Zugang für Privatanleger

Robinhood will offenbar Aktienkauf bei IPOs ermöglichen - und zwar nicht nur beim eigenen Börsengang

07.04.21 22:59 Uhr

Robinhood will offenbar Aktienkauf bei IPOs ermöglichen - und zwar nicht nur beim eigenen Börsengang | finanzen.net

Das erklärte Ziel der Trading-App Robinhood ist es, die Finanzwelt zu demokratisieren und Privatanlegern den Zugang zu Märkten zu ermöglichen, die normalerweise von Profi-Investoren beherrscht werden. Nachdem dies beim Aktienmarkt offenbar bereits gut gelungen ist, hat sich das Unternehmen nun anscheinend ein neues Ziel für seine Mission ausgesucht: Initial Public Offerings.

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• Robinhood will offenbar bei eigenem IPO einen Teil der Aktien für Nutzer reservieren
• Neue Plattform für Beteiligung an IPOs anderer Firmen geplant
• Gewinnchancen für Privatanleger durch Beteiligung an IPO fraglich

In Sachen Börsengängen hat sich in der jüngsten Vergangenheit einiges getan. Während früher die neuen Aktien eines Börsenkandidaten in der Regel im Rahmen einer aufwändigen Roadshow beworben und mittels Initial Public Offering (IPO) unter der Führung von Investmentbanken bei institutionellen Investoren platziert wurden, wählen nun immer mehr Unternehmen einen anderen, kürzeren Weg an die Börse. Neben der Direktplatzierung, bei der einfach bestehende Aktien zum Handel zugelassen werden, erfreuen sich momentan auch Börsengänge via SPAC großer Beliebtheit. Auch die Trading-App Robinhood hat offenbar Pläne, um den Markt für Börsengänge weiter aufzumischen. Laut Informationen der Nachrichtenagentur "Reuters" arbeitet das Unternehmen an einer Plattform, über die Privatanleger Aktien direkt beim IPO zeichnen können. Das soll dabei nicht nur im Rahmen des bevorstehenden Robinhood-Börsengangs möglich sein, sondern auch bei zukünftigen Börsengängen anderer Firmen.

Privatanleger bislang häufig von IPOs ausgeschlossen

Geht ein Unternehmen momentan an die Börse, können Privatanleger bislang erst am ersten Handelstag in die neue Aktie investieren. Sie befinden sich damit vielfach im Nachteil gegenüber professionellen Investoren wie Fonds, die das Papier - sofern keine Direktplatzierung stattfindet - bereits im Rahmen des IPO kaufen können und somit die Chance auf Zeichnungsgewinne haben - und die fallen oftmals beträchtlich aus. Wie "Reuters" unter Berufung auf Daten von Dealogic berichtet, betrug der Aufschlag vom Emissionspreis zum erstem Kurs bei den IPOs in den USA im vergangenen Jahr durchschnittlich rund 36 Prozent. Die Finanzseite "The Motley Fool" nennt als besonders anschauliches Beispiel auch die Aktie von Airbnb, die seit dem vergangenen Jahr an der US-Börse NASDAQ gehandelt wird. Der Ausgabepreis für die Airbnb-Aktie im Rahmen des IPO lag bei 68 US-Dollar - an der Börse bewegte sie sich in der Folge aber nie unterhalb von 120 US-Dollar. Im besten Fall hätten Privatanleger zwischen 120 US-Dollar und 150 US-Dollar für einen Anteilsschein bezahlt, so "The Motley Fool" - und dies auch nur bei perfektem Timing. Inzwischen ist die Airbnb-Aktie nämlich noch einmal deutlich teurer.

"Es muss eine Unterhaltung über Fairness geben bezüglich der Frage, warum Institutionen einen Deal erhalten sollten und Individuen einen anderen", so Mike Coombes von PrimaryBid gegenüber "QUARTZ". Bei PrimaryBid handelt es sich um eine Investitionsplattform, über die etwa Kunden von Deliveroo im Rahmen des IPO Aktien des Essenslieferdienstes zeichnen konnten. Auch Robinhood möchte offenbar zu dieser Fairness-Debatte beitragen und plant laut "Reuters", ähnlich wie Deliveroo einen Teil der für das bevorstehende IPO gedachten Aktien für seine Nutzer zu reservieren. Um seinen rund 13 Millionen Nutzern ein entsprechendes Angebot unterbreiten zu können, entwickelt Robinhood jedoch offenbar eine eigene Technologie-Plattform, anstatt sich an eine Drittpartei wie PrimaryBid zu wenden, die bereits Erfahrung auf diesem Gebiet hat. Denn die Idee, Nutzer oder Kunden am eigenen IPO teilhaben zu lassen, ist nicht neu. Robinhood plant jedoch noch mehr: Über die geplante Plattform sollen die Nutzer laut "Reuters" zukünftig auch bei den IPOs anderer Firmen partizipieren können.

