Vorgaben nicht erfüllt

Deutsche Post-Aktie unter Druck: Bei Deutscher Post aktuell 140 "unbesetzte Pflichtstandorte" - Verdi kündigt Streiks an

19.01.23 17:55 Uhr

Deutsche Post-Aktie unter Druck: Bei Deutscher Post aktuell 140 "unbesetzte Pflichtstandorte" - Verdi kündigt Streiks an | finanzen.net

Die Post hat zu wenige Postfilialen auf dem Land.

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Wie die Bundesnetzagentur auf dpa-Anfrage mitteilte, gebe es nach ihrer Kenntnis derzeit circa 140 "unbesetzte Pflichtstandorte" in Deutschland. Einer Verordnung zufolge muss es in jeder Gemeinde mit mehr als 2000 Einwohnern mindestens eine Filiale geben. Ab 4000 Einwohnern darf eine Filiale in zusammenhängend bebauten Wohngebieten nicht weiter entfernt sein als zwei Kilometer. Solche Vorgaben erfüllt die Deutsche Post an besagten 140 Pflichtstandorten nicht.

In den meisten Fällen geht es hierbei um den ländlichen Raum. Im Verhältnis zu den rund 13 000 stationären Einrichtungen, die die Post bundesweit betreibt, ist der Anteil der unbesetzten Standorte gering.

Mit Postfiliale gemeint sind vor allem externe Dienstleister, die zusätzlich zu ihrem Stammgeschäft noch einen Post-Schalter haben und Briefmarken verkaufen oder Pakete entgegennehmen - etwa Supermärkte und Kioske. Zudem gibt es noch etwa 800 Finanzcenter der Postbank, die Postdienstleistungen anbieten. Größere Filialen, die dem Bonner Konzern selbst gehören, gibt es nur noch zwei: Eine ist im Deutschen Bundestag und die andere in der Bonner Firmenzentrale.

Die Bundesnetzagentur wacht als Aufsichtsbehörde darüber, ob die Post die Vorschriften einhält. Mit Blick auf die unbesetzten Standorte sagt ein Behördensprecher: "Wir stehen dazu mit der Deutschen Post AG in einem regelmäßigen Austausch." Er weist darauf hin, dass viele dieser Standorte "im Rahmen der üblichen und erwartbaren Fluktuation nur vorübergehend unbesetzt" seien.

Ein Post-Sprecher betont, dass man etwa 99 Prozent aller Pflichtstandorte mit Filialen abdecke. "An den wenigen Standorten, an denen dies nicht der Fall ist, gibt es oftmals gar keinen Einzelhandel mehr, also auch keine Geschäfte, die in unserem Auftrag Postuniversaldienstleistungen anbieten könnten." In solchen Fällen bemühe sich die Post, eine stationäre Einrichtung mit eigenem Personal anzubieten, "obwohl die Kunden-Frequentierung solcher Filialen sehr gering ist", sagt der Sprecher. Solche Standorte sind werktäglich geöffnet, haben aber reduzierte Öffnungszeiten.

Neben den Filialen hat die Post in Deutschland nach eigenen Angaben noch circa 10 500 Paketshops, 2000 Briefmarken-Verkaufspunkte und 11 000 Packstationen, letztere sind Automaten für die Annahme und Abgabe von Paketen. Für die Erfüllung der Verordnungspflicht spielen diese Orte aber keine Rolle. Sie sind - je nach Wünschen der Kunden - zwar eine Alternative zu Postfilialen. Allerdings sind solche Alternativen vorwiegend im städtischen Bereich zu finden - wenn also in einem Dorf die einzige Postfiliale zumacht, sind andere Post-Einrichtungen nicht allzu oft vor Ort zu finden.

