Wegen Trump-Politik

Experten sehen steigende Gefahr einer Stagflation in den USA

05.03.25 17:26 Uhr

Erleben die USA bald eine Stagflation? Nobelpreisträger Joseph Stiglitz und andere Experten mit eindringlichen Warnungen | finanzen.net

Die Inflation in den USA liegt weiterhin hartnäckig über dem Zielwert der Fed, während das Wirtschaftswachstum durch die Politik von US-Präsident Donald Trump weiter ins Stocken geraten könnte. Experten warnen daher zunehmend vor der Gefahr einer Stagflation in den USA, selbst Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz schlägt Alarm.

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556,1 PKT 5,0 PKT 0,91%

• Stagflationsängste in den USA nehmen wieder zu
• Politik von US-Präsident Trump als wichtiger Faktor
• Stiglitz: USA sind ein beängstigender Ort für Investitionen geworden

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Die Angst vor einer Stagflation - einer hohen Inflation in Kombination mit einem sich abschwächenden Wirtschaftswachstum - ist an den US-Aktienmarkt zurückgekehrt. Zwar habe der Sieg von Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl laut "MarketWatch" zunächst Optimismus mit Blick auf die wirtschaftliche Stärke der USA befeuert, nun würde sich aufgrund seiner Wirtschafts- und Zollpolitik jedoch zunehmend eine besorgniserregende Stimmung unter Investoren breit machen.

Inflation bleibt hoch, Wirtschaft schwächelt: Die Angst vor Stagflation wächst

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Anleger hätten begonnen, die Nachhaltigkeit des Investmentnarrativs vom "US-Exzeptionalismus" infrage zu stellen, sagten Strategen von Morgan Stanley laut der Nachrichtenseite. Tatsächlich hinken die großen US-Indizes wie der S&P 500 oder der Dow Jones bereits jetzt in ihrer Entwicklung seit Jahresbeginn anderen internationalen Indizes - etwa dem Stoxx Europe 600 oder dem DAX - deutlich hinterher.

Daneben stiegen die US-Verbraucherpreise im Januar 2025 so stark an wie seit August 2023 nicht mehr, was die jährliche Inflationsrate auf drei Prozent brachte. Auch der PCE-Index, das bevorzugte Inflationsmaß der US-Notenbank Federal Reserve, blieb zuletzt weiter klar über dem Zielwert von zwei Prozent. Laut "MarketWatch" zeigen die Inflationserwartungen der Marktteilnehmer außerdem, dass diese langfristig mit einer hohen Teuerung rechnen. So läge etwa die 5-Jahres-Breakeven-Inflationsrate mit 2,61 Prozent auf einem Zwei-Jahres-Hoch.

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Zwar gab es bereits in den vergangenen Jahren immer wieder Sorgen vor einer Stagflation, doch diese wurden laut "MarketWatch" immer wieder durch das Vertrauen in die US-Wirtschaft verdrängt. Nun aber zeichne sich eine bedrohliche Entwicklung ab. Denn gleichzeitig zur hartnäckigen Inflation schwächelte zuletzt auch der Dienstleistungssektor, die Verbraucherstimmung ist gesunken, und auch der Einzelhandelsumsatz im Januar war laut Will Compernolle, Stratege bei FHN Financial, "in allen Bereichen so schwach, dass jetzt ein Hauch von Stagflation in der Luft liegt". Für die Notenbanken laufe es daher aktuell in beide Richtungen schief, zitiert "MarketWatch" den Experten weiter. Sollte es tatsächlich zu einer Stagflation kommen, sei das laut Compernolle "für Notenbanken und Händler wirklich schwierig [...], weil es kein offensichtliches politisches Heilmittel dafür gibt". Das beunruhige derzeit auch die Marktteilnehmer, da es "ein erhebliches neues Negativpotenzial für Aktien" darstelle, wie Tom Essaye, Gründer des Marktanalyseunternehmens Sevens Report Research, laut der Nachrichtenseite betonte.

