Euro-Staaten könnten längst schuldenfrei sein
25.08.16 10:01 Uhr

Die Umstellung auf den Euro hätte für einige EU-Staaten den Weg aus den Schulden bedeutet können. Doch keines von ihnen hat diese Chance genutzt. Im Gegenteil, sie häuften noch mehr Schulden an - und das offenbar mit Absicht.
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Der Weg in den Euro gab Staaten laut einer Studie der Universität Greifswald durch einen deutlichen Zinsvorteil die einmalige Möglichkeit ihre gesamten Schulden abzubauen.
Entscheidung gegen nachhaltige Haushaltspolitik
Den Zahlen der Staatsverschuldungen zufolge, hätten sich die entsprechenden Länder jedoch nicht für den Schuldenabbau entschieden, sondern für "kurzfristige Machtgewinne". Laut der Studie hat keines der elf Gründerländer der Europäischen Union die Möglichkeit des Schuldenabbaus durch den Überschuss, der durch einen unterschiedlich großen Zinsvorteil bei der Euroumstellung entstand, genutzt. Im Gegenzug wurden vielmehr weitere Schulden zum Zwecke von neuen Investitionen aufgenommen.Vor allem Italien nutzte die Möglichkeit nicht
Vor allem das krisengebeutelte Italien habe laut der Studie diesen Zinsvorteil nicht genutzt, obwohl dieser für das Land im Vergleich zu den anderen Staaten der Europäischen Union am größten war. Hätte das Land 2005 sämtliche durch die Einführung des Euro freigewordenen Gelder in den Schuldenabbau gesteckt, wäre es 2016 schuldenfrei. Stattdessen hat Italien heute rekordverdächtige Schulden von 2,2 Billionen Euro. Auch anderen Ländern wie Portugal und Spanien geht es ähnlich.Laut einem Bericht der "Welt" hat kein einziger der Gründerstaaten der EU zwischen 1995 und 2005 seine Schulden beglichen oder reduziert, obwohl sich diese einmalige Gelegenheit geboten hatte. "Der Eintritt in die Währungsunion eröffnete vor allem für die strukturschwachen Staaten Südeuropas eine historische Chance", so der Ökonom Thomas Straubhaar.
Soll ein Staat überhaupt schuldenfrei sein?
Die Studie zieht jedoch einige Kritik auf sich. So würde zum einen die Realität stark vereinfacht, sagen kritische Stimmen. Außerdem verschulden sich Staaten nicht alleinig mit zehnjährigen Anleihen. Sie geben auch Titel mit Laufzeiten von einem, drei, fünf oder 30 Jahren aus. Das bedeutet wiederum, dass Schulden nicht auf einen Schlag, sondern in gewissen Abständen fällig werden. Somit habe für die Staaten eigentlich gar nicht wirklich die Möglichkeit bestanden, die verbesserten Konditionen zu nutzen, um auf einmal alle Schulden zu begleichen.Einer der wichtigsten Punkte sei jedoch, dass auch die nachfolgenden Generationen von den Investments der Staaten, mit welchen diese sich in einem ersten Schritt verschulden, profitieren. Im Umkehrschluss sollten auch diese Generationen an den Schulden Beteiligung finden.
Sind Staatsschulden Pflicht?
Des Weiteren stehen wirtschaftlich starke Länder wie Deutschland fast in der Pflicht, weitere Schulden aufzunehmen und damit Sparern eine sichere Geldanlage als Gläubiger zu bieten. So antwortete Finanzminister Wolfgang Schäuble in der Vergangenheit auf die Frage, wann Deutschland denn nun schuldenfrei sei, mit: "Hoffentlich nie!". Als Deutschland schuldenfrei war, sei dies nach Krieg und Diktatur im Jahre 1948 gewesen. Wichtig ist nur, dass die Staaten durch die Schulden nicht überfordert werden.
Redaktion Finanzen.net
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