Lufthansa-Aktie knickt zum Handelsschluss dennoch ein: Verlust deutlich reduziert - Lufthansa kündigt steigende Ticketpreise an
Lange Umwege nach Fernost, fehlende Passagiere und steigende Ölpreise.
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Die Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine gehen auch an der Lufthansa nicht spurlos vorbei. Dabei hat sich das Unternehmen nach einem erneuten Milliardenverlust im vergangenen Jahr gerade für einen fulminanten Neustart nach der Pandemie bereit gemacht. Angesichts der unsicheren Lage will der Vorstand für 2022 nicht einmal die Rückkehr in die Gewinnzone in Aussicht stellen.
An einem normalen Donnerstag im März hätte die Fluggesellschaft 4.000 Menschen von und nach Russland und die Ukraine gebracht, sagte Konzernchef Carsten Spohr bei der Bilanzvorlage. Doch es herrscht Krieg. Kein Flugzeug verbinde Menschen, Kulturen und Volkswirtschaften: "Wir sind mit unseren Gedanken bei den Frauen, bei den Männern und den Kindern in der Ukraine", versichert der Lufthansa-Chef, bevor er auf die geschäftlichen Aussichten seines Unternehmens zu sprechen kommt. Die sahen für den Kranich nach zwei verlustreichen Pandemiejahren eigentlich positiv aus. Auf der Mittelstrecke erwartet er im Sommer bereits 95 Prozent des Vorkrisenangebots.
Lufthansa will die Krise mental und geschäftlich hinter sich lassen. "Wir sind sehr sicher, dass der Luftverkehr in diesem Jahr einen starken Aufschwung erleben wird. Die Menschen wollen wieder reisen", sagt Spohr auch eine Woche nach Kriegsausbruch. Es habe zwar einen kurzfristigen Dämpfer bei den bis dahin boomenden Flugbuchungen gegeben, und auch die Luftraumsperren über Russland und der Ukraine führen zu einstelligen Millionenverlusten pro Monat. Rund 90 Flüge in der Woche sowie Wartungsverträge fallen weg. Die Fernost-Maschinen müssen wegen der gesperrten Lufträume weite Umwege fliegen.
Spohr und sein Finanzvorstand Remco Steenbergen stimmen das Publikum auf steigende Ticketpreise ein. Wichtigster Treiber sei der stark gestiegene Ölpreis, aber auch die Flughäfen und die Flugsicherungen hätten ihre Gebühren angezogen. Spohr zweifelt zudem daran, dass die "Systempartner" ausreichend auf den erwarteten Kundenandrang im Sommer vorbereitet sind, weil sie in der Corona-Zeit zu viel Personal verloren hätten.
Der Lufthansa-Konzern selbst hat seinen Personalabbau bei rund 105.000 Beschäftigten gestoppt und stellt in Teilbereichen schon wieder ein. Das sind 33.000 Jobs weniger als vor der Corona-Krise. Allein in Deutschland verlassen rund 10.000 Menschen das Unternehmen. Um die Zukunft von rund 400 Piloten wird noch mit der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit gerungen.
Spohr zeigte sich für weitere Beteiligungen in Europa bereit. Am weitesten sind die Pläne bei der Alitalia-Nachfolgerin ITA gediehen, in deren Bücher Lufthansa und die Großreederei MSC in den kommenden Tagen schauen dürfen. Lufthansa peilt zunächst eine Minderheitsbeteiligung an, von der man sehen werde, was sich daraus "über die Zeit" entwickele, sagte der Lufthansa-Chef. Ausdrücklich erwähnte er die Gesellschaften Austrian und Brussels Airlines, bei denen Lufthansa in mehreren Schritten Mehrheitsgesellschafterin geworden war.
