Gewitterwolken über Euroland
Seit diesem Wochenende ziehen wieder dunkle Wolken über Euroland.
War das Wahlergebnis in Frankreich wie erwartet ausgefallen, so ist das Ergebnis aus Athen Wasser auf die Mühlen der Euroskeptiker. Es ist aber Fakt, dass durch die jetzigen Mehrheitsverhältnisse keine politische Stabilität erreicht werden kann und alles auf erneute Neuwahlen hindeutet. Nur auch bei der nächsten Volksbefragung, die auch wieder Unsummen an Geld verschlingen wird, dürfte das Ergebnis nicht wesentlich anders ausfallen. Es herrschen Chaos-Tage in Griechenland und es ist kein Ende in Sicht! Einerseits ist es verständlich, dass nach solch tiefen Einschnitten die Stimmung innerhalb der Bevölkerung weiter kippt und sie kein Vertrauen mehr in die bisher politisch handelnden Personen hat. Andererseits macht es aber auch keinen Sinn, heute seitens der EU 5,2 Mrd. € an ein Land zu überweisen, dessen zwischenzeitlich mit der Regierungsbildung beauftragter Chef der linksradikalen Syriza-Partei vollmundig die Aufkündigung der Sparzusagen vertritt. Das ist für keinen Staatsbürger in Euroland nachvollziehbar! Dabei tröstet auch nicht der Gedanke, dass mit diesen Geldern unter Umständen die heimischen Banken stabilisiert werden. Es ist generell ein falsches Zeichen und ein mehr als unglücklich gewählter Auszahlungstermin. Ohne diese Tranche wäre Griechenland wohl bankrott, aber dennoch wird kurzfristig darüber zu entscheiden sein, ob diese Auszahlung verschoben werden muss. Die Angst vor einer ungeordneten Insolvenz Griechenlands wird uns noch lange erhalten bleiben. Am 15. Mai steht ein Floater im Volumen von 450 Mio. € zur Rückzahlung an. Das könnte ein erstes Zeichen Athens pro oder contra der Eurotreue sein. Noch ist keine neue Regierung bestellt und somit das angekündigte "Rückzahlungsmoratorium" nicht in Kraft. Dennoch ist die Zukunft Eurolands wieder völlig offen und sowohl Italien, Portugal als auch Spanien sind unverzüglich in Sippenhaft genommen worden.
Hat Athen den Mut zum Inkasso?
Steuerehrliche Bürger braucht das Land
Die Voraussetzungen für eine Stabilisierung Griechenlands sind denkbar ungünstig. Was Griechenland fehlt, ist ein klares Konzept einer neuen Riege von Politikern. Diese muss sich von den Vorgängern abgrenzen und der Bevölkerung klare Perspektiven aufzeigen. Ein Schuldenmoratorium ist nicht der richtige Weg. Arbeit muss sich wieder lohnen. Diese Krise wird nicht mit Geld anderer Eurostaaten besiegt, sondern mit Mut und Zuversicht der eigenen Bürgerinnen und Bürger. Griechenland ist sanierbar, aber dazu müssen die Sümpfe ausgetrocknet werden. Steuerehrliche Bürger braucht das Land. Für diejenigen Staatsbürger, die das nicht sein wollen, sind die bereits vorhandenen Gesetze ohne Rücksicht auf Verluste anzuwenden. Mit den geschuldeten Steuern wäre Griechenland fast schuldenfrei. Bisher scheuen sich die Politiker davor und man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass dies aus Eigeninteresse erfolgt. Die Rettung Griechenlands erinnert immer mehr an die Rettung eines Ertrinkenden. Wenn dieser nicht bereit ist gerettet zu werden, wird er zur Gefahr für seine Retter! Diese Hängepartie ist eine Zumutung für alle Euroländer, denn alle Ideen, wie ein europäisches Protektorat oder die Begebung von Zweckanleihen (Vorreiter der ungeliebten Eurobonds), sind keine echten Lösungen der Probleme. Das Mutterland der Demokratie muss sich selbst finden und dazu ist auch der Austritt aus dem Euro in Erwägung gezogen werden. Es muss eine Entscheidung her!
Kompetenzübertragung nach Brüssel?
