Zoom im Corona-Hoch - Kann der Videokonferenz-Anbieter den Schub mitnehmen?
Videokonferenzen waren in den vergangenen Monaten für viele Menschen unverzichtbar. Und noch immer zwingt die Corona-Krise viele Arbeitnehmer ins Home-Office, was Videodiensten weiterhin regen Zulauf beschert. Doch kann der Marktführer Zoom seinen Spitzenplatz auch nach Corona verteidigen?
Werte in diesem Artikel
• Corona ein Glücksfall für Zoom
• Starke Userbasis bringt starke Geschäftszahlen
• Zukunft dürfte schwieriger werden
Rund ein Jahr, nachdem das US-Technologieunternehmen Zoom an die Börse gegangen ist, musste das Unternehmen die wohl größte Herausforderung der noch recht jungen Firmengeschichte stemmen: Die Corona-Pandemie. Im Bemühen, die Infektionskurve zu verflachen und eine Ausbreitung des Virus zumindest zu verlangsamen, haben zahlreiche Arbeitgeber ihre Angestellten ins Home-Office geschickt, innerhalb kürzester Zeit mussten Remote-Arbeitspläne an den Start gebracht werden. Doch nicht nur im Arbeitsbereich war der Austausch auf virtueller Ebene elementar geworden, auch der private Bedarf nach virtueller Kommunikation stieg angesichts der weltweiten Stay-at-home-Tendenzen massiv an. Einer der größten Gewinner dieser Entwicklung war Zoom, das mit seinem Videokonferenz-Tool plötzlich zu den am stärksten nachgefragtesten Applikationen gehörte.
Zoom: Starker Nutzeranstieg und deutlich mehr Gewinn
Auch wenn Zoom selbst konkrete Nutzerzahlen schuldig blieb: Experten von Bernstein haben errechnet, dass die mobile App von Zoom Ende Mai von 173 Millionen Nutzern im Monat regelmäßig verwendet wurde - Anfang März waren es lauf der App-Analysefirma Apptopia noch 14 Millionen aktive, monatliche Nutzer gewesen.
Das schlug sich in außerordentlich guten Quartalszahlen nieder: Im ersten Geschäftsquartal, das Ende April abgeschlossen wurde, konnten die Erlöse von 122 auf 328 Millionen Dollar gesteigert werden, unter dem Strich blieben 27 Millionen US-Dollar bei Zoom hängen, vor Jahresfrist hatte der Konzern gerade einmal 200.000 US-Dollar verdient.
Wie aussagekräftig ist die Corona-Ausnahmesituation?
Doch kann der Videodienst den Corona-bedingten Schwung auch in eine Zeit nach Corona mitnehmen? Vor rund drei Monaten warnte die Finanzchefin des Unternehmens, Kelly Steckelberg, noch davor, dass man nicht mit Gewissheit sagen könne, ob sich die starke Nachfrage in zahlenden Kunden niederschlagen wird. Es sei "viel zu früh zu sagen, ob wir dadurch langfristig mehr zahlende Kunden bekommen werden", so die Managerin in einer Telefonkonferenz im April. Denn Zoom ist in der Grundversion kostenlos, erst Enterprise-Lösungen bringen dem Unternehmen Geld.
Zoom-Chef Yuan hatte sich zeitgleich zuversichtlicher gezeigt und betont, die Gesellschaft habe die Vorteile von Videokonferenzen erkannt: "Das wird die Landschaft dramatisch verändern".
Nun meldete sich die Marketing-Chefin von Zoom, Janine Pelosi, zu Wort und erklärte, wieso ihr Unternehmen auch nach Corona weiter eine große Rolle im Leben vieler Menschen spielen dürfte. Im Interview mit CNBC erklärte die Managerin, sie wisse selbst nicht genau, was das Erfolgsgeheimnis von Zoom sei, sie wisse aber um die "authentische Beziehung zu unseren Kunden und Usern". Zoom sei einfach zu bedienen, sicher und habe viele verschiedene Anwendungsmöglichkeiten. An diesen arbeite man auch weiterhin: "Wir konzentrieren uns wirklich darauf, uns in verschiedene Branchen zu vertiefen", konkret nannte Pelosi Bildung, Finanzdienstleistungen und Telegesundheit.
Darüber hinaus rechnet sie damit, dass auch ihr eigenes Unternehmen die Vorteile von Home-Office erkannt hat und auch künftig zahlreiche Zoom-Mitarbeiter remote arbeiten werden. "Ich weiß nicht genau, wie es aussehen wird, aber ich weiß, dass die Effizienz, die ich als Home-Office-Mitarbeiterin feststellen konnte, als jemand, der zuvor nicht im Home-Office gearbeitet hat, immens ist."
Zoom mit starken Geschäftszielen
Die Zuversicht des oberen Zoom-Managements spiegelt sich auch in der kürzlich veröffentlichten Prognose für das Gesamtjahr wider. Bis Ende Januar will Zoom Erlöse von 1,8 Milliarden US-Dollar generieren und seine Umsätze somit nahezu verdreifachen. Doch steigt die Nachfrage weiter, werden auch die Kosten größer - bereits in den vergangenen Monaten musste Zoom Zusatzkapazitäten in der Cloud anmieten, was auf die Marge drückte.
Schafft es Zoom, ein stabiles und sicheres Produkt anzubieten, könnten sich die Abonnenten-Kündigungen mit der Rückkehr vieler Arbeitnehmer in die Büros möglicherweise in Grenzen halten lassen. Zumal sich viele Beschäftigte auch nach der Krise Home-Office-Optionen wünschen.
Ein ähnlich starker Schub wie durch die Pandemie dürfte für die Geschäfte von Zoom aber in der nahen Zukunft eher nicht zu erwarten sein. Zumal zahlreiche Wettbewerber wie Microsoft, Facebook und Google den Kampf um Kunden mit prall gefüllten Konzernkassen führen.
Redaktion finanzen.net
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