Im zweiten Corona-Jahr 2021 konnte der Konzern seine Verluste deutlich eingrenzen. Die deutschen Staatshilfen wurden zurückgezahlt, während über die Kreditlinien der Schweiz, Österreichs und Belgiens noch nicht entschieden ist. Dank eines Rekordgewinns der Frachtsparte Lufthansa Cargo und einer ersten Erholung im Passagiergeschäft verringerte sich der Fehlbetrag unter dem Strich um zwei Drittel auf rund 2,2 Milliarden Euro. Der Umsatz erholte sich um ein Viertel auf 16,8 Milliarden Euro, erreichte damit aber noch nicht einmal die Hälfte des Vorkrisenjahres 2019. Im vergangenen Jahr zählte der Konzern rund 47 Millionen Fluggäste - rund 29 Prozent mehr als im ersten Corona-Jahr, aber fast 100 Millionen weniger als 2019.
Während im Passagiergeschäft tiefrote Zahlen herrschten, lief es für Lufthansa Cargo glänzend: Dank hoher Nachfrage, knapper Kapazitäten und dadurch hohen Frachtpreisen verdiente die Logistiktochter im Tagesgeschäft fast 1,5 Milliarden Euro und damit so viel wie nie zuvor. Die Aussichten sind auch in diesem Jahr bei anhaltenden Problemen in den Lieferketten von Unternehmen bestens, zumal mit der russischen Air Bridge Cargo ein wichtiger Konkurrent durch die westlichen Sanktionen vom Weltmarkt ausgeschlossen ist. Auch die Wartungstochter Lufthansa Technik und die Catering-Sparte LSG kehrten 2021 in die Gewinnzone zurück.
Zwar sei das Geschäft im ersten Quartal noch von der Omikron-Variante des Coronavirus geprägt, die neue Reisebeschränkungen und einen Einbruch der Nachfrage ausgelöst hatte. Für das Gesamtjahr plant der Vorstand weiter mit einem Flugangebot von mehr als 70 Prozent des Vorkrisen-Niveaus, das wohl erst zur Mitte des Jahrzehnts wieder erreicht werde. Im Sommer seien von einstmals 763 Flugzeugen voraussichtlich 650 Jets wieder in der Luft, kündigte Spohr an. Im kommenden Jahr sollen es 700 sein. Die Flotte werde schneller ausgetauscht und damit umweltfreundlicher. Dabei blickt Lufthansa auch auf Flugzeuge, die von der russischen Aeroflot bestellt worden sind und nun nicht ausgeliefert werden dürfen.
Verdi und Lufthansa vereinbaren Corona-Sonderzahlung
Die Gewerkschaft Verdi und die Lufthansa haben eine steuer- und abgabenfreie Corona-Sonderzahlung für die Beschäftigten in Höhe von 800 Euro vereinbart. Die Corona-Prämie könne die Belastungen und gesundheitlichen Risiken während der Pandemie zwar nicht ausgleichen, sie sei aber ein Zeichen der Anerkennung, insbesondere für das Boden- und Kabinenpersonal, sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle. Wichtig sei zudem, dass der Abschluss auf alle Konzerngesellschaften in Deutschland und alle Beschäftigtengruppen übertragen werde.Die Prämie soll im März ausgezahlt werden. Teilzeitbeschäftigte erhalten den Betrag. In Bereichen, in denen bereits niedrigere Prämien vereinbart wurden, soll der Betrag entsprechend aufgestockt werden.
Lufthansa-Aktie deutlich unter Druck - DZ Bank sieht Risiken
An der Börse wurden die Nachrichten mit einem Kursrutsch quittiert: Zuletzt verlor die Lufthansa-Aktie 8,18 Prozent auf 6,08 Euro und war damit einer der schwächsten Titel im MDAX, dem Index der mittelgroßen Werte. Mitte Februar war ihr Kurs noch bis auf gut 7,90 Euro gestiegen. Seitdem war es im Zuge der Börsenturbulenzen infolge des Ukraine-Kriegs bereits merklich abwärts gegangen.
DZ-Bank-Analyst Dirk Schlamp wies in einer ersten Reaktion auf das Zahlenwerk der Lufthansa darauf hin, dass sich der stark steigende Ölpreis und geopolitische Risiken auf die Nachfrage auswirken können. Wegen des Ukraine-Krieges traut sich die Lufthansa keine klare Gewinnprognose zu.
FRANKFURT (dpa-AFX)
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