Vermögensverwalter-Kolumne

Vertrauen verspielt - wie Trumps Politik Amerika destabilisiert

17.04.25 10:08 Uhr

Vertrauen verspielt - wie Trumps Politik Amerika destabilisiert | finanzen.net

Die wechselseitige Erhöhung der Zölle zwischen den USA und China erinnert viele Zeitgenossen an ein klassisches Armdrücken, bei dem einer der beiden Kontrahenten schließlich aufgibt. Jüngere Menschen denken dabei eher an ein Kasperltheater. Im Gegensatz zum Armdrücken, bei dem es nur einen Verlierer gibt, würde ein länger andauernder Zollstreit auf beiden Seiten Verlierer hervorbringen.

Je länger der Streit andauert, desto schwieriger wird es zudem für die Kontrahenten, eine gesichtswahrende Lösung zu finden.

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Auch wenn beim Präsidenten derzeit kaum Bereitschaft zu einem Entgegenkommen gegenüber China erkennbar ist, dürfte er letztlich durch die Märkte dazu gezwungen werden. Der Rückgang der Aktienmärkte scheint ihm zwar wenig Respekt einzuflößen, doch ein weiterer Anstieg der Zinsen bringt ihn zunehmend in eine unkontrollierbare Lage. Den in der vergangenen Woche veröffentlichten Zahlen zur Entwicklung der Staatseinnahmen und -ausgaben (Monthly Treasury Statement) ist zu entnehmen, dass die Zinsausgaben bereits rund 50 Prozent der Einkommensteuereinnahmen ausmachen - ein Wert nahe historischer Rekorde. Dies verringert den Spielraum für andere Ausgaben, etwa im sozialen Bereich. Vor dem Hintergrund eines mit über sechs Prozent deutlich zu hohen Haushaltsdefizits verschlechtert sich auch die Schuldentragfähigkeit der USA, was sich negativ auf deren Kreditwürdigkeit auswirkt.

Trump hat mit seiner erratischen Zollpolitik und anderen Maßnahmen das Vertrauen der Märkte verspielt - ein Vertrauen, das über Jahrzehnte aufgebaut wurde und innerhalb weniger Wochen verloren ging. Selbst wenn er bei den Zöllen einlenkt, dürfte es schwierig sein, dieses Vertrauen wiederherzustellen. Als direkte Folge des Vertrauensverlusts - verbunden mit den Risiken für die Schuldentragfähigkeit - erleben wir aktuell einen Zinsanstieg. Die Amerikaner werden aufgrund des Zollstreits also nicht nur mit höherer Inflation, sondern auch mit steigenden Zinslasten konfrontiert - eine doppelte Belastung durch höhere Kreditkosten und zunehmende Schulden.

Sollten die amerikanischen Verbraucher deshalb ihr Ausgabeverhalten einschränken, wäre das eine schlechte Nachricht für die Weltwirtschaft. Deutschland könnte rückläufige Exporte in die USA - den größten Handelspartner - eventuell durch geplante höhere Ausgaben für Rüstung und Infrastruktur teilweise kompensieren. Dennoch wäre über Rückwirkungen auf andere Länder insgesamt ein spürbarer Einbruch beim Export zu erwarten. In den USA werden nicht nur die Verbraucher leiden, sondern auch die Unternehmen. Aufgrund der Sprunghaftigkeit der Trumpschen "Wirtschaftspolitik" werden Unternehmen sich mit Investitionen zurückhalten.

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Letztlich erwarten wir jedoch, dass sich der politische Wind in den USA bei einer Verschlechterung der Wirtschaftsdaten und einem weiteren Zinsanstieg rasch dreht - und Trump eine Einigung mit China sucht. Es bleibt spannend zu beobachten, wie er eine solche Einigung erreicht, ohne dabei selbst politischen Schaden zu erleiden oder gar aus dem Amt gedrängt zu werden.

Bei den täglich schnell wechselnden neuen Zahlen und Meldungen ist es im Moment nicht einfach, klare Empfehlungen für Geldanlagen zu geben. Wer aber bereit ist, gewisse Kursschwankungen auszuhalten, kann den Fokus auf Unternehmen legen, die langfristig gut aufgestellt sind - also mit einem starken Geschäftsmodell, soliden Finanzen und einem bekannten Namen.

Auch eine breite Streuung der Anlagen über verschiedene Länder und Regionen bleibt wichtig. Nach den Rücksetzern an den US-Technologiebörsen könnten sich bei einzelnen Tech-Unternehmen wieder gute Einstiegschancen ergeben.

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In Europa lohnen sich ein Blick auf Infrastrukturfirmen, etwa aus den Bereichen Energie, Verkehr oder Telekommunikation. Diese Unternehmen verfügen oft über stabile Einnahmen - und angesichts des hohen Modernisierungsbedarfs in vielen Ländern dürften sie auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gefragt bleiben.

von Jürgen Brückner, Portfoliomanager der FV Frankfurter Vermögen AG in Bad Homburg/Königstein

Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Ihren Meinungen und Online-Anlagestrategien finden Sie auf https://www.v-check.de/

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