Misery Index: Steht Trumps Wiederwahl schon fest?
Wegen der diesjährigen US-Präsidentschaftswahl schauen nicht nur amerikanische Anleger gebannt auf die Vereinigten Staaten. Dabei steht die Frage im Raum, ob sich der derzeitige US-Präsident Donald Trump ein weiteres Mal gegen den Kandidat der Demokraten durchsetzen kann. Ein bewährter Indikator scheint nun für eine Wiederwahl Trumps zu sprechen.
• Misery Index spricht für Trumps Wiederwahl
• Bisher lag Indikator nur zweimal falsch
• Steht erneute Wahl schon fest?
In den USA ist der Wahlkampf für die Präsidentschaftswahl 2020 mittlerweile in vollem Gange. Zum 59. Mal können die US-Amerikaner in diesem Jahr ihren Präsident und Vizepräsident wählen. Am Dienstag, den 3. November 2020, ist es dann soweit und es entscheidet sich, ob der jetzige US-Präsident Donald Trump sein Amt für weitere vier Jahre behält oder ein Demokrat an die Spitze des Landes rückt.
Der Misery Index
Wie MarketWatch berichtet, deutet ein vielbeachteter und in der Vergangenheit verlässlicher Indikator auf eine Wiederwahl Trumps hin. Bei diesem Indikator handelt es sich um den Misery Index (zu Deutsch: Elendsindex), der in den 60er Jahren durch den Wirtschaftswissenschaftler Art Okun ins Leben gerufen wurde. Bei dem Index handelte es sich ursprünglich um eine simple Zusammensetzung von wirtschaftlichen Größen, nämlich der Summe aus der jährlichen Inflationsrate eines Landes und dessen Arbeitslosenrate. Dabei soll der Index wiedergeben, was eine durchschnittliche Person derzeit über den Zustand der Wirtschaft des eigenen Landes denkt.
Seit der ersten Erwähnung des Misery Indexes wurde dieser jedoch mehrmals modifiziert. So fügte erst Harvard-Professor Robert Barro weitere Variablen hinzu, genauso wie später Wirtschaftsexperte Steve Hanke von der Johns Hopkins Universität.
Bisher nur zwei Ausnahmen
Für wirtschaftliche Zwecke hat sich der Index jedoch nicht durchgesetzt, viel mehr konnte er in der Vergangenheit Hinweise darauf geben, ob ein US-Präsident ab- oder wiedergewählt wird: Steigt der Indikator innerhalb der vierjährigen Amtszeit des Präsidenten, ist es wahrscheinlich, dass er abgewählt wird, sinkt er, verhält es sich genau anders herum, schreibt MarketWatch mit Bezug auf eine Bloomberg-Analyse. In der Vergangenheit, mit Start der Berechnung in 1945, hat diese Regel immer zugetroffen - mit zwei Ausnahmen: 1976 als sich Gerald Ford nicht gegen Jimmy Carter durchsetzen konnte und 1992 als sich George Bush Senior gegenüber Bill Clinton geschlagen geben musste. Das fassten Analysten des Vermögensverwalters Schroders in einem Bericht zusammen, der MarketWatch vorliegt.
Für US-Präsident Trump sind dies gute Neuigkeiten, denn während der Misery Index zu Beginn seiner Amtszeit noch bei 7,4 Prozent lag, war er bis Jahresende 2019 auf 5,785 Prozent gesunken. Der Durchschnittswert des Indikators seit 1945 liegt im Übrigen bei 9,22 Prozent.
Achtung - Volatilität
Dennoch seien diese Zahlen mit Vorsicht zu genießen, meint John Augustine von der Huntingon Private Bank gegenüber MarketWatch: "Auch wenn es sich bei dem Misery Index um eine fundamentale Möglichkeit handelt, sich die Wahlen [seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs] anzuschauen, wird dieses Jahr wahrscheinlich nicht gänzlich ohne Volatilität auskommen, so wie wir das auch schon in dem Präsidentschaftswahljahr 2016 gesehen haben".
Auch am Markt mehren sich die Stimmen, dass Trumps Wiederwahl nahezu sicher sei. Dabei stützen sie sich vor allem auf den guten Zustand der US-Wirtschaft und die Gewinne an den US-amerikanischen Kapitalmärkten. So haben die wichtigsten US-Indizes in den vergangenen vier Jahren allesamt neue Höchststände erklommen und konnten Konjunktursorgen, den Handelsstreit zwischen den USA und China, eine erneute Eskalation zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran sowie die aufgekeimte Unsicherheit aufgrund des sich ausbreitenden Coronavirus vollständig abschütteln.
Doch noch nichts entschieden?
Doch nicht alle sind sich bei Trumps Wiederwahl so sicher, wie das am Markt scheinbar suggeriert wird. So schlug der Saxo-Bank-Chefstratege Steen Jakobsen, bekannt als Autor der "Outragious Predicitions", die jedes Jahr zum Jahresende veröffentlicht werden, jüngst gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung andere Töne an. Der Finanzexperte sprach davon, dass am Markt mittlerweile mit einer 95-prozentigen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werde, dass Trump im Amt bleibe. Er selbst gehe jedoch vielmehr von einer 50-prozentigen Chance aus. Denn insbesondere Wähler, die sich im Vorfeld der Novemberwahl neu registrieren ließen, seien Trump-Gegner. Darüber hinaus sei der verbreitete Eindruck falsch, dass es der US-Wirtschaft gut gehen würde: "Ich bin etwas genervt von der Aussage, der US-Wirtschaft gehe es gut", meinte Jakobsen dazu.
Schließlich sei die Arbeitslosenrate auch so niedrig, weil viele Amerikaner mehrere Jobs ausüben würden, da sie sonst nicht über die Runden kommen würden. Schaue man sich die langfristige Entwicklung der Wirtschaft an, würde diese vielmehr ein wachsendes Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich aufzeigen. Auch die jüngsten Handlungen der US-Währungsbank Fed würden Bände sprechen. Zwar hieß es seitens der Währungshüter, dass es aufgrund der Stärke der US-Wirtschaft derzeit noch keinen Handlungsbedarf gäbe, gleichzeitig hätte die Fed jedoch überraschend 83 Milliarden Dollar in den amerikanischen Repo-Markt gepumpt, um Liquidität zu sichern. Keine Maßnahme, die für eine gesunde Wirtschaft spricht, meint Jakobsen.
Ob es im November für Trump tatsächlich in eine neue Runde geht, bleibt abzuwarten. Noch scheint alles möglich.
Redaktion finanzen.net
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