Politische Börsen - wie lang sind denn die "Beine" wirklich?
Eine seit vielen Jahren existierende Börsenweisheit besagt, dass politische Börsen kurze Beine hätten. Im Allgemeinen wird diese Weisheit so interpretiert, dass heftige Kursausschläge nach oben und vor allem nach unten, die aufgrund politischer Ereignisse eintreten, nicht von langer Dauer sein sollen.
Am 24. Februar 2022 hat der Krieg in der Ukraine begonnen. Dieses "politische" Ereignis hat nicht weit von uns unfassbares Leid für die Menschen ausgelöst, der Krieg dauert immer noch an und ein Ende ist nicht in Sicht. Losgelöst von der humanitären Katastrophe hat der Kriegsbeginn die Aktienmärkte auf Talfahrt geschickt und im vergangenen Jahr war an den Aktienmärkten nur in wenigen Ausnahmefällen Geld zu verdienen. Auf den ersten Blick trifft also die beschriebene Börsenweisheit nicht zu, denn als "kurz" ist eine Talfahrt an den Aktienmärkten von über acht Monaten wohl nicht zu bezeichnen.
Kursverlust 2022 wegen des Kriegs in der Ukraine?
Ein ganz klares NEIN! Zu Beginn des Jahres war die Gemengelage für die Kapitalmärkte ohnehin anspruchsvoll. Aufgrund der Nachholeffekte in der Wirtschaft durch die lange Corona-Zeit stieg die Inflation bereits zum Ende des Jahres 2021 deutlich an und die Notenbanken haben erst sehr spät, vielleicht zu spät, reagiert, die Zinsen anzuheben. Parallel dazu haben sie begonnen, der Wirtschaft das in den Corona-Jahren massig zur Verfügung gestellte Zentralbankgeld zu entziehen. Diese beiden Faktoren lasteten bereits zum Jahresbeginn 2022 auf den Kapitalmärkten.
Darüber hinaus schlug das Virus in China unvermindert heftig zu und die ohnehin angespannten Lieferketten schlossen sich nicht, sondern die Störung verstärkte sich. In dieser Folge stiegen die Preise für Unmengen von Gütern und dieser Umstand streute eine ordentliche Portion Sand ins Getriebe der internationalen Arbeitsteilung. Die Preise und somit die Inflation stiegen weiter. Mit Beginn des Krieges herrschte sehr schnell Unklarheit, wie die Energieversorgung der einzelnen Staaten in allen Sektoren organisiert werden wird. Die Preise für Öl und Gas stiegen weiter und feuerten die Inflation erneut an. Die Notenbanken mussten nun endlich handeln und die Zinsen in einem seit langer Zeit nicht mehr dagewesenen Umfang anheben.
Börsen mögen keine Unsicherheiten
Aufgrund dieser Gemengelage unterschiedlichster, schwer einzuschätzender Faktoren war das Jahr 2022 kein gutes Börsenjahr. Jeder einzelne der beschriebenen Unsicherheitsfaktoren wiegt schon schwer, aber ein Zusammentreffen aller Faktoren war nicht vorherzusehen und deren Dauer auch nicht abzuschätzen. Diese Unsicherheiten veranlassten Investoren, Aktien zu verkaufen und Gelder aus Europa abzuziehen.
Wie geht es weiter?
Die Inflation in den USA und in Europa ist immer noch sehr hoch und wir sollten uns für die kommenden Monate immer noch auf hohe Preissteigerungen einstellen. Die Öl- und Gaspreise sind deutlich gefallen. Bedauerlicherweise wird das an uns Endverbraucher nur sehr langsam weitergereicht. Die avisierte Rezession scheint nicht so schlimm zu werden wie befürchtet, so dass erste mutige Prognosen sogar von Zinssenkungen ausgehen. Dies wäre Treibstoff für eine weitere positive Kursbewegung bei Aktien. Die
Auftragsbücher vieler Unternehmen sind prall gefüllt und mit den sich nun endlich schließenden Lieferketten sollte sich die wirtschaftliche Entwicklung stabilisieren. Die europäischen Aktien sind fulminant in das Jahr 2023 gestartet. Es hängt viel von der weiteren Notenbankpolitik in Verbindung mit der wirtschaftlichen Entwicklung und der Inflation ab, ob es so weitergehen wird.
Und die Auswirkungen des Krieges?
Eine weitere Eskalation des Krieges und eine Teilnahme weiterer Länder würde die Unsicherheiten wieder erhöhen und die Kurse an den Kapitalmärkten würden erneut fallen. Bei einem Ende des Krieges ist mit Aufwind für die Aktienmärkte zu rechnen. Aber der Einfluss des Krieges auf die Aktienmärkte ist beileibe nicht so groß, wie es auf den ersten Eindruck scheinen mag. Neben all diesen wirtschaftlichen Faktoren sind unsere Gedanken bei den Menschen, die direkt von den kriegerischen Handlungen betroffen sind. Ihnen gilt unser Mitgefühl. Für den vorausschauenden Investor gilt es, eine Vielzahl von Szenarien zu durchdenken und darauf vorbereitet zu sein.
Also: Butter bei die Fische!
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