Vermögensverwalter-Kolumne

Neue Indexwelt

30.07.18 07:21 Uhr

Neue Indexwelt | finanzen.net

30 Jahre nach Einführung des Deutschen Aktienindex DAX ordnet die Deutsche Börse die Dax Familie, bestehend aus DAX, MDAX, SDAX und TECDax Ende September neu.

Für den Dax und die kleineren Geschwister MDax und SDax galten bisher die primären Aufnahmekriterien Marktkapitalisierung (gemessen am Streubesitz) und Börsenumsatz. Bei den im TecDax aufgeführten Unternehmen muss es sich zusätzlich um ein Technologieunternehmen handeln, für dessen Definition die Schwerpunkte der Geschäftstätigkeit in den Bereichen Forschung und Entwicklung liegen sollten. Mehrheitlich finden sich daher im TecDax Unternehmen aus den Bereichen Telekommunikation, Internet oder Erneuerbare Energien.

Galt bisher der Grundsatz, dass ein Unternehmen nur in einem Index gelistet sein darf, nähert sich die Deutsche Börse ab September den amerikanischen Gepflogenheiten, wo Unternehmen gleichzeitig in mehreren Indizes gelistet sein können. Die Deutsche Telekom zum Beispiel, wäre als Internet- und Telekommunikationsunternehmen, eigentlich eher dem TecDax zuzuordnen. Auf Grund der hohen Marktkapitalisierung ist sie jedoch eines der Schwergewichte im DAX und einzig in diesem Index vertreten.

US-Technologieschwergewichte wie Apple, Amazon, Alphabeth, Facebook und Microsoft sind zunächst im Index Nasdaq Composite gelistet, der den Schwerpunkt auf den Technologiesektor legt. Apple und Microsoft findet man aber ebenso im Dow Jones Index wieder, der ähnlich dem deutschen Pendant die dreißig wertvollsten börsennotierten Unternehmen der USA beinhaltet, sowie in dem wohl wichtigsten amerikanischen Börsenbarometer, dem S&P 500, der die fünfhundert größten Unternehmen der USA abbildet. Hier gesellen sich dann auch Facebook, Amazon und Alphabeth wieder dazu.

Nach Umsetzung der neuen Regularien wird es ähnliche Konstellationen in der Deutschen Indexwelt geben. Aller Voraussicht werden dann neben der vorgenannten Deutschen Telekom, ebenso die Aktien der DAX-Unternehmen SAP und Infineon sowohl im DAX, als auch im TecDax gelistet sein.

Im Gegenzug werden einzelne Unternehmen aus dem TecDax gleichzeitig im M- oder SDAX aufgeführt und gehandelt werden. Einhergehend damit ist eine Erhöhung der Titelanzahl bei M-Dax von 50 auf 60 und bei S-Dax von 50 auf 70 vorgesehen. Nur bei Flaggschiff Dax bleibt, was die Anzahl der Titel angeht alles beim Alten.

Die Frage ist, welche Vor- oder Nachteile diese Neustrukturierung für Anleger hat. Hier muss man nach Anlegertyp unterscheiden. Wer bevorzugt in aktive Mischfonds investiert, den wird die neue Regelung nicht berühren, da die Fondsmanager eher selten einen gesamten Index kaufen, sondern primär einzelne Titel, die sie für aussichtsreich halten, in ihr Portfolio aufnehmen.

Für Liebhaber von ETF’s, also den passiven, sich an Indizes orientierenden Fonds gibt es allerdings deutliche Auswirkungen. Der TecDax wird durch die voraussichtliche Aufnahme der Dax Werte Deutsche Telekom, SAP und Infineon mit Sicherheit weniger schwankungsanfällig, könnte aber durch diese Schwergewichte an Dynamik verlieren. Anleger, die den M- oder SDAX favorisiert haben, müssen mit einer höheren Beimischung von Technologieaktien rechnen und hinterfragen, ob das noch zu ihrer gewählten Anlagestrategie passt.

Seit Juli berechnet die Deutsche Börse für M-, S- und TecDAX sogenannte Schattenindizes. Ein Blick hierauf lohnt sich: Anleger, die einen bestimmten Index favorisiert haben, können hier bereist Einflüsse der geplanten Umschichtungen erkennen. Neuaufnahmen von Aktien in einen Index sorgen unweigerlich dafür, dass professionelle oder internationale Investoren, die in ihrer Allokation bestimmte Bereiche abdecken wollen, diese Titel in ihre Portfolien zukaufen werden. Nicht zu vergessen die passiven ETF Produkte, die einen Index eins zu eins abzubilden und damit verpflichtet sind, diese neuen Kandidaten am Markt zu erwerben.

Das Gegenteil gilt selbstredend für die Titel, die einen Index verlassen müssen und dann von den genannten Investoren emotionslos verkauft werden. Beides hat in der Regel erhebliche Einflüsse auf die Kursentwicklung auf dieser Aktien.

von Ralph Rickassel, PMP Vermögensmanagement in Düsseldorf, eine Niederlassung der Donner & Reuschel Lux S.A.

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