WAHL 2025/Versprechen im Wahlkampf: Was wollen die Parteien?

21.01.25 09:34 Uhr

BERLIN (dpa-AFX) - Wirtschaft, Wohnen, Waffenlieferungen: Vor der Bundestagswahl am 23. Februar buhlen die Parteien mit Vorschlägen und Versprechen um die Wählerinnen und Wähler - in den Wahlprogrammen, aber auch in Auftritten und Interviews ihrer Spitzenkandidaten.

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Für die SPD setzt Kanzler Olaf Scholz auf "gute Löhne" und soziale Sicherheit. Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) will die Wirtschaft ankurbeln und dafür die Steuern drastisch senken. Auch die FDP mit Spitzenkandidat Christian Lindner konzentriert sich auf die Wirtschaft. Den Grünen um Vizekanzler Robert Habeck geht es um die sozialverträgliche Gestaltung des Klimaschutzes.

Die AfD um Kanzlerkandidatin Alice Weidel will - anders als alle anderen Parteien im Bundestag - einen Austritt aus dem Euro und dem Pariser Klimaabkommen. Die Linke mit dem Spitzenduo Jan van Aken und Heidi Reichinnek sieht niedrigere Mieten und Lebenshaltungskosten als Topthemen. BSW-Kanzlerkandidatin Sahra Wagenknecht verlangt ein Ende der Waffenhilfen für die Ukraine. Es gibt Schnittmengen, aber teils liegen die Positionen weit auseinander.

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Steuern, Schuldenbremse und Finanzierbarkeit

SPD: Entlastung von 95 Prozent der Steuerzahler über Anhebung des Grundfreibetrags, bis zu dem keine Steuer anfällt (noch nicht konkretisiert), und der Einkommensgrenze beim Spitzensteuersatz (93.000 Euro). Für die Gegenfinanzierung sollen die obersten ein Prozent der Einkommen stärker besteuert werden. Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 45 Prozent und des Reichensteuersatzes von 45 auf 47 Prozent. Niedrigere Mehrwertsteuer für Lebensmittel. Reform der Schuldenbremse.

CDU/CSU: Schrittweise Senkung des Einkommensteuertarifs. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent soll erst bei höheren Einkommen greifen. Komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Finanzierung durch Wirtschaftswachstum, die Schuldenbremse soll bleiben.

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Grüne: Höherer Grundfreibetrag, bis zu dem keine Einkommensteuer anfällt. Solidaritätszuschlag als Teil der Einkommensteuer. Menschen mit hohen Vermögen stärker zur Kasse bitten. Zur Finanzierung soll Schuldenbremse nicht bei Investitionen greifen. Einkünfte aus Kapitalerträgen etwa auf Aktien sollen auch der Finanzierung etwa der gesetzlichen Krankenversicherung dienen.

FDP: Der Steuer-Grundfreibetrag soll um mindestens 1.000 Euro erhöht werden. Den Spitzensteuersatz sollen nur noch wirkliche Spitzenverdiener bezahlen - nicht "jemand, der nach einem Tarifvertrag bezahlt wird". Die Unternehmenssteuern sollen von derzeit etwa 30 auf unter 25 Prozent gesenkt, der Solidarzuschlag abgeschafft und an der Schuldenbremse festgehalten werden.

AfD: Grundfreibetrag auf 15.000 Euro anheben, höherer Steuerfreibetrag auf Kapitaleinkünfte (Sparerpauschbetrag), Abschaffung von CO2-Abgabe, Grundsteuer und Erbschaftssteuer, Schuldenbremse einhalten. Finanzierung durch Ausgabensenkungen etwa in der Klima- und Asylpolitik, beim Bürgergeld und den EU-Beiträgen.

