Zustimmung erteilt

Britisches Unterhaus billigt Gesetz zu Start des Brexit-Verfahrens

09.02.17 07:13 Uhr

Britisches Unterhaus billigt Gesetz zu Start des Brexit-Verfahrens | finanzen.net

Mit großer Mehrheit hat das britische Unterhaus am Mittwochabend dem Gesetzentwurf zum Start der Brexit-Verhandlungen mit der Europäischen Union zugestimmt.

Die Abgeordneten erteilten der Regierung mit 494 gegen 122 Stimmen die förmliche Erlaubnis, die Austrittsverhandlungen mit der EU aufzunehmen. Nach der Abstimmung im Unterhaus geht die Vorlage nun ins Oberhaus.

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Bei einer ersten Abstimmung vor einer Woche hatten bereits 498 Abgeordnete für die Vorlage votiert und nur 114 dagegen. Obwohl die meisten Parlamentarier einen Brexit ablehnen, stimmten sie nun auch in letzter Lesung für den Gesetzentwurf, um das Mehrheitsvotum der Wähler beim Brexit-Referendum im Juni zu respektieren.

Die konservative Premierministerin Theresa May hatte vor der Abstimmung noch einmal betont, dies sei "nicht der Moment, sich dem Willen des britischen Volks entgegenzustellen". May will im März offiziell den Austritt nach Artikel 50 des EU-Vertrages erklären. Danach haben beide Seiten zwei Jahre Zeit, um einen Austrittsvertrag zu vereinbaren.

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Bei der anstehenden Abstimmung im Oberhaus, dem House of Lords, könnte es für May enger werden als nun im Unterhaus. Dort verfügt die Konservative Partei nicht über die Mehrheit. Außerdem könnten nicht gewählte, sondern ernannte Mitglieder der Kammer gegen Brexit-Gesetz stimmen. Dennoch gilt seine Verabschiedung auch im Oberhaus als sicher.

Am Dienstag war die Regierung den Parlamentariern noch einmal entgegengekommen. Sie sollen nun über den endgültigen Austrittsvertrag abstimmen dürfen, bevor dieser auch dem Europäischen Parlament vorgelegt wird. Damit ging May auf eine Forderung der oppositionellen Labour-Partei ein.

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Labour und die kleinere Schottischen Nationalpartei (SNP) hatten in der Parlamentssitzung Änderungsanträge eingereicht, die unter anderem Garantien für den Zugang zum Markt, Rechte für Beschäftigte sowie für EU-Bürger in Großbritannien betrafen. Sie wurden sämtlich abgelehnt.

Die Labour-Führung hatte per Fraktionszwang die Zustimmung zu dem Gesetzentwurf angeordnet. In der vergangene Woche hatten sich 47 Labour-Abgeordnete vom rechten Flügel der Partei gegen das Brexit-Gesetz positioniert.

Oppositionsführer Jeremy Corbyn schrieb nach der Brexit-Abstimmung beim Kurzmitteilungsdienst Twitter: "Der wahre Kampf beginnt jetzt. Im Laufe der kommenden beiden Jahre." Labour werde alles daran setzen, dass beim Brexit Arbeitsplätze geschützt würden sowie Lebensstandard und Wirtschaftskraft nicht sänken.

Der konservative Brexit-Staatssekretär David Jones hatte die Abgeordneten dazu aufgefordert, dem Gesetz bei der "bedeutungsvollen" Schlussabstimmung am Mittwochabend unbedingt zuzustimmen. Es werde letztlich darum gehen, die EU "mit oder ohne einen ausgehandelten Vertrag zu verlassen".

Der frühere Vize-Premierminister Nick Clegg von den Liberalen warnte indes vor einem "harten" Brexit. Ein solches Vorgehen berge das Risiko, dass die Briten am Ende "ärmer, schwächer und isolierter" seien.

Clegg bezog sich damit auf Mays Ankündigung in der Vergangenheit, mit ihrer Regierung einen "harten" Brexit aus der EU anzustreben. Mit dem Austritt soll Großbritannien demnach zugleich auch den europäischen Binnenmarkt und den Gerichtshof in Straßburg verlassen. Um Handelsabkommen mit anderen Ländern schließen zu können, will London eine neue Zollvereinbarung mit der EU erreichen.

Großbritanniens Oberstes Gericht hatte im Januar entschieden, dass die Regierung die Verhandlungen mit Brüssel über einen EU-Austritt nur mit Zustimmung des Parlaments in London einleiten darf.

LONDON (AFP)

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