Trumps Zollpolitik im Blick: Experten warnen vor negativen Effekten

Ein entscheidender Faktor für die zunehmenden Sorgen unter Experten und Anlegern ist die Wirtschaftspolitik von US-Präsident Donald Trump. Seine Zollankündigungen sorgen laut "Reuters" für Verunsicherung an den Märkten und könnten eine Handelskriegs-Spirale mit Vergeltungszöllen anderer Länder auslösen. Zudem könnten sie den Inflationsdruck weiter anheizen und das Wirtschaftswachstum bremsen. "Wir müssen uns mit der zähen Inflation auseinandersetzen, aber darüber hinaus haben Zölle das Potenzial, die Wirtschaft auszubremsen, indem sie zu einer Steuer für die Verbraucher werden und die Gewinne und das Wirtschaftswachstum belasten", sagte Tim Urbanowicz, Chef-Investmentstratege bei Innovator Capital Management laut der Nachrichtenagentur.

Besonders kritisch sehen Experten auch die Kombination aus Zöllen und geplanten massenhaften Abschiebungen von Arbeitskräften ohne Visum, da diese den Arbeitskräftepool austrocknen und in der Folge zu höheren Löhnen führen dürften. Sollte Trump dieses Wahlversprechen konsequent umsetzen, könnte dies die Inflation zusätzlich antreiben, warnte Mark Zandi von Moody's Analytics. "Zölle und Abschiebungen sind ein Rezept für Inflation und schaden dem Wachstum; beides sind negative Angebotsschocks", erklärte er laut "Reuters". Der Markt unterschätze angesichts dieser Faktoren seiner Meinung nach möglicherweise die Stagflationsrisiken.

Andere Experten sehen dies ähnlich: "Stagflation ist definitiv wieder eine Möglichkeit, weil wir diese Politik haben, die die Verbrauchernachfrage schädigen könnte, während die anhaltende Inflation den Handlungsspielraum der Federal Reserve einschränkt", sagte Jack McIntyre von Brandywine Global gegenüber der Nachrichtenagentur und betonte: "Es ist bei weitem kein Null-Wahrscheinlichkeitsszenario mehr".

Wirtschaftsnobelpreisträger Stiglitz befürchtet "Schlimmste aller möglichen Welten"

Auch der renommierte Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz warnte gegenüber "The Guardian", dass Trumps Wirtschaftspolitik das Risiko der "schlimmsten aller möglichen Welten: einer Art Stagflation" bergen würde. Die unberechenbar Zollpolitik von Donald Trump hätten die USA laut dem Experten zu einem "beängstigenden Ort für Investitionen" gemacht. Darüber hinaus würde auch Trumps "offensichtliche Missachtung der Rechtsstaatlichkeit" die Investitionsbereitschaft bremsen. Auch die Unsicherheit durch abrupte politische Entscheidungen sowie die plötzliche Abschaffung von Regierungsprogrammen und das Aufkündigen von Regierungsverträgen würde weiter dazu beitragen, dass die Bereitschaft zu Investitionen in den USA sinke.

Insgesamt werde die durch Trumps politische Manöver entstehende Unsicherheit laut Stiglitz wahrscheinlich das Wirtschaftswachstum der USA verlangsamen, während gleichzeitig die Zölle - und Vergeltungsmaßnahmen anderer Länder - die Inflation befeuern dürften. "Ich könnte mir durchaus ein Szenario vorstellen, in dem wir eine Stagflation erleben - wir bekommen Inflation und eine schwache Wirtschaft", erklärte Stiglitz laut "The Guardian". Hingegen könne er sich kein Szenario mit einer "wirklich robusten Wirtschaft vorstellen, weil ich einfach sehe, dass die Weltwirtschaft so sehr unter der Unsicherheit leidet, die Trump mit sich bringt".

Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Immersion Imagery / Shutterstock.com, conrado / Shutterstock.com

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