Linke: Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, Bus, Bahn und Hygieneartikel. Nach Berechnungen der Partei kostet dies allein 20 Milliarden Euro. Auf der anderen Seite erwartet die Linke Mehreinnahmen in dreistelliger Milliardenhöhe durch Steuererhöhungen. Sie will sowohl eine Vermögenssteuer als auch Vermögensabgabe und höhere Einkommensteuern ab 81.000 Euro brutto für Singles. Spitzen-Erbschaftsteuer von 60 Prozent ab drei Millionen Euro, zuzüglich Freibeträgen. Abschaffung der Schuldenbremse.

BSW: Das BSW verspricht Entlastungen für Einkommen bis zu 7.500 Euro brutto. Vorgesehen ist eine Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrags, die Nichtbesteuerung von Renten bis 2.000 Euro, eine höhere Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz. Für Sozialabgaben soll es einen Grundfreibetrag geben. Das BSW will eine Vermögenssteuer: ab 25 Millionen Euro mit einem Steuersatz von 1 Prozent, ab 100 Millionen Euro 2 Prozent, ab einer Milliarde Euro 3 Prozent.

Soziales und Mindestlohn

SPD: Mindestlohn von 15 Euro. Zeiten für Qualifizierung nicht mehr auf die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds anrechnen. Recht auf Weiterbildung und beruflichen Neustart in allen Lebensphasen.

CDU/CSU: Steuerfreie Überstundenzuschläge. Mehr Arbeitsanreize auch bei Sozialleistungen. "Bürgergeld" durch eine "Neue Grundsicherung" ersetzen, mit einem Schwerpunkt auf Job-Vermittlung: Wer nicht bereit zur Arbeit ist, soll sie gestrichen bekommen.

Grüne: Mindestlohn von 15 Euro. Tarifbindung und betriebliche Mitbestimmung ausbauen. Anreize zur Arbeit stärken, mehr Gelegenheiten zum Wiedereinstieg schaffen. Zugang für Selbstständige zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung erleichtern.

FDP: Bürgergeld "hin zu mehr Aktivierung" reformieren: erwerbsfähige Arbeitslose müssen Eigeninitiative nachweisen, schrittweise Reduzierung bei fehlender Initiative.

BSW: Mindestlohn von 15 Euro. Bessere Arbeitslosenversicherung und Grundsicherung statt Bürgergeld.

Linke: Mindestlohn von 15 Euro. Bürgergeld zu einer "sanktionsfreien Mindestsicherung" machen von 1.400 Euro monatlich für Alleinstehende inklusive Miete und Wohnkosten.

AfD: Bürgergeld "unattraktiver" machen. Anspruch für Ausländer erst nach zehn Jahren Beschäftigung und Bezug auf ein Jahr begrenzen, erwerbsfähige Empfänger nach sechs Monaten zu gemeinnütziger Arbeit heranziehen. Zum Mindestlohn im Wahlprogramm keine konkreten Aussagen, im Grundsatzprogramm tritt die AfD für eine Beibehaltung der Lohnuntergrenze ein.

Rente

SPD: Rentenniveau bei 48 Prozent erhalten. Rentenalter von 67 nicht antasten. Staatliche Förderung für private Altersvorsorge vor allem für die, die sich das sonst nicht leisten könnten.

CDU/CSU: Renteneintrittsalter von 67 beibehalten. Rente mit betrieblicher und privater Vorsorge ergänzen. "Frühstart-Rente" für alle Kinder (6 bis 18 Jahre), die vom Staat monatlich 10 Euro in ein Kapitalmarktdepot bekommen.

Grüne: Rentenniveau bei 48 Prozent erhalten. Zur Absicherung einen Bürgerfonds einführen: Mit Darlehen und Eigenmitteln des Bundes soll nachhaltig und klimaverträglich in europäische und deutsche Unternehmen investiert werden. Erträge dienen der Stärkung geringerer und mittlerer Renten. Rentenalter von 67 nicht antasten.

FDP: "Wirklich flexibler Renteneintritt", "individuelle Aktienrente" und "Altersvorsorgedepot für die private Altersvorsorge".