Linksruck in Euroland
Die beiden Wahlen in Frankreich und Griechenland zeigten eine Verschiebung der politischen Kräfteverhältnisse nach links. Das Kreuz auf dem Wahlzettel war auch das Ja zu mehr Staatsverschuldung statt eines kompromisslosen Sparkurses. Wer glaubt, dass dies Einzelfälle waren, sieht sich durch die kommunalen Teilwahlen in Italien getäuscht. Etwa 9 Mio. Italiener, das entspricht etwa 20% der italienischen Wahlberechtigten, verschafften der Forza Italia, der Partei des ehemaligen Präsidenten Silvio Berlusconi und der rechtspopulistisch Lega Nord eine verheerende Niederlage. Dieser Wahl wird deswegen eine so hohe Bedeutung beigemessen, weil es die erste Wahl nach Silvio Berlusconis Rücktritt und dem Amtsantritt Mario Montis im November 2011 war. Nicht wenige Experten halten eine derartige Verschiebung nach links auch bei der nächsten Bundestagswahl in Deutschland für möglich. Allerdings wird die Bundeskanzlerin unter der Voraussetzung, dass es keine vorgezogenen Neuwahlen in Deutschland geben wird, erst 2013 an ihrer Politik der Krisenbewältigung gemessen. Bis zu diesem Zeitpunkt wird noch viel passieren und die Deutschen werden dann gefühlsmäßig darüber abstimmen, wie sie ihre Zukunft sehen. Rosarot oder pechschwarz? Allerdings kann jetzt schon konstatiert werden, dass das nationale Gedankengut immer mehr in den Vordergrund tritt. Diesem Trend wird eventuell seitens der Politik mittels einer Kompetenzübertragung an Brüssel entgegengewirkt. Ob ein solcher Schritt von allen Bürgern begrüßt werden würde, darf allerdings bezweifelt werden. Ein von oben per Gesetz verordnetes Zusammengehörigkeitsgefühl! Das kann nicht gut gehen.
Grossinvestoren reagieren verschnupft
Ist Deutschland der Einäugige unter den Blinden?
Vor Fehlern sind auch große renommierte Investoren nicht gefeit. Zuletzt hat es den weltweit größten Staatsfonds, den norwegischen Ölfonds (Statens pensjonsfond), erwischt. Wie viele deutsche Privatanleger hat auch dieser mit Anleihen Griechenlands viel Geld verloren. Norwegen sprach sich sicherlich nicht zuletzt deshalb gegen einen "Hair Cut" aus. Aufgrund der rückwirkenden Collective-Action-Klauseln, die von den Griechen nachträglich eingebaut wurden, musste der Fonds bei seinen Hellas-Bonds im ersten Quartal 2012 Abschreibungen von rund 500 Mio. € hinnehmen. Diese nachträgliche Änderung hat aber auch viel Vertrauen in die Zuverlässigkeit europäischer Staaten zerstört und das wurde nun erstmals laut ausgesprochen. Aufgrund der Befürchtung, dass andere Problemstaaten dem griechischen Vorbild folgen werden, verkaufte der Fondsmanager Yngve Slyngstad den gesamten Bestand an portugiesischen und irischen Staatsbonds. Aber auch Staatspapiere anderer Staaten wie Spaniens und Italiens wurden massiv reduziert und Neuinvestitionen in Anleihen Brasiliens, Mexikos und Indiens getätigt. Politiker müssen endlich verstehen, dass ohne Investoren das ganze Kartenhaus in sich zusammenbricht. Auch Deutschland profitiert bei der negativen Realverzinsung von den Problemen der anderen Staaten. Ist Deutschland also nur der Einäugige unter den Blinden?
Euro-Bund-Future in neuen Sphären.
Future bei 100%. Ist das nochmals möglich?
Die nachhaltige Unsicherheit über die Fortsetzung der vor zehn Jahren begonnenen „Erfolgstory Euro“ hat das „Sorgenbarometer“ Euro-Bund-Future in neue Höhen katapultiert. Mit 143,03% wurde knapp die psychologische Marke von 143,00% überschritten. Dieses Level entspricht einer Rendite für zehnjährige Bundesanleihen von ca. 1,5%. Somit könnte man sich jetzt zurücklehnen und sagen: „Ziel erreicht!“ Aber so einfach wird es nicht funktionieren. Die politische und wirtschaftliche Unsicherheit wird diesen Monat prägen und somit sind auch neue Fluchtbewegungen in deutsche Staatsanleihen vorstellbar. Daher richten sich die Blicke der Rentenhändler weiter nach oben und Rückschläge beim Euro-Bund-Future werden im Zweifelsfall für Zukäufe genutzt. Denn keiner weiß wie diese Krise enden wird, aber eines ist gewiss: Die Welt wird nie wieder wie früher sein. Den Euro-Bund-Future werden wir erst dann wieder bei 100% sehen, wenn auch Deutschland niemand mehr Geld leihen wird oder wir den Kupon mit einer Vorlaufzeit von neun Monaten massiv nach unten anpassen. So bereits vor vielen Jahren beim 30-jährigen Future geschehen.
