Die Finanzmärkte spielen Katz und Maus
Warum wurden nicht auch die Eurostaaten als systemrelevant eingestuft?
Im Vorfeld des heute beginnenden EU-Sondergipfels gilt es, die hochgesteckten Erwartungen zu dämpfen. Wer wirklich glaubt, nach über 15 Monaten den Stein der Weisen zu finden, wird enttäuscht sein. Die Krise hat eine Dimension angenommen, die den Euro gefährdet und schon fast nicht mehr beherrschbar ist. Unsere Politiker versuchen sich zusammen mit den Notenbankern der Eurozone schon seit langer Zeit daran und sind kläglich gescheitert. Die Finanzmärkte spielen Katz und Maus und die Aufsicht schaut zu. Waren in der ersten Finanzkrise noch verschiedene Banken zu systemrelevanten Elementen erkoren worden, so ist kein Politiker, aber auch kein Banker, auf die Idee gekommen, den Eurostaaten den gleichen Status zu gewähren. Durch diese Versäumnisse sind die Refinanzierungskosten für die gesamte Gemeinschaft so hoch geworden, dass man jetzt noch nicht sagen kann, was dieses Fehlverhalten kosten wird.
Wenn Politiker jetzt anmahnen, dass die Probleme bei der Wurzel gepackt werden müssen und man nicht nur mit zusätzlichen Geldern die Feuer löschen kann, dann drängt sich die Frage auf: Was haben die denn die ganze Zeit gemacht? Da also keine spektakulären Beschlüsse zu erwarten sind, ist die nächste Welle bereits hiermit angekündigt, denn die Finanzmärkte verhalten sich wie Kleinkinder. Das Austesten von Grenzen ist deren schönste und liebste Beschäftigung.
Investoren fühlen sich wie in der Schrottpresse
Der Gau einer US-Insolvenz ist nicht mehr auszuschließen.
Euroland auf der einen Seite und Amerika auf der anderen Seite. Die Investoren kommen sich vor wie in einer Schrottpresse. In Amerika wird gepokert und jede Seite zeigt sich unbeugsam. Inzwischen läuft man aber Gefahr, den Kredit bei den Anlegern zu verspielen. Die neben den USA größten Schuldner China und Japan blicken aufmerksam auf die Ereignisse bezüglich der Erhöhung der Defizitgrenze. Die Zeit wird knapp und es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass für eine kurze Zeitspanne sich der „GAU“ einer US-amerikanischen Zahlungsunfähigkeit ereignen wird. Dies hätte verheerende Folgen für die Glaubwürdigkeit der amerikanischen Regierung. Würden erst einmal die Schecks für die Kriegsveteranen nicht ausgestellt werden können, die Zinszahlung ausgesetzt werden und den Behörden das Geld ausgehen, dann müsste die US-Notenbank entgegen anderer Verlautbarungen intervenieren. Das ist aber seit dem 30. Juni offiziell nur noch in sehr kleinem Rahmen (bei Refinanzierung) möglich.
Die US-Amerikaner spielen 235 Jahre nach der Unabhängigkeits-Erklärung mit dem Feuer und sind als größte Volkswirtschaft in der Lage, für „verbrannte Erde“ zu sorgen. In solchen Zeiten ist es nicht verwunderlich, wenn die Investoren vor dem Nachrichtenticker sitzen wie das Kaninchen vor der Schlange.
Bond-Anleger aus Euro-Land gehen fremd
Die Anleger am Rentenmarkt gehen zunehmend auf die Suche nach Alternativen zu Euro-Staatsanleihen. Besonders gefragt sind Anleihen in den sehr stabilen Währungen Norwegische Kronen (NOK) und Australische Dollar (AUD). Auch der Trend, die Bonds unsicherer Schuldenländer durch Corporate Bonds solider Unternehmen auszutauschen, setzt sich fort.
Ganz vorne auf den Kauflisten stehen eine norwegische Staatsanleihe (WKN A0BC8F) mit Laufzeit 5/2015, die mit ca. 2,50% rentiert, und eine ebenfalls in NOK emittierte Anleihe der Rabobank (WKN A1AGZP) mit Laufzeit 5/2013 und ca. 3,26% Rendite. Besser rentieren in der Regel die ebenfalls gesuchten Bonds in AUD, etwa ein Kurzläufer der Rabobank (A0GDU4, bis 8/2012), der 5,5% abwirft, oder ein Bond der australischen Regierung mit ähnlicher Laufzeit (A1AT2P, 11/2012) mit einer Rendite von 4,73%. In den Fokus der Anleger rücken auch immer wieder die in einer stabilen Währung emittierten Unternehmensanleihen. Besonders gefragt ist hier eine VW-Anleihe in NOK, die bis 7/2012 läuft und mit 3,45% rentiert (WKN A1GTAK). Ebenso findet ein Bond von Mercedes-Benz Australia in AUD (A1GPR3) mit Laufzeit 4/2014 und einer respektablen Rendite von 5,6% seine Käufer.
Wie viel Substanz in den einzelnen Unternehmen steckt, entgeht auch nicht den zuletzt viel gescholtenen Ratingagenturen. So hat etwa Standard & Poor’s vergangene Woche den Ausblick für die Daimler AG von „stabil“ auf „positiv“ angehoben.
Insgesamt steht der Rentenmarkt im Banne des heute beginnenden EU-Sondergipfels in Brüssel, weshalb der Handel in vielen Bereichen wie gelähmt erscheint. Bemerkenswert ist allerdings die Wiederentdeckung von Unternehmensanleihen der Telefon-Gesellschaften in Portugal und Griechenland. Verstärkte Handelsaktivitäten beobachten wir z.B. in Portugal Telekom (WKN A1GLZ3) mit Laufzeit 2/2016 und einer Rendite von ca. 9,8% sowie der griechischen Telekom (WKN 970681), die 8/2013 fällig wird und eine Rendite von ca. 14,8% aufweist.
Staatsanleihen der Euro-Schuldensünder aber werden von den meisten Anlegern nicht mal mehr mit der Kneifzange angefasst. Umgekehrt ist eine Flucht in die Sicherheit in Form von Bundesanleihen festzustellen. So pendelt der wegweisende Bund-Future um die Marke 129. Die starke Volatilität dieses Barometers für den Rentenmarkt zeugt von der hohen Nervosität der Märkte.
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Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de
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