BSW: System wie in Österreich, in das alle Erwerbstätigen einzahlen. Höhere Renten, höhere Beitragssätze. Mindestrente von 1500 Euro nach 40 Versicherungsjahren.

Linke: Anhebung des Rentenniveaus von 48 auf 53 Prozent. Alle einzahlen lassen, also auch Beamte, Abgeordnete oder Minister. Rentenalter von 67 auf 65 Jahre senken. Höhere Beitragsbemessungsgrenze.

AfD: Mehr Renten-Einzahler durch weniger Verbeamtungen und Einbeziehung von Politikern in Rentenversicherung. Stärkere Anrechnung von Elternschaft bei Rente. Beitragssteigerungen durch Steuersenkungen ausgleichen. Anreize für freiwillige Verlängerung der Lebensarbeitszeit setzen, steuerliche Förderung von privater Vorsorge mit Aktien und ETFs.

Wirtschaft und Konjunktur

SPD: Deutschlandfonds mit 100 Milliarden Euro, aus dem Strom- und Wärmenetze, Ladesäulen und Wohnungen gefördert werden sollen. Bei Investitionen in Maschinen und Geräte Steuererstattung in Höhe von zehn Prozent der Anschaffungssumme ("Made in Germany"-Bonus).

CDU/CSU: "Leistung muss sich wieder lohnen." Flexiblere Arbeitsmarktregeln, und weniger Bürokratie sollen die Wirtschaft ankurbeln. Ziel von zwei Prozent Wachstum. Schrittweise Senkung von Unternehmenssteuern.

Grüne: Kreditfinanzierter Deutschlandfonds - etwa fürs Schienennetz, Kitas oder auch Innovationsanreize. Strompreise sollen sinken. Staatliche Förderung für Investitionen. Unterstützung beim klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft.

FDP: "Tiefgreifende und strukturelle Reformen" für eine "echte Wirtschaftswende". Senkung der Unternehmenssteuern unter 25 Prozent.

Linke: 20 Milliarden Euro im Jahr für gemeinnützigen Wohnraum. Geschätzt wird ein Investitionsbedarf von 600 Milliarden Euro binnen zehn Jahren in Infrastruktur, Wirtschaft und Gesellschaft. Dafür soll die Schuldenbremse abgeschafft werden.

BSW: Konjunktur durch niedrigere Energiepreise ankurbeln: Nach Wagenknechts Vorstellungen sollen der CO2-Preis abgeschafft, Subventionen für Erneuerbare gestrichen und mehr fossile Energie nach dem "Kriterium des niedrigsten Preises" importiert werden. Investitionen in Brücken, Straßen, Schienen, Schulen, Wohnungen und Netze von der Schuldenbremse ausnehmen.

AfD: Energiekosten für Wirtschaft senken, durch Wiederaufnahme von Gasimporten aus Russland und Wiedereinführung der Kernkraft. Unternehmenssteuern senken. Auflagen für Lieferketten, Verpackung und Unternehmensberichterstattung begrenzen oder abschaffen.

Migration

SPD: "Rasche wie konsequente Abschiebungen", bevorzugt aber freiwillige Rückkehr von Migrantinnen und Migranten ohne Bleiberecht. Keine Auslagerung von Asylverfahren in Staaten außerhalb der EU.

CDU/CSU: Umgehend faktischer Aufnahmestopp für unberechtigt einreisende Migranten. Wer aus einem EU- oder Schengen-Staat für einen Asylantrag einreist, soll an der Grenze abgewiesen werden. Härtere Linie bei Ausweisung ausländischer Straftäter.

Grüne: Fachkräfteeinwanderung erleichtern. Mehr finanzielle Unterstützung bei kommunaler Flüchtlingsaufnahme, etwa für Integrations- und Sprachkurse. Mehr Arbeitsmöglichkeiten für Geflüchtete. Förderung der zivilen Seenotrettung bis es eine EU-Seenotrettungsmission gibt. "Faire, verbindliche und solidarische Verteilung von Schutzsuchenden in Europa."

