Zinsentscheid im September

Rendite von Aktien und Anleihen im Fokus: Fed-Leitzinssenkungsphase steht bevor - wie die Märkte reagieren könnten

07.09.24 22:17 Uhr

Fed-Chef Jerome Powell kündigt Leitzinssenkungen an: Wie man jetzt mit Aktien und Anleihen fette Rendite macht | finanzen.net

Am 18. September ist es aller Vorrausicht nach endlich so weit: Die erste von den Börsianern lang ersehnte Leitzinssenkung dürfte dann Realität werden. Experten wittern große Renditechancen - sowohl an den Aktien- wie auch an den Anleihemärkten.

Werte in diesem Artikel
Indizes

19.060,3 PKT -128,9 PKT -0,67%

43.250,1 PKT -139,5 PKT -0,32%

5.912,0 PKT 18,4 PKT 0,31%

• Fed dürfte Zinsen am 18. September senken
• Aktienmarkt feiert Zinssenkungsaussichten - aber zu überschwänglich?
• Mehrere Experten: Anleihen dürften attraktiver werden

Sinkende Inflationsraten, ein schwächelnder US-Arbeitsmarkt, bereits eingeleitete Leitzinssenkungen vieler anderer Notenbanken wie der EZB oder SNB - es gibt viele Gründe, die die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) dazu bewegen dürften, bei ihrem nächsten Zinsentscheid am 18. September das Leitzinsniveau erstmals seit 2019 zu senken. Zuvor hatten die US-Währungshüter angesichts des hohen Teuerungsdrucks im März 2022 mit einer offensiven Leitzinssteigerungsphase begonnen, die im Juli 2023 mit einem Leitzinskorridor von 5,25 bis 5,5 Prozent ihren Höhepunkt erreichte. Seitdem drehte die US-Notenbank nicht an der Zinsschraube.

Powell sieht Zeit für Zinssenkungen reif

Nun dürfte es Schritt für Schritt mit den Zinsen aber wieder bergab gehen. So verkündete Fed-Chef Jerome Powell auf dem Notenbanken-Symposium in Jackson Hole (Wyoming), dass die Zeit für niedrigere Zinsen gekommen ist. Er deutete damit an, dass die Fed nun bereit ist, ihren aggressiven geldpolitischen Straffungskurs zu lockern. Dies war der bisher deutlichste Hinweis darauf, dass sich die Fed auf ihre erste Zinssenkung seit vier Jahren vorbereitet, ein Schritt, den die Anleger mit Spannung erwartet haben.

Powells Äußerungen stehen in scharfem Kontrast zu seiner vorsichtigen Ansprache bei der gleichen Veranstaltung vor zwei Jahren, als er vor "Schmerzen für Haushalte und Unternehmen" warnte. Diesmal war Powells Ton jedoch triumphaler, als er über den Erfolg der Fed bei der Steuerung der Wirtschaft durch eine turbulente Zeit sprach, die von der Pandemie, der Inflation und der globalen Unsicherheit geprägt war. Daniel Siluk, Leiter des Bereichs Global Short-Duration and Liquidity bei Janus Henderson Investors, bezeichnete Powells Rede "MarketWatch" zufolge als "Siegesrunde" für seine Führung und sagte, dass "sie sich nun auf die Realwirtschaft konzentrieren können, was im Wesentlichen den Arbeitsmarkt bedeutet".

Folgt nun ein normaler oder gar ein großer Zinsschritt?

Die Überraschung am Markt über Powells Zinssenkungsankündigungen hielt sich aber in Grenzen, waren die allermeisten Beobachter doch fest von baldigen Zinsreduktionen ausgegangen. Vielmehr sorgt die Frage, ob die Fed am 18. September lediglich einen "normalen" Zinsschritt von 0,25 Prozentpunkten auf einen Korridor von 5,00 bis 5,25 Prozent oder aber einen "großen" Schritt von 0,50 Prozentpunkten auf 4,75 bis 5,00 Prozent gehen wird, für großen Diskussionsstoff unter Aktionären und Analysten. Die Tendenz der Erwartungshaltung hat sich jüngst eher in Richtung eines kleinen Zinsschrittes entwickelt - so beziffert das "CME FedWatch Tool" die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung um 25 Basispunkte auf 61,0 Prozent und eine solche um 50 Basispunkte entsprechend auf 39,0 Prozent (Stand der Daten ist der 3. September 2024).

Aktionäre freuen sich sehr über Zinssenkungen - vielleicht zu viel?

