Alpha Anleihen Kolumne Carsten Müller

EZB - Zwischen allen Stühlen

08.07.15 12:31 Uhr

EZB - Zwischen allen Stühlen | finanzen.net

Dass es ist den letzten Wochen nicht schon zu einem offiziellen Zusammenbruch des griechischen Bankensystems gekommen ist, ist einzig der EZB zu verdanken. Doch jetzt droht der letzte Damm zu brechen.


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Dass es ist den letzten Wochen nicht schon zu einem offiziellen Zusammenbruch des griechischen Bankensystems gekommen ist, ist einzig der EZB zu verdanken. Die über die Notfall-Kredite ELA bereitgestellte Liquidität sorgte dafür, dass die Bankautomaten noch gefüllt waren. Doch der Spielraum der Zentralbank ist nun noch enger geworden.

Während sich die Euro-Finanzminister und Staatschefs am Dienstag treffen wollten, war es die EZB, die bereits am Montag in den Fokus des Marktes rückte, als es um eine Antwort auf die Frage ging, wie lange Griechenland nach dem Nein noch durchhalten könnte. Denn es ist die EZB, die derzeit noch die Liquiditätsversorgung sicherstellt. Doch auch hier sind in den vergangenen Wochen die Spielräume immer enger geworden.

So viel Geld steht für die EZB im Feuer

So liegt das Volumen von ELA derzeit bei knapp 90 Mrd. Euro und wurde bewusst am Montag nicht weiter ausgeweitet. Denn auch die EZB sieht: Mit dem Zahlungsverzug Griechenlands gegenüber dem IWF und der faktischen Pleite-Erklärung durch den EFSF werden die Argumente immer weniger, warum die EZB überhaupt noch Geld nach Athen überweisen dürfte. Zumal es die Spatzen ja von den Dächern pfeifen, dass die für ELA bereitgestellten Sicherheiten der griechischen Banken, in der Regel griechische Staatsanleihen, zunehmend das Papier nicht mehr wert sind.

Deshalb versucht die EZB nun, sich wie Athen selbst von Tag zu Tag zu hangeln. Denn einerseits will man nicht derjenige sein, der Griechenland den finanziellen Todesstoß versetzt hat. Andererseits wären weitere Zahlungen vor dem Hintergrund eines möglichen Grexit unverantwortlich und nicht mehr durch irgendeine Mandats-Auslegung gedeckt.

Unsere Vermutung: Die EZB will auf Zeit spielen, um zu sehen, wie sich Griechenland gegenüber der EZB selbst positioniert. Denn am 20. Juli sind rund 3,5 Mrd. Euro an griechischen Anleihen fällig, die derzeit bei der EZB liegen. Lässt Athen auch diese Zahlung ausfallen, was mehr als wahrscheinlich ist, hätte die EZB allen Grund und auch die Verpflichtung, die Notbremse zu ziehen.

Das Bilanzrisiko nimmt zu

Doch egal, ob Notbremse oder weiter wurschteln - Fakt ist, dass die EZB schon jetzt auf einem hohen Bilanzrisiko sitzt. Denn wie gesagt, die Besicherungen der ELA-Kredite sind bestenfalls mangelhaft. Und das bei einem aktuellen Gesamtengagement der EZB in Griechenland von rund 136 Mrd. Euro. Die Vermutung von Analysten, dass hier bis zu 100 Mrd. Euro oder sogar 120 Mrd. Euro verloren werden könnten, wird zwar nicht kommentiert, aber eben auch nicht dementiert.

Käme es zum Worst Case, wäre das aktuelle Eigenkapital plus Rücklagen des Eurosystems futsch. Was die EZB erst einmal nicht in Schieflage bringen würde, da bei den nationalen Notenbanken noch Rücklagen von rund 400 Mrd. Euro liegen. Aber über kurz oder lang müssten die Euro-Mitglieder für eine ordentliche Rekapitalisierung sorgen. Natürlich bestünde auch die Möglichkeit, die EZB eine Zeit lang mit negativem Eigenkapital weitermachen zu lassen. Doch das dürfte am Ende nicht nur der Reputation der EZB, sondern des gesamten Eurosystems schaden. Und das alles, weil sich die Euro-Zone nicht an die eigenen Regeln halten wollte.

Hinweis nach § 34 b, c Wertpapierhandelsgesetz: Es bestehen keine Interessenskonflikte des Autors.


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Seit fast 20 Jahren befasst sich Carsten Müller publizistisch mit den verschiedenen Aspekten der internationalen Kapitalmärkte. Dabei hat er als freier Journalist für einige der bekanntesten Börsenbriefverlage (u.a. Bernecker & Cie., Fuchsbriefe) geschrieben. Aktuell ist er als Herausgeber der Alphabriefe tätig. Hierbei liegen die Schwerpunkte auf Anleihen und Nebenwerten. Dabei stehen bei ihm in der jeweiligen Analyse fundamentale Aspekte im Vordergrund. Regional legt er besonderen Schwerpunkt auf die drei deutschsprachigen Märkte Deutschland, Österreich und die Schweiz.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

Seit fast 20 Jahren befasst sich Carsten Müller publizistisch mit den verschiedenen Aspekten der internationalen Kapitalmärkte. Dabei hat er als freier Journalist für einige der bekanntesten Börsenbriefverlage (u.a. Bernecker & Cie., Fuchsbriefe) geschrieben. Aktuell ist er als Herausgeber der Alphabriefe (www.alphabriefe.de) tätig. Hierbei liegen die Schwerpunkte auf Anleihen und Nebenwerten. Dabei stehen bei ihm in der jeweiligen Analyse fundamentale Aspekte im Vordergrund. Regional legt er besonderen Schwerpunkt auf die drei deutschsprachigen Märkte Deutschland, Österreich und die Schweiz.

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