FDP: "Geordnete Migration" nach klaren Regeln.

AfD: "Remigration", Aufhebung des Schutzanspruchs etwa für Syrer. "Asylparadies Deutschland schließen", "Deutschland braucht eine umfassende Rückführungsoffensive".

BSW: Deutschland soll faktisch fast niemandem mehr Asyl gewähren: "Wer aus einem sicheren Drittstaat einreist, hat kein Recht auf Aufenthalt. Wer kein Recht auf Aufenthalt hat, hat keinen Anspruch auf ein Asylverfahren und auch keinen Anspruch auf soziale Leistungen."

Linke: Keine Beschränkungen beim Asyl. Uneingeschränkte Arbeitserlaubnis für Geflüchtete ab dem ersten Tag.

Ukraine/Russland

SPD: Waffenlieferungen an die Ukraine "mit Besonnenheit und Augenmaß" und "so lange wie nötig". Drei Milliarden zusätzlich für Waffenlieferungen noch in diesem Jahr nur über Aussetzung der Schuldenbremse. Keine Lieferung der von der Ukraine erbetenen Taurus-Marschflugkörper.

CDU/CSU: Kanzlerkandidat Merz befürwortet Taurus-Lieferung unter Bedingungen. Der Ukraine wird alle erforderliche Unterstützung versprochen. Deutschland, Frankreich, Polen und England sollen in Abstimmung mit den USA gemeinsam Sicherheitsgarantien für die Ukraine entwickeln.

Grüne: Ökonomischen Druck auf Russland weiter erhöhen. Unterstützung von Mitgliedschaft der Ukraine in EU und Nato. Grüne hatten in Ampel-Regierung immer wieder auf mehr Waffenlieferungen an Ukraine gedrungen.

FDP: Befürwortet Taurus-Lieferung. Ukraine soll sich gegen Abschussbasen und Nachschublinien auf russischer Seite mit weitreichenden Waffen verteidigen können.

BSW: Ende der militärischen Unterstützung für die Ukraine. Waffenstillstand ohne Vorbedingungen und Friedensverhandlungen. Ende der Wirtschaftssanktionen gegen Russland, Rückkehr zu Gasimporten von dort.

Linke: Für eine "diplomatische Initiative" statt immer mehr Waffenlieferungen an die Ukraine. Für gezielte Sanktionen, die nicht Russlands Bevölkerung treffen.

AfD: Keine Waffenlieferungen, "Wiederherstellung des ungestörten Handels mit Russland" durch Ende der Wirtschaftssanktionen und Reparatur der Nord-Stream-Gasleitungen.

Bundeswehr und Verteidigung

SPD: Lehnt Rückkehr zur Wehrpflicht ab, will aber einen "neuen, flexiblen Wehrdienst", ohne Details zu nennen. Dauerhaft mindestens 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung.

CDU/CSU: Für ein Modell einer "aufwachsenden Wehrpflicht". Mindestens 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung.

Grüne: Freiwilligen Wehrdienst und Reserve-Dienst attraktiver machen. Deutlich mehr als 2 Prozent für Verteidigung und Sicherheit, Habeck will etwa 3,5.

FDP: "Bundeswehr zur stärksten konventionellen Streitkraft in Europa" ausbauen.

AfD: Wehrpflicht wieder einsetzen und langfristig eine Alternative zur Nato entwickeln.

BSW: Keine Wehrpflicht. Keine höheren Militärausgaben. Bundeswehr nur für Landesverteidigung. Keine Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland. Statt Nato ein "defensiv ausgerichtetes Verteidigungsbündnis".

Linke: Keine Wehrpflicht. Bundeswehr nur für Landesverteidigung, Verbot von Rüstungsexporten. Keine Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland. Die Nato durch "eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur für Europa" ersetzen./mfi/DP/jha