Unverhofft kommt oft
Das Hoffen, auf ein Einsehen der Briten war vergebens. Wochenlang hielt uns das britische Referendum in Atem, jetzt wird der BREXIT wohl zum Unwort des Jahres.
Am Ende haben nicht rationale Gründe, sondern rein Emotionen gesiegt. Für die Börsianer war es ein Schock, denn so recht damit gerechnet hat niemand. Entsprechend heftig fiel die Reaktion an den Märkten aus und die Schwankung und Unsicherheit hält weiter noch an.
Im ersten Schock hatte der deutsche Aktienindex DAX über 1100 Punkte oder 11 Prozent verloren, stieg dann in den Folgetagen wieder 600 Punkte an und arbeitet zurzeit an einer noch wackligen Bodenbildung. Durch den BREXIT und die weltweiten Kursverluste wurde mal so eben die britische Jahreswirtschaftsleistung ausradiert. Bravo!
Die ökonomischen Folgen für Großbritannien, aber auch für die EU werden erst sehr viel später sichtbar werden. Horrorszenarien, das Land würde in einer Rezession versinken, der Handel würde zusammenbrechen und Firmen sowie Arbeitnehmer würden sofort massenweise ihre Koffer packen und auf den Kontinent abwandern, waren natürlich auch vor dem BREXIT schon übertrieben.
Es wird eher ein schleichender Prozess sein, der einige Teile der britischen Wirtschaft (zum Beispiel Banken und Automobilindustrie) stärker treffen wird als andere. Inwieweit sich Frankfurt, Paris oder auch Luxemburg Hoffnung machen können, London als wichtigsten Finanzplatz abzulösen, wird keine Frage von heute oder morgen sein. Doch schon jetzt hat die Europäische Zentralbank signalisiert, EU-Institutionen aus London abzuziehen.
Auch die Börsenfusion zwischen Frankfurter und Londoner Börse mit einem Hauptsitz in der britischen Hauptstadt ist nun wohl vom Tisch. Andere Unternehmen werden in der nächsten Zeit erst einmal sondieren, welches neue Umfeld die nun notwendigen politischen Verhandlungen zwischen EU und UK für ihr Geschäft bringen werden, bevor sie sich positionieren. Insgesamt wird dieser Prozess sicher mindestens zwei Jahre dauern. Gesamtwirtschaftlich wird der Handel zwischen Großbritannien und Kontinentaleuropa nicht zum Stillstand kommen.
Ein klein wenig Resthoffnung bleibt, dass alles nur Schall und Rauch ist, denn so ganz sicher und glücklich sind die Briten mit dem Ergebnis des Referendums nämlich auch nicht. Nicht das Volk entscheidet letztlich, sondern Regierung und Parlament. Die aber sind verfassungsrechtlich nicht an das Votum des Volkes gebunden.
Bezeichnenderweise haben sich gerade die größten Populisten pro BREXIT aus dem Staub gemacht. Da gerade die jüngere Bevölkerung im Hinblick auf Studien- und Arbeitsmöglichkeiten sowie Reisefreiheit für einen Verbleib in der EU gestimmt hat, könnte ja argumentiert werden, man wolle dem Land nicht seine eigene Zukunft verbauen.
Für uns Kontinentaleuropäer bietet sich jetzt zumindest ein günstiger und noch unkomplizierter Urlaub auf der Insel an, denn das Pfund hat gegenüber dem Euro wie erwartet 20 Prozent abgewertet.
Von Dr. Marc-Oliver Lux von Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München
Immer mehr Privatanleger in Deutschland vertrauen bei ihrer Geldanlage auf bankenunabhängige Vermögensverwalter. Frei von Produkt- und Verkaufsinteressen können sie ihre Mandanten bestmöglich beraten. Mehr Informationen finden Sie unter www.vermoegensprofis.de.
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.
Bildquellen: Marian Weyo / Shutterstock.com