Vive la France! Vive Europe!
Europa ist gerettet! Zumindest ist die leidige Diskussion über den Zerfall der EU endlich weg vom Tisch, seitdem sich die Franzosen pro Europa und Demokratie und Contra Fremdenfeindlichkeit und egoistische Abschottung entschieden haben.
Die europäische Union bekommt nochmals eine Chance bei den Menschen. Der neue französische Staatspräsident Macron will sich an die Spitze einer Reformbewegung stellen. Zugleich leitet er vielleicht auch eine neue Ära in der europäischen Politik ein, denn zunehmend treten die alten Garden ab und eine neue Generation Jungpolitiker drängt an die Macht (siehe unsere FDP hierzulande oder auch in Österreich).
Europa könnte endlich den Schwung bekommen, um den sich die Europäische Zentralbank mit ihrer expansiven Geldpolitik seit Jahren vergeblich müht. Auch international wird Europa mittlerweile wieder positiver wahrgenommen. So trommelt selbst das amerikanische Wirtschaftsmagazin "Barrons" für Europa: Europäische Aktien seien im Vergleich zur USA billig. Theoretisch eröffnet dies noch viel Kursspielraum nach oben, wenn amerikanische Investoren ihre Geldströme nun vermehrt auf Europa umlenken. Dies sollten Anleger auf alle Fälle im Hinterkopf behalten, auch wenn nach acht Jahren Aktienhausse viele Investoren geradezu nach einer größeren Korrektur lechzen.
Reif für eine Korrektur scheint da schon eher der amerikanische Aktienmarkt. Trigger könnte - wen wundert´s - mal wieder Trump sein, denn was da momentan im Weißen Haus passiert, klingt selbst für Nicht-Insider nach ziemlich chaotischen Zuständen. Ist es Dummheit oder einfach nur Inkompetenz!? Trump liebt das Hire & Fire, das ihn in seiner Castingshow "The Apprentice" berühmt gemacht hat. Nur wenn er mit seinen Mitarbeitern an wichtigen Schaltstellen weiter so ruppig umgeht, könnte er bald ziemlich einsam im Oval Office dastehen. Selbst engste Vertraute müssen mittlerweile dauerhafte Reputationsschäden befürchten. Dass die Öffentlichkeit nicht mehr zwischen Fake und Fakt unterscheiden kann, mag dass eine sein, aber auch die Regierungsvertreter scheinen sich im Halbwahrheiten-Dschungel nicht mehr zu Recht zu finden.
Die amerikanische Börse hat das Chaos als Anlass genommen, Trumps Ankündigungen bezüglich Infrastruktur- und Steuerprogramm zu hinterfragen. Die Phantasien und Hoffnungen aus Trump´s Versprechungen stecken in den Kursen immer noch drin, aber der Geduldsfaden der Börsianer wird dünner. Nach einer Kurs-Rallye von 15 Prozent im Blue-Chips-Index DOW JONES und 20 Prozent im Technologie-Index NASDAQ sitzen viele Anleger auf satten Gewinnen und nehmen nun ein paar Jetons vom Tisch. Ist die Trump-Rallye am Ende?
Sofern sich die Situation im Weißen Haus nicht weiter zuspitzt, wird sich die Börse womöglich wenig an den weiteren Untersuchungen gegen Trump oder an dem Versuch eines Amtsenthebungsverfahrens stören. Politische Börsen haben bekanntlich "kurze Beine". Kurzfristig ist eine Amtsenthebung ohnehin unrealistisch.
Meine Wette: Es wird nicht gelingen, über offizielle Wege Trump aus seinem Amt zu verjagen. Eher noch tritt er selbst zurück, einfach weil er irgendwann die Nase voll hat. Er hatte bereits schon mal angedeutet, er hätte gerne sein altes Leben zurück. Kommt es tatsächlich zum Rücktritt, werden wieder die anderen schuld sein, nicht er selbst. Das Vakuum, in das er die amerikanische Politik und Gesellschaft dann aber stürzt, könnte zum Schwarzen Loch für die Börse werden. Insofern ist es gar nicht so schlecht, uns weiter von Trumps Showeinlagen amüsieren zu lassen
von Dr. Marc-Oliver Lux von Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München
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