In solchen Zeiten kann man lediglich die Charttechnik zu Rate ziehen. Nach unten sind die Hochs vom 23. und 27. April bei 141,37% als starke Unterstützung anzusehen und nach oben gibt es keine echten Widerstände mehr. Lediglich die zugrundeliegenden Renditen bilden solche Marken aus.
Staatsanleihen und sonstige Neuemissionen
Neue Bobl bei 0,56%
In dieser Woche hat die Europäische Zentralbank (EZB) im Rahmen eines siebentägigen Refinanzierungsgeschäfts dem Geldmarkt unverändert 214,0 Mrd. € entzogen. Dieser Betrag entspricht der Summe der -im Rahmen des Ankaufprogramms- abgewickelten Transaktionen. Die EZB ist die achte Woche in Folge nicht am Kapitalmarkt aktiv gewesen. Somit erhielt die EZB von 74 Instituten (Vw.: 58) Gebote über 441,270 Mrd. € (Vw.: 389,405 Mrd. €). Der gewogene Durchschnittssatz betrug unverändert 0,26%.
In den USA wurden in dieser Handelswoche den Investoren Wertpapiere mit unterschiedlichen Laufzeiten zum Kauf angeboten. Dabei handelte es sich um 30 Mrd. US-Dollar als 4-Wochen-, 30 Mrd. US-Dollar als 3-Monat-, 28 Mrd. US-Dollar als 6-Monat-T-Bills, sowie 32 Mrd. US-Dollar als 3-Jahre-, 24 Mrd. US-Dollar als 10-Jahre- und 16 Mrd. US-Dollar als 30-Jahre-T-Bonds.
Der EFSF konnte 2 Mrd. € als 3-Monats-Geldmarktpapier zu 0,1729% Rendite platzieren. Darüber hinaus wurden in dieser Handelswoche Altemissionen Österreichs (A1ASCX / 2017; A1GZRQ / 2022) und der Niederlande ( A1G0P3 / 2022 ) aufgestockt. In Deutschland wurde gemäß Emissionskalender die neue 5-jährige Bundesobligation Serie 163 (114163) den Anlegern im Tenderverfahren offeriert. Die mit einem Kupon von 0,50% ausgestattete Obligation wurde bei einer 1,4-fachen Überzeichnung mit einer Durchschnittsrendite von 0,56% zugeteilt. Im April lag diese noch bei 0,8%. Bei der Bondauktion konnte die Bundesrepublik Deutschland 4,032 Mrd. € einnehmen. Das Emissionsvolumen beträgt einschließlich der Marktpflegequote insgesamt 5 Mrd. €.
Währungsanleihen
Die zwei Seiten der Medaille
Das Wahlergebnis in Frankreich ließ den Euro kalt. Was ihn allerdings ins Taumeln brachte, war das Ergebnis aus Athen. Gegenüber dem US-Dollar fiel der Euro unter die Marke von 1,30 und markierte mit 1,2910 ein neues 15-Wochen Tief. Aber im Vergleich zu anderen Alternativwährungen konnte die Gemeinschaftswährung sogar zulegen. Beispielsweise gegenüber dem südafrikanischen Rand wurde bei 10,4092 ein neues 3-Wochen-Hoch herausgebildet.
Im Euroland bleibt die Unsicherheit weiterhin bestehen. Um das davon ausgehende Risiko zu begrenzen greifen Privatanleger nach wie vor zu Bonds in Alternativwährungen. In dieser Handelswoche konnten wir in der Skontroführung vermehrt Nachfrage nach Anleihen auf australische Dollar und norwegische verzeichnen.
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Der Autor dieses Artikels ist Christian Grabbe, Derivateexperte bei der Baader Bank AG und zuständig für alle Derivategeschäfte. Weitere Informationen rund um die Themen Indizes, Aktien, Anleihen, Hebelprodukte, ETFs, Devisen und Rohstoffe erhalten Sie auf www.Baadermarkets.de sowie in dem kostenlosen Newsletter Zertifikate Börse.“
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