Vermögensverwalter-Kolumne

Was haben Fußball und die Börse gemeinsam?

31.07.23 11:54 Uhr

Was haben Fußball und die Börse gemeinsam? | finanzen.net

"Das Geheimnis des Fußballs ist ja der Ball", sagte einmal Uwe Seeler. Genauso ist es! Der Fußball ist keine exakte Wissenschaft. Spielergebnisse lassen sich nur schlecht vorhersagen, da Fußball ein relativ unberechenbarer Sport ist.

Es gibt viele Faktoren, die das Endergeb-nis eines Spiels beeinflussen können. Dazu gehören die Teamstärke und die individuelle Leistungsfähigkeit der Spieler sowie die aktuelle Form der Mannschaft und die Verlet-zungssituation. Weitere wichtige Aspekte sind die Taktik, die Qualität und Entscheidungen des Trainers sowie äußere Einflüsse wie das Wetter.

So wie im Fußball ist es auch an der Börse. Aktienkurse werden kurzfristig ebenfalls von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Langfristig bestimmen die Gewinnentwicklung der Unternehmen, das Zinsniveau für sichere Anlagealternativen sowie das gesamtwirtschaftliche Umfeld und die Liquidität an den Märkten die Kurse. Kurzfristig lässt sich das trotz aller Bemühungen jedoch nur schwer vorhersagen.

Konzentration auf die Mega Caps

Derzeit beobachten wir an den Märkten eine straffe Geldpolitik, steigende Zinsen, eine hartnäckige Kerninflation und eine wirtschaftliche Abschwächung mit rezessiven Ten-denzen. Das ist kein gutes Umfeld für Aktien, insbesondere wenn die Anleihen als Anla-gealternative wieder deutlich attraktiver werden. Und trotzdem steigen die Aktien ge-messen an den großen Indices weiter. Genauer gesagt - es sind nur wenige hochkapitali-sierte Technologieaktien, die in diesem Jahr überdurchschnittlich gestiegen sind. Der Hype um die Künstliche Intelligenz (KI) führt zu einer enormen Konzentration an den Märkten. Im S&P 500 haben die Unternehmen Apple, Microsoft, Alphabet, Amazon, Meta, Nvidia und Tesla ein Gewicht von mehr als 25 Prozent. Ohne diese Titel wäre der S&P 500 in diesem Jahr lediglich leicht im Plus.

Dieser Trend der Konzentration auf die Mega Caps zu setzen, ist ein oft zu beobachten-des Herdenverhalten und widerspricht dem Grundsatz der Risikostreuung. Die Bewer-tung spielt offensichtlich keine Rolle und eine Überrendite im Depot lässt sich offen-sichtlich nur erzielen, wenn ich als Anleger eine noch höhere Konzentration auf diese Aktien vornehme. Auf lange Sicht braucht es jedoch eine gesunde, sinnvolle Diversifika-tion, um langfristig erfolgreich zu agieren. Dazu gehören auch die Aktien in den Schwel-lenländern und die Small und Midcaps. Zugegeben - wenn wir wirtschaftlich vor einer Rezession stehen, sind Aktien nicht übermäßig attraktiv. Das Kurspotenzial ist über-schaubar und eine defensivere Positionierung ist sicherlich angebracht. Aber es kommt der Zeitpunkt, wo die scheinbar unattraktiven Anlageklassen wieder in den Blickpunkt rücken.

"Neugewichten bedeutet, das zu kaufen, was jeder andere verkauft"

Robert Wallace, der CEO des Stiftungsvermögens der Stanford University, der langfristig Renditen von 14 Prozent jährlich erzielt, hat auf einer Tagung bei Lupus Alpha vor zwei Jahren konsequentes Rebalancing als einen seiner wesentlichen Erfolgsfaktoren be-nannt. Damit ist gemeint, die Gewinne bei den Outperformern zu realisieren und mit dem freigewordenen Kapital die Nachzügler aufzustocken, bis die ursprünglich festge-legte strategische Vermögensverteilung wiederhergestellt ist. Somit ist Rebalancing ein

Verzicht auf das Markttiming, der Versuch durch geschickte Käufe und Verkäufe besser als der Markt abzuschneiden. Wir Menschen haben in uns ein Verlangen, uns zu verglei-chen und besser als andere zu sein. Leider funktioniert das am Aktienmarkt nicht dauerhaft. Es lohnt sich nicht auf die Gewinner der Vergangenheit zu setzen. Immer wieder zeigt sich, dass die zukünftigen Gewinner nicht die Sieger von gestern sind. So schwer es uns fällt: wir müssen uns von diesem Denken lösen und unsere langfristigen Ziele im Blick behalten.

Die richtige Vermögensaufteilung finden und bewahren!

Im internationalen Fußball werden derzeit die Kader neu zusammengestellt. Spieler werden gekauft und andere abgegeben. Jeder versucht, durch geschickte Transaktionen seine Positionen zu verbessern und zu optimieren. Spielerbeobachter und Sportchefs bemühen sich mit all ihren Möglichkeiten, das Beste für ihren Verein rauszuholen. Und dennoch: trotz aller Bemühungen gelingt es nur wenigen, sich langfristig stark zu verbessern. In der Bundesliga sind insbesondere der SC Freiburg und Union Berlin ein sehr gutes Beispiel dafür, wie sich mit wenig Geld, ein erfolgreiches Team zusammenstellen lässt.

So ist es auch in der Vermögensverwaltung. Einigen gelingt es, mit der richtigen Prognose und Markteinschätzung für eine gewisse Zeit überdurchschnittlich erfolgreich zu sein. Auf lange Sicht werden jedoch diejenigen mit einem konsequent systematischen Ansatz besser und entspannter fahren. Sie werden in den Ranglisten meist nicht ganz oben stehen, aber zumindest oft im oberen Bereich. Damit erreichen sie auf lange Sicht herausragende Ergebnisse. Das Hamsterrad von ständiger Portfoliooptimierung führt nicht dauerhaft zum Erfolg - im Gegenteil! Robert Wallace, der fünf Jahre im Team von David Swensen und Dean Takahashi an der Yale Universität gearbeitet hat, hebt immer wieder die Bedeutung der strategischen Vermögensaufteilung hervor. "Die Aufgabe ist es, dem eigenen Rendite-Risiko-Profil treu zu bleiben. Das ist extrem schwer, denn es bedeutet nichts anderes, als dass wir das kaufen, was jeder andere verkauft." (Robert Wallace)

von Wolfgang Juds, Geschäftsführer der Credo Vermögensmanagement in Nürnberg

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