisch wird zum einen die Justizreform mit ihren neuen Regeln fürs Verfassungsgericht beäugt, Kritiker sehen die Gewaltenteilung in Gefahr. Zum anderen das neue Mediengesetz, das die Pressefreiheit bedrohe. Die EU hat darum, zum ersten Mal überhaupt, ein Verfahren eingeleitet, um zu überprüfen, ob ein Mitgliedsland noch ein Rechtsstaat ist.
Polens Ministerpräsidentin Beata Szydło wies die Kritik vorige Woche im Europa-Parlament in Straßburg erwartungsgemäß zurück, das Verfahren sei unberechtigt. Mit Sanktionen der EU gegen Polen - möglich wäre der Entzug von Stimmrechten - ist aber sowieso nicht zu rechnen. Das müssten die Mitglieder einstimmig beschließen und Ungarns Premier Viktor Orbán hat klargemacht, dass er dies blockieren würde.
Eine Herabstufung durch die Ratingagenturen kann ein Veto aus Budapest nicht verhindern. S & P hat Freitag vor einer Woche Polens Note um eine Stufe gesenkt - Ausblick negativ. Die Talfahrt der Kurse wurde dadurch beschleunigt: Devisen-, Anleihekurse und Aktienkurse gaben zeitweise noch mal massiv nach.
Staatsanleihen in polnischer Währung haben nun ein "A-", Papiere in Euro oder Dollar ein "BBB+". S & P begründete das Urteil damit, dass die Unabhängigkeit wichtiger Institutionen geschwächt worden sei. Und die Regierung könnte nun versuchen, auch Einfluss auf die Notenbank zu erlangen. Dann würde Polen eine weitere Herabstufung drohen, warnt S & P.
Mit dem schlechteren Rating werden neue Schulden für Polen teurer. Die PiS hat die Wahl auch mit Versprechen gewonnen, deren Umsetzung kostspielig wird. Bisher steht der Staat bei der Verschuldung indes gut da: Das Haushaltsdefizit ist geringer als das Wirtschaftswachstum, die Gesamtschulden betragen nur 51 Prozent des BIP. Mit dem Verlust des Investment-Grade-Ratings rechnen Analysten nicht. Die gesunkenen Anleihekurse könnten so eine Kaufgelegenheit sein - ein Zahlungsausfall Polens bleibt unwahrscheinlich.
Allerdings sollten Anleger zu Bonds in Euro oder Dollar greifen, denn der Druck auf den Złoty dürfte anhalten. Die Notenbank könnte bald den Leitzins senken, der bei 1,5 Prozent steht. Das ist politisch gewollt, um für weiteres Wachstum und sinkende Arbeitslosenzahlen zu sorgen. Aufgrund negativer Inflation wäre der Schritt trotz guter Konjunktur aber auch geldpolitisch zu rechtfertigen.
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