Aktionäre freuen sich über die Aussichten auf Leitzinssenkungen, da sinkende Zinsen dem Wert von Unternehmensaktien tendenziell Auftrieb verleihen. Die Gründe: Die Opportunitätskosten eines Aktieninvestments - mit anderen Worten die Attraktivität von Unternehmens- und Staatsanleihen oder Festgeldkonten - nehmen mit niedrigeren Zinsen ab. Zudem können sich börsennotierte Unternehmen aufgrund günstigerer Kreditkonditionen besser refinanzieren und ihr Wachstum beschleunigen. Deshalb erfreuen sich "Growth Stocks" (Wachstumsaktien) zu Niedrigzinszeiten bei Anlegern traditionell besonders hoher Beliebtheit, wie zu Beginn der COVID-19-Pandemie 2020 eindrücklich zu beobachten war.

In Anbetracht dessen verwundert es kaum, dass die Börsenindizes wie der DAX, Dow Jones oder der S&P 500 sich schon seit Wochen auf einer Rekordjagd befinden - der kurzzeitige Rücksetzer von Anfang August wurde denn auch entsprechend schnell wieder aufgeholt. Der erwartete Zinsschritt kommt indes deutlich später als erwartet, waren die meisten Analysten vor Jahresfrist doch von deutlich früheren Leitzinssenkungen ausgegangen. Dem grundsätzlichen Optimismus der Anleger scheint dies aber keinen Abbruch zu tun - lautet die Frage denn stets nur, wann - und nicht ob - es zu einer Zinssenkungsphase kommen wird.

Es gibt allerdings auch mahnenden Stimmen, die vor überzogener Euphorie an den Aktienmärkten warnen. Roosevelt Bowman, leitender Anlagestratege bei Bernstein Private Wealth Management, wies darauf hin, dass die Marktentwicklung von mehreren Faktoren bestimmt wird, nicht nur von der Erwartung von Zinssenkungen. "Es ist nicht nur ein Faktor", betonte Bowman und machte darauf aufmerksam, dass die Anleger überrascht werden könnten, wenn sich andere Bedingungen, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt, verschlechtern. Er fügte hinzu: "Das große Risiko für Aktien scheint jetzt eine deutliche Verschlechterung auf dem Arbeitsmarkt zu sein. Ich denke, dass dies zu einem weniger freundlichen Umfeld für den Aktienmarkt und zu einer Underperformance von Small Caps führen wird", zitiert "MarketWatch" den Anlagestrategen.

Anleihen könnten wegen des Fed-Kurswechsels wieder an Attraktivität gewinnen

Während der Aktienmarkt in die Höhe schoss, gewannen auch Anleihen nach einigen schwierigen Jahren wieder an Attraktivität. Die aggressiven Zinserhöhungen der Fed seit 2022 hatten viele Anleiheinvestoren verunsichert, die Kurse der Anleihen gaben infolge der Zinssteigerungen erheblich nach. Die jüngsten Äußerungen von Powell boten nun allerdings einen Hoffnungsschimmer an der Anleihenfront. Collin Martin, ein Fixed-Income-Stratege am Schwab Center for Financial Research, erklärte, dass Powells Rede "die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung im September extrem erhöht". Dies könnte ein kritisches Zeitfenster für Anleger sein, um Anleiherenditen zu sichern, bevor sie möglicherweise fallen.

Martin wies gegenüber "MarketWatch" auch darauf hin, dass Anleihen trotz der jüngsten Volatilität eine wichtige Komponente für den Schutz von Portfolios bleiben, insbesondere wenn der Aktienmarkt in Turbulenzen gerät. Da die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen am Freitag bei mittlerweile wieder deutlich unter ihrem Höchststand von 5 Prozent im Oktober 2023 notiert, schlug Martin vor, dass "die Zeit reif sein könnte, Anleihen außerhalb der US-Staatsanleihen hinzuzufügen". Er empfahl eine qualitativ hochwertige Strategie, die Unternehmensanleihen von Firmen mit starken Bilanzen umfasst, die einen Aufschlag gegenüber risikofreien Staatsanleihen bieten.

Leslie Falconio, Leiterin der Abteilung für steuerpflichtige festverzinsliche Anlagen bei UBS Global Wealth Management, sieht ebenfalls Chancen auf dem Anleihemarkt. Sie hob die Attraktivität des neun Billionen Dollar schweren US-Hypothekenanleihemarktes hervor, insbesondere bei Renditen über fünf Prozent. "Die Verkäufe bestehender Häuser gingen in den Winterschlaf, nachdem die Fed 2022 mit der Anhebung der Zinssätze begonnen hatte, aber die Zinssenkungen dürften 30-jährige Festhypotheken etwas erschwinglicher machen", so Falconio. Dies werde die Renditechancen am Immobilienmarkt wieder erhöhen.

Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Mesut Dogan / Shutterstock.com, Holmes Su / Shutterstock.com

Mehr zum Thema DAX 40