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Hansjörg Durz äußert Kritik an dem Bonner Konzern. "Dass in Deutschland Postfilialen im unteren dreistelligen Bereich fehlen, zeigt, wie sehr die Postinfrastruktur in Deutschland auf Kante genäht ist", sagt er und betont, dass die Post mögliche Filialschließungen von Geschäftspartnern einkalkulieren müsse. "Neben den steigenden Beschwerdezahlen ist dies ein weiterer Beleg dafür, dass die Vorgaben des Universaldienstes nicht eingehalten werden." Dadurch werde deutlich, "wie notwendig eine zeitnahe Überarbeitung des Postgesetzes ist", sagt der Christsoziale.

Die Ampelkoalition will das veraltete Postgesetz novellieren. Es wurde zuletzt 1999 grundlegend überarbeitet, also in einer Zeit, als Briefe viel wichtiger waren als im heutigen Internetzeitalter. Hierzu will das Bundeswirtschaftsministerium bald Eckpunkte vorlegen, wie aus einer Antwort des Ministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Unionsfraktion hervorgeht. Danach will das Ministerium im Laufe des Jahres eine erste Fassung des Gesetzentwurfs erstellen.

Die Post ist seit einiger Zeit wegen Problemen bei den Zustellungen in der Kritik: Die Personaldecke war im vergangenen Jahr mancherorts so dünn, dass Briefe arg verspätet oder gar nicht ankamen. Die Zahl der Beschwerden von Verbrauchern bei der Bundesnetzagentur hat sich 2022 im Vergleich zu 2021 in etwa verdreifacht. Um den Druck auf die Post zu erhöhen, fordert die Regulierungsbehörde eine Sanktionsmöglichkeit gegen die Post, also Buß- oder Zwangsgelder. Dies könnte in der Postgesetz-Novelle geregelt werden.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Reinhard Houben ist für so eine Sanktionsmöglichkeit. Aus seiner Sicht sind die nun bekanntgewordenen Defizite im Filialnetz ein weiterer Beleg, dass der Bonner Konzern seinen Pflichten als Universaldienstleister nicht nachkommt. "Die Post verpflichtet sich zu bestimmten Dingen, hält sich dann aber immer wieder nicht daran", moniert der Liberale. "Das führt zu einem Vertrauensverlust in der Bevölkerung - man fühlt sich hinter die Fichte geführt."

Verdi kündigt bundesweite Streiks bei der Post an

Im Tarifstreit bei der Deutschen Post hat die Gewerkschaft Verdi zu bundesweiten Streiks aufgerufen. Die Beschäftigten in allen Brief- und Paketzentren seien ab Donnerstag um 17.00 Uhr sowie am Freitag ganztägig zum Streik aufgerufen, teilte Verdi mit. "In den folgenden Tagen werden weitere Streiks folgen."

In der zweiten Verhandlungsrunde für die rund 160 000 Tarifbeschäftigten hatte es in Köln keine Fortschritte gegeben. "Die Arbeitgeber haben sich sehr deutlich geäußert, dass sie nicht bereit sind, den Reallohnverlust und die Inflation auszugleichen", sagte Verdi-Verhandlungsführerin Andrea Kocsis. Verdi halte die Forderungen jedoch für "notwendig, gerecht und machbar".

Die Gewerkschaft verlangt 15 Prozent mehr Geld bei einer Vertragslaufzeit von einem Jahr. Der überwiegende Teil der Verdi-Mitglieder bei der Post habe ein niedriges Einkommen und könne Reallohnverluste nicht verkraften, betonte Kocsis. "Dass die Arbeitgeber den Ausgleich von Reallohnverlusten verweigern, ist angesichts der Milliardengewinne des Konzerns eine Provokation. Darauf werden die Beschäftigten in den Betrieben nun eine klare Antwort geben und ihren Forderungen mit Streiks Nachdruck verleihen."

Die Deutsche Post DHL ist hochprofitabel. Der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit liegt allerdings im Ausland.

Am Donnerstag sank die Aktie der Deutschen Post auf XETRA letztlich um 3,43 Prozent auf 39,33 Euro.

/wdw/DP/zb

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