IPO-Pläne könnten Robinhood-Bewertung beim eigenen Börsengang pushen

Robinhood hat am 23. März einen vertraulichen Antrag für eine Erstnotiz bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereicht. Preisspanne, Volumen und der genaue Zeitpunkt für den geplanten Börsengang der Trading-App sind jedoch noch offen. Laut "Reuters" wird die Bewertung des US-Unternehmens beim IPO aktuell jedoch auf 50 Milliarden US-Dollar geschätzt. Sollte Robinhood Privatanlegern wirklich Zugang zum eigenen IPO - und später womöglich auch zu fremden IPOs - ermöglichen, könnte das die Bewertung der Trading-App bei ihrem geplanten Börsengang nach oben treiben. Denn laut "Reuters" werde so zusätzliche Nachfrage generiert, die normalerweise erst nach dem Börsengang aufschlage. Das wäre auch für Robinhood von Vorteil, da so - ganz entgegen den Assoziationen, die der Name hervorruft - mehr Geld in die Taschen des Unternehmens gespült werden dürfte. Denn die vorgezogene Nachfrage könnte dazu führen, dass die Trading-App bei der Emission einen höheren Preis für ihre Aktien verlangen könnte. Käme die Nachfrage hingegen erst nach dem Börsengang zu tragen, würde zwar der Kurs der Robinhood-Aktie steigen, die Firma selbst hätte davon aber keinen so großen unmittelbaren monetären Nutzen.

Auch für die Beliebtheit von Robinhood wäre es vermutlich förderlich, wenn Nutzer künftig bei IPOs mitmachen könnten. Denn viele Nutzer haben der Trading-Plattform laut "Reuters" noch nicht verziehen, dass diese ihren Nutzern zu Jahresbeginn Handelsbeschränkungen für die auf Reddit gepushten Aktien von GameStop, AMC und Co. auferlegt hat.

Experten sehen Robinhood-Pläne skeptisch

Damit Robinhood seinen Nutzern jedoch auch den Zugang zu den Initial Public Offerings anderer Firmen anbieten kann, müssen noch mehrere Punkte geklärt werden. So müssten laut "Reuters" die US-Regulierungsbehörden dem Vorhaben zustimmen und es müsste eine Vereinbarung mit den entsprechenden Firmen und ihren Investmentbanken ausgehandelt werden. Ob dies jedoch gelingt, ist fraglich, da vor allem die letzteren massiv von den traditionellen IPOs profitieren und steuern, wer Aktien zu welchem Preis bekommt. Dass die Wall-Street-Banken freiwillig auf einen Teil dieser Macht - und die damit verbundenen Einnahmen - verzichten, scheint unwahrscheinlich.

"Fortune"-Redakteur Shawn Tully sieht das Vorhaben aus diesem Grund auch nicht als erfolgsversprechend an. Laut ihm würden die Pläne von Robinhood, "eine App zu entwickeln, die es Amateuren bei anderen Angeboten erlaubt, Aktien zum Pre-IPO-Übernahmekurs zu kaufen, höchstwahrscheinlich keinen Erfolg haben, da sie mit dem Verlangen der Wall Street kollidieren würden, sicherzustellen, dass die eigenen fetten Katzen [Anm. d. Red.: umgangssprachlich für überbezahlte Top-Manager] die reichhaltige Milch bekommen". Auch in Bezug auf das Robinhood-IPO glaubt Tully, dass den Nutzern besser mit einer Direktplatzierung als mit beim IPO speziell für sie reservierten Aktien geholfen wäre.

Auch bei der Nachrichtenseite "Bloomberg" werden die Pläne der Trading-App für fremde IPOs skeptisch gesehen. Hier herrscht die Befürchtung vor, dass die plötzliche Beteiligung von Privatanlegern an IPOs die Bewertungen hochtreiben und so die Überbewertung am Markt fördern könnte. Denn um die angebotenen Aktien würden dann möglicherweise mehrere Millionen US-Dollar mehr konkurrieren als bei traditionellen IPOs. Zudem würden sich Privatinvestoren - anders als institutionelle Investoren - eher auf ihr Gefühl als auf Fundamentalkennzahlen verlassen, was dazu führen könnte, dass schon der Ausgabepreis der Aktien viel zu hoch angesetzt werde.

Daneben bleibt auch fraglich, wie gewinnbringend die Investition im Rahmen eines IPOs tatsächlich ist. Denn trotz der oben erwähnten Zeichnungsgewinne, schlagen sich neue Aktien in einem längeren Zeitraum offenbar nicht mehr so gut. Wie "QUARTZ" unter Berufung auf Daten der University of Florida berichtet, konnten in den letzten Jahrzehnten nur Firmen mit einem Umsatz von mehr als einer Milliarde US-Dollar in ihren ersten drei Börsenjahren eine um durchschnittlich 5,3 Prozent bessere Performance als ihr Benchmark-Index erzielen. Alle anderen Börsenneulinge performten in den ersten drei Jahren im Schnitt 17,6 Prozent schlechter als das Benchmark. Für Privatanleger könnte es daher generell sinnvoller sein, sich nicht an einem IPO zu beteiligen, sondern lieber einen Indexfonds zu kaufen, so "QUARTZ".

Redaktion finanzen.net

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