Von Märkten und Meinungen
Eigentlich müsste es immer leichter werden, an der Börse erfolgreich zu sein: immer mehr Situationen wurden durchlebt, immer besser wissen wir, wie die Märkte dann reagieren.
Wer aus der Geschichte lernt, gewinnt. Aber so funktioniert die Börse nicht - schon aus Prinzip nicht.
Warum sollte der Euro gegen den US-Dollar steigen, wenn es doch in den USA bessere Zinsen gibt? Hier wird eine eherne Gesetzmäßigkeit außer Kraft gesetzt, denn bislang floss das Geld immer dahin, wo es besser verzinst wurde - zumindest mittelfristig. Nun zahlt aber Europa weiterhin so gut wie nichts während die USA schon einige Male die Leitzinsen anhoben. Trotzdem fließen Milliarden lieber ins den niedrig verzinsten Euro als in den höher rentierenden Dollar.
Hier geht es um das Wesen der Börse: die Information. Schon immer glaubten Menschen die Zeichen der Zeit besser einzuschätzen als andere - und daraus Vorteil ziehen zu können. Informationsvorsprung war - und ist - bares Geld wert, die gleichen Tatsachen werden aber oft auch anders bewertet. So kommt ein Handel zustande, denn der eine möchte eine Ware loswerden, der andere ist immer noch bereit zu kaufen.
Ganz deutlich werden solche unterschiedlichen Einschätzungen bei Abstürzen an der Börse. Noch im starken Fall gibt es nicht nur Verkäufer, sondern auch Käufer. Während der Verkäufer die Aktie loswerden will, weil er mit einem weiteren Wertverfall rechnet, geht der Käufer von einer Stabilisierung oder einen bevorstehenden Anstieg aus - sonst würde er ja warten, bis sie noch billiger ist. Die gleichen Tatsachen anders interpretiert eben.
Im Falle des Euro liegt die unterschiedliche Bewertung in der Präsidentschaft: Zwar zahlen die USA höhere Zinsen, der Staat ist aber instabiler, durch Trump zwar aufgewühlt aber bis zur Handlungsunfähigkeit gelähmt. Und die höheren Zinsen rechtfertigen nicht die höheren Risiken - auch wenn die Ratingagenturen sich eine Herabstufung noch nicht trauen. Wer wüsste, was Trump vorhat, könnte natürlich gewinnen.
Informationsvorsprünge sind noch immer bares Geld wert. Sie zu nutzen ist durch Insiderregeln aber schwieriger geworden, wenn sie denn unbillig gewonnen wurden. Informationsvorsprünge durch Research sind noch immer möglich, dieses Research erfordert aber immer mehr Aufwand. Fundamentale Daten zu analysieren, Verbindungen und neue Gesetzmäßigkeiten zu entdecken, das ist eine für den Anlageerfolg entscheidende Aufgabe. Immer mehr wird sie von Rechnern übernommen, die die gewaltige Masse an Daten auch verarbeiten können.
Insofern kommen die Analysten auch immer wieder zu neuen Einschätzungen und legen die althergebrachten, vielleicht zu simpel gerechneten, ad acta. Bei der gegenwärtigen Entwicklung von Euro und Dollar allerdings ist die Fundamentalanalyse mehr oder weniger machtlos, wird überlagert von Stimmungen und Stimmen. Dazu kommt: wenn ein Präsident sich so gar nicht um das schert, was er gestern geredet hat, ist die Analyse der Vergangenheit macht- und sinnlos.
Viel eher müsste man wieder versuchen, in die Zukunft zu schauen. Traumdeuter und Seher wären gefragt. Da es sie zwar in hoher Zahl, aber nur in geringer prognostischer Kraft gibt, sollten Anleger lieber weiterhin auf fundamentale Daten setzen - in der Gewissheit, dass diese immerhin einen guten Anhaltspunkt geben für die weitere Entwicklung. Alle anderen können auf Trump-Deuter warten.
Von Uwe Zimmer, Geschäftsführer z-invest GmbH, Köln
Immer mehr Privatanleger in Deutschland vertrauen bei ihrer Geldanlage auf bankenunabhängige Vermögensverwalter. Frei von Produkt- und Verkaufsinteressen können sie ihre Mandanten bestmöglich beraten. Mehr Informationen finden Sie unter www.v-bank.com.
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.
Bildquellen: Lightspring